* Harte Diagnose *

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Meine Blicke schwankten weiter durch den Raum. Ich hasste Krankenhäuser und am liebsten hätte ich mir alle Schläuche rausgerissen und wäre davon gerannt. Doch irgendwie schaffte ich es, mich zusammen zu reißen.
Ich bewegte meine Finger und versuchte meine Hand über Lukas Kopf zu streicheln. Es fiel mir extrem schwer, die Hand fühlte sich an, als würde sie mit einem Gewicht nach unten gezogen werden. Ich war schwach, also hätte es mit dem davon rennen auch nicht geklappt.
Irgendwie schaffte ich es doch, zumindest mit einem Finger durch Lukas Haare zu streichen, wodurch er sehr schnell wach wurde.
"Was mache ich hier?", flüsterte ich ihm zu, denn auch das laut sprechen war nicht die leichteste Aufgabe für mich.
Er rutschte seinen Stuhl enger zu meinem Bett, Strich mir über den Kopf und küsste mich auf die Stirn.
"Ganz ruhig Zuckerschnute, ich bin ja da...", sagte er mit sanfter Stimme, grinste mich beruhigend an und redete weiter: "Du bist zusammengebrochen, hast wenig geatmet und warst nicht mehr ansprechbar. Die Ärzte wissen noch nicht was du hast, aber Hauptsache du bist wieder anwesend..."
Ich und zusammengebrochen? So etwas hätte ich mir nie vorstellen können, dafür war ich doch in letzter Zeit immer zu taff und fit. Hatte es doch alles mit den verschommenen Blick und den Kopfschmerzen zu tun? Vielleicht hätte ich doch etwas Lukas anvertrauen müssen.
Ich hoffte nur auf einen kleinen Kreislaufzusammenbruch, doch es sollte ganz anders kommen.
Innerlich machte ich mir doch Vorwürfe, Lukas nix von meinen Weh Wechen erzählt zu haben und ich brach in Tränen aus.
"Hey, ist doch alles gut... Bald rennst du wieder durch den Garten, wie ein junges Reh...", versuchte mich Lukas wieder witzig aufzubauen, doch ich ärgerte mich immer mehr über mich selber, sodass ein Arzt mir ein Beruhigungsmittel verabreichen musste.

Es war tatsächlich noch nicht final geklärt, was zu meinem Zusammenbruch führte und eine Reihe an Untersuchungen stand auf dem Plan. Lukas oder Tom waren immer bei mir. Alleine musste ich nicht durch diese Krankenhauszeit und dafür bin ich auch sehr dankbar.
Es vergingen Tage und bei keiner Untersuchung kam was bei raus. Als letztes stand ein MRT an und das sollte Klarheit bringen, die ich nicht wollte.
Ich fühlte mich wieder relativ fit und hatte nur noch eins im Kopf - nach Hause! Doch die Ärzte ließen mich nicht gehen und Lukas überzeugte mich täglich davon, mich nicht selbst zu entlassen, solange es keine klare Diagnose geben würde.

Am Tag des MRT hoffte ich so sehr darauf, dass es meine letzte Behandlung bzw. Untersuchung sein würde, doch schon einige Stunden danach stand fest, dass es etwas schlimmes ist.
Das Ergebnis riss mir die Füße unter dem Boden weg.
Der Arzt betrat mein Zimmer und schon die ernste Miene ließ nix Gutes verheißen.
"Frau Schmitke, ich habe leider keine guten Nachrichten für Sie...", schon alleine dieser Satz des Arztes ließ eine erste Träne über meine Wangen fließen, gefolgt von vielen weiteren.
"Wir haben leider einen Hirntumor bei Ihnen festgestellt und konnten noch nicht genau diagnostizieren, ob er gut oder bösartig ist. Dieser drückt auf ihre Nerven und dadurch haben sie Sehprobleme und Kopfschmerzen."

Ich brach innerlich zusammen und auch Lukas wurde bleich im Gesicht. Aus mir brachen die Tränen aus und Lukas war selber so parallisiert, dass er nicht die Kraft hatte mir Trost zu spenden. Dies übernahm der Arzt und streichelte mir kurz über die Wange.
Womit hatte ich das verdient? War ich so ein schlechter Mensch, dass mir fast nur schlechtes passierte? Endlich war alles gut, ich hatte einen tollen Mann an der Seite und einen Hammer Hund, wir hatten endlich unser Glück im Grünen gefunden und nun so etwas...

Ich durfte noch am selben Tag das Krankenhaus verlassen und hatte viele Termine für irgendwelche Tests in der Tasche.
Lukas war bei weitem nicht mehr fahrtauglich, sodass Tom unser Chauffeur wurde. Auch Tom stand unter Schock, aber er war die Positivität schlechthin. Er denkt ja auch bis heute noch, dass alles wieder gut wird. Doch davon bin ich weit entfernt und es wird nicht besser. Im Gegenteil, ich entferne mich immer weiter von einem gesunden Leben.
Doch bis heute ist noch einiges passiert...

Als wir in Brandenburg angekommen waren, entfernte sich Lukas ziemlich schnell von mir und Tom, der mir immer wieder einredete, dass alles gut werden würde. Doch da ich im Gegenzug zu ihm, ein negativer Mensch war, glaubte ich nicht daran. Allerdings konnte ich auch nicht mehr weinen, wie schon so oft in meinem Leben war ich tränenleer und nix klappte mehr. Aber vielleicht hatte er auch Recht und alles würde gut enden. Doch ich hatte eine festgefahrene Meinung dazu. Ich malte immer alles schlimmer, als es eventuell werden könnte, sodass ich mich freuen könnte, wenn es doch nicht allzu schlimm werden würde. Ich hoffe ihr versteht das, was ich da niedergeschrieben habe.

Lukas hingegen war im Garten und hockte im nassen Gras unter unserem Apfelbaum. Er weinte mittlerweile selbst bitterlich und schlug vor Wut ständig in den Rasen. Es gab selten solche Ausbrüche von ihm, aber wenn, dann richtig und er ließ sich auch nicht bereden von anderen, da war er eigentlich fast so gestrickt wie ich, denn auch er wollte mit seinen Sorgen und Ängsten alleine sein und mit sich selbst im klaren werden.

Es brach eine neue harte Zeit für uns beide an und schon zwei Tage später sollten wir Gewissheit haben, was nun in mir vorging.

Dann stand er einfach so da... (Alligatoah Fan-Fiction)Where stories live. Discover now