* Neon *

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Im ersten Moment fühlte ich mich hilflos, klein und allein und genau letzteres wollte ich eigentlich auch sein. Ich krümmte mich zusammen, indem ich meinen Kopf auf die Knie legte und so nun auf dem Sessel saß und am liebsten verschwinden wollte.
Die ganze Zeit über hatte ich mir eingeredet, dass Lukas' Karriere mir nicht gut tun würde und nun tickte ich wieder so und er tat mir leid.
Es war ganz komisch, was in mir vorging. Am liebsten hätte ich ihn nach Hause geschickt und ich hätte mein langweiliges, deprimierndes Leben von damals wieder gelebt, doch keine Angst, dazu kam es nicht.
Er tat in diesem Moment das, was ich wahrscheinlich nicht gekonnt hätte. Er kam wortlos zu mir, hockte sich auf den Boden, vor dem Sessel und tröstete mich, obwohl er garnicht wusste, was in mir vorging.
Wie gesagt, ob ich das gekonnt hätte ist fraglich. Wirklich mein größten Respekt an ihn. Denn wäre jemand kurz davor, mich aus seinen Leben zu streichen, wäre ich nicht in der Lage dazu, diesen jemand zu trösten. Wieder kam die Gewissheit, dass er doch sein Herz an der richtigen Stelle hatte und ich wahrscheinlich alles falsch interpretiert hatte mit der Blondine, oder war er nur ein guter Pokerspieler?
Fakt war, er würde mich nun nicht alleine lassen, vor er nicht erfahren würde, warum ich nun so bin, wie ich bin.
Es forderte mir schon viel Mut an, ihm das alles zu erzählen, ja vielleicht sogar mehr, als damals, wo ich ihm meine Vergangenheit erzählte.
Denn genau da ist der Punkt. An der Vergangenheit kann man nix ändern, diese Worte würden nie jemanden verletzen, schon garnicht, wenn es nicht um die Person geht, die vor einem sitzt. Aber Worte zu finden, die nicht merkwürdig und verletzend rüber kommen, die sich um die Aktuelle Situation drehen, fiel mir nicht gerade leicht.
Würde ich ihn abschrecken, mir der Wahrheit? Sollte ich nicht lieber alles für mich behalten? Ich war mir extrem unsicher und blieb erst einmal einmal in meiner Stellung eine ganze Weile sitzen, während mir Lukas tröstend über den Arm streichelte. Ich will auch garnicht abstreiten, dass es mir nicht gefiel.
Während ich also in mich hinein weinte, und mir Gedanken machte, was ich ihm erzählen würde, wurde ich ihn meiner Denker Phase gestört.
Urplötzlich ging das große Deckenlicht an und der Strom floss wieder. Scheinbar hatte ich, während ich mit Lukas telefonierte, einmal zu viel auf den Lichtschalter gedrückt und es sprang sofort an.
Iriitiert von der Helligkeit blickte ich auf und meine Tränen wandelten sich sofort um in Lachtränen.
Der Anblick, der sich mir bot, war für Götter. Ich musste scheinbar ganz tief in Toms Schrank gewühlt haben, denn die Klamotten, die Lukas trug, hatte ich bei meinem Bruder noch nie gesehen. Selbst beim Wände streichen, hätte er soetwas mit Sicherheit nicht angezogen.
Das neon orangene Hemd mit den großen roten und grünen Blüten, noch schlimmer als die Hemden von Paul Panzer, tat mir richtig in den Augen weh. Lukas war ein Vewandlungskünstler, keine Frage, aber selbst das war zu heftig. Dazu eine blaue Jogginghose, die auch schon bessere Tage gesehen hatte. Es war grausam, was der Kleiderschrank von meinem Bruder so her gab. Ich konnte mir es nur so erklären, dass es Tom auf einer Faschingsfeier tragen wollte. Doch Berlin und Fasching? Das passt genauso gut zusammen wie Feuer und Wasser.
Ich lachte vor mich hin und auch Lukas musste grinsen, obwohl er eigentlich ernst bleiben wollte.
"Hast du ein Problem mit meinem neuen Style ala' Lilly?", fragte er Furz trocken und es brachte mich noch mehr zum lachen. Immer noch hockte er vor mir und als ich dabei war, mich zu beruhigen, versuchte er die Situation, meines kleinen Hochs, auszunutzen und wollte noch einmal wissen, was mit mir los sei und wieso ich seine Nummer löschen wollte. Ich wusste, dass ich nun in die Ecke gedrängt wurde und das Antworten folgen müssten.
Ich atmete schwer durch, wie so oft, dann nahm ich Lukas Hände in meine und fing an zu reden:
"Ich weiß garnicht, wo ich anfangen soll... Es fällt mir nicht leicht..."
Mittlerweile saß er im Schneidersitz vor mir und immer noch mit seinen Händen in meinen.
Ich fuhr fort: "Mir ist das alles zu viel... Ich hab mich dir geöffnet, du weißt alles von mir, vielleicht liegt es auch daran, dass ich jetzt so super sensibel auf alles reagiere... Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich zum ersten Mal am Grab von Lisa und Jo war und mit ihnen geredet habe... Ich weiß es einfach nicht... Fakt ist allerdings, dass ich etwas für dich übrig habe. Vielleicht mehr als Freundschaft und ich kann mit den Gefühlen nicht umgehen."
Hatte ich das jetzt wirklich gesagt? Ich spürte wie meine Hände immer schwitziger wurden, doch Lukas Griff ließ es nicht zu, dass ich mich lösen konnte, auch wenn ich das gerne getan hätte.
Seine Augen wurden groß und starrten mich an. Was hatte ich nun zu erwarten? Die Worte konnte ich definitiv nicht rückgängig machen.
Dieses Schweigen machte mich fertig und ich musste die Ruhe durchbrechen, deswegen redete ich weiter, ohne groß darüber nachzudenken.
"Weißt du, ich wollte dich heute überraschen, ich bin in deinen Bezirk gefahren und du weißt, dass ich den nicht leiden kann. Diese Neonlichter und zwiespaltigen Personen waren nicht gerade angenehm für mich auf den Weg zu dir. Aber ich hab mich gezwungen und es geschafft. Dann stand ich auf dem Hof zum Hinterhaus und ich habe glücklich zu deiner Wohnung hinaufgeschaut, ich hab mir vorgestellt, dass du dich freuen würdest, mich zu sehen, doch dann kam alles anders als gedacht. Ich sah dann die blonde Frau, die dich innig umarmt hat und dann war es in meinem Kopf vorbei. Ich wollte nur noch nach Hause und bevor ich mich noch mehr in dich vergucke, wollte ich gerade deine Nummer löschen und dann standest du da draußen. Ich kriege dich einfach nicht los... "

Seine Mundwinkel zogen sich hinauf zu einem verschämten grinsen, bis es aus ihm hinaus brach und er laut lachen musste, gepaart mit einem dezenten Kopfschütteln.
Ich wusste garnicht was nun passierte und war komplett verwirrt...

Dann stand er einfach so da... (Alligatoah Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt