Kapitel 73

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Einige Tage vergingen, in denen sich Alistair weiterhin um mich kümmerte. Auch wenn er sich arrogant mir gegenüber verhielt, machte er keine Anstalten, mich umzubringen. Diese neue Seite an ihm verwunderte mich sehr. Immer wieder musste ich daran denken, welche Gefühle ich gespürt hatte, als ich in dieser Nacht bei ihm war. Das konnte doch kein Zufall sein! Ich sollte glücklich sein, dass er mich so gut versorgte, aber ich konnte und wollte diesem neuen Alistair noch nicht vertrauen. 

Das war aber nicht das Einzige, was mich beschäftigte.... Immer wieder glitten meine Gedanken zu Moon, Jason und Ryan. Ich hatte mit Alistair noch kein Wort über meine Freunde gewechselt. Seit ich erwacht war hatten wir außer dem kurzen Gespräch am Anfang nur noch Kleinigkeiten ausgetauscht. Vorsichtig richtete ich mich auf und ging zum Eingang der Höhle, in welche Alistair mich gebracht hatte. Seit Stunden stand er nun schon dort und starrte nach draußen. Vielleicht befürchtete er, dass seine Brüder auf der Suche nach uns waren. Das war meiner Meinung nach sogar sehr wahrscheinlich.... Die Prinzen hatten ihre Augen überall!

Schweigend blieb ich kurz hinter ihn stehen und ließ meinen Blick schweifen. Wir befanden uns wieder im Wald, doch über den Bäumen konnte man das Gebirge sehen.... Ich musste wirklich schwer gestürzt sein. „Nun frag schon!", erklang plötzlich Alistairs raue Stimme. Erschrocken zuckte ich zusammen, da ich nicht erwartet hatte, dass er mich bemerkt hatte. „Man riecht deine Nervosität bis hier her...", sagte er mit dem Rücken zu mir, als hätte er meine Gedanken gehört.

„Das stimmt überhaupt nicht!",murmelte ich empört... Überrascht musste ich feststellen, wie er leicht zuschmunzeln begann, was aber sehr schnell wieder verschwand. „Machst du deinenMund auch noch auf?", fragte er spöttisch, als er bemerkte, wie ich ihn von derSeite beobachtete. Wie auf Kommando wurden meine Wangen um einige Nuancendunkler... Beschämt versuchte ich, das irgendwie zu verbergen. Als Alistair dasbemerkte, fingen seine Augen an eigenartig zu funkeln. „Du musst deine rotenWangen nicht verstecken.... Damit schaust du irgendwie... nun ja... süß aus.", sagteer mit fast schon sanftem Unterton. Entsetzt starrte ich ihmgeradewegs in seine Augen, welche mich interessiert musterten. Ich konnteeinfach nicht glauben, dass er mich gerade als süß bezeichnet hatte! Auch erschien, langsam zu realisieren, was er da von sich gegeben hatte. Verärgertüber sich selbst verzog er das Gesicht. „Vergiss sofort was ich gesagt habe!", sagteer nun kalt.  

„Wie hast du mich gefunden?", fragte ich, da ich so schnell wie möglich gehen wollte. Doch zuerst wollte ich meine Antworten haben, davon hielt mich auch sein plötzlicher Stimmungsumschwung nicht ab. „Ich war euch seit mehreren Tagen auf der Spur. Eigentlich war ich die meiste Zeit keine hundert Meter von euch entfernt. Als ihr die erste Nacht auf dem Gebirge verbracht habt, haben meine Brüder mir einen Besuch abgestattet... Danach wollte ich zu euch, da ich dachte, dass sie wussten, wo ihr euch befindet. Jedenfalls wart ihr schon weitergezogen, als ich dort ankam. Natürlich habe ich versucht, irgendeine Fährte zu finden, doch auf dem steinigen Boden war das so gut wie unmöglich. Letztendlich hat mich dann ein lauter Schrei auf euch beziehungsweise dich aufmerksam gemacht... Ich war den Weg unterhalb des Gebirges entlang gegangen, als ich dich halbtot auf dem Boden vorfand...", erzählte er mir.... 

Er machte eine kurze Pause... Es wirkte so, als ob er überlegt, was er als nächstes sagen sollte. Wollte er mir etwas verheimlichen? „Ich habe dich also bis hier her getragen und so gut verarztet, wie es mir möglich war... Den Rest kennst du selbst.", endete er schlussendlich. „Wieso hast du das für mich getan?", wollte ich verwirrt wissen. Immerhin war er derjenige, der mich eigentlich tot sehen wollte. Jedenfalls hatte ich das geglaubt!

Er schien, nach Worten zu suchen.... Nach langer Zeit dachte ich schon, dass er mir nicht mehr antworten würde, doch plötzlich wandte er wieder das Wort an mich. „Ich weiß es nicht wirklich... Es hat sich einfach richtig angefühlt.", antwortete er mir.... Er war anscheinend von seinen Worten genauso überrascht wie ich, denn er musterte mich mit einem verwunderten Blick... Es war fast schon so, als würde er die Antwort in meinem Gesicht suchen...

Wie verzaubert war ich von seinen Augen.... Sie hatten etwas so Einnehmendes an sich. Als ich merkte, wie ich ihn anstarrte, riss ich mich von ihm los. Beschämt blickte ich zu Boden, als wären plötzlich irgendwelche Tiere hinausgekrochen... Nach einer Weile des Schweigens räusperte ich mich. Ich hätte fast vergessen, ihn wegen Jason, Ryan und Moon zu fragen. Vielleicht wusste er ja etwas über sie! „Weißt du etwas über meine Gefährten?", fragte ich ihn zögernd. Zuerst schien er über den Themawechsel sehr überrascht, doch er fing auch sofort an nachzudenken. „Nicht das ich wüsste... Wenn du möchtest können wir sie suchen gehen. Jedenfalls habe ich niemanden in der Nähe sehen können, als ich dich fand...", erzählte er mir. „Das wäre sehr nett!", meinte ich ehrlich. Die Anderen machten sich bestimmt furchtbare Sorgen, falls sie nicht sowieso dachten, dass ich tot war. Hoffentlich würden wir sie finden!

Legende des Phönix - Wiedergeboren (Bd. 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt