* Neue Aufgabe *

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Eine ganze Woche war Tom unterwegs und ich kam besser zurecht, als ich es mir erträumen lassen habe. Die Veränderung tat mir sichtlich gut und auch in meinem Kopf ging es immer weiter bergauf. Es war doch gut, Erinnerungen aus dem Raum zu entfernen, sodass ich nicht gleich morgens an alte Zeiten erinnert wurde.
Ich aß nun auch von mir aus, nicht mehr unter den Zwang meines Bruders, der aber auch nur das Beste für mich wollte.
So saß ich am Tisch und schaufelte Obst und Brot in mich hinein, als hätte ich wochenlang nichts zu essen bekommen. Vielleicht sollte sich das auf meine Figur aufschlagen, doch das war mir egal. Alles war so unglaublich lecker. Dass die Haustür ins Schloss fiel, bekam ich garnicht mit. Erst als Tom den Haustürschlüssel zu Boden fallen ließ und ungläubig im Türrahmen stand, bekam ich mit, dass ich endlich nicht mehr alleine war, sondern meine neu gewonnene Lebensfreude mit jemand teilen kann.
Doch warum ließ er den Schlüssel fallen? Mein Blick schwenkte zu ihn rüber und ein echtes grinsen machte sich auf meinen Lippen breit.
Auch er begann zu grinsen und schüttelte unglaubwürdig den Kopf.
"Was ist denn hier passiert?", fragte er, als er endlich wieder zu sich kam und sich nach seinem Schlüssel bückte.
Ich zuckte mit den Schultern und erklärte ihm, dass es genauso, wie es nun ist, gut ist, weil endlich alle Erinnerungen weg sind. Ich bin mir nicht sicher, ob er es wirklich so toll fand, wie er es zu mir sagte, aber dennoch spielte er es mir vor. Er wusste auch, dass, wenn er Kritik äußert, es mich wieder aus der Bahn werfen könnte. Ich glaube daher, dass er es sich verkniff.
Mich essen zu sehen und das ohne zwanghaftes einreden von ihm, bereitete ihm dann aber ehrliche Freude, denn das sah Tom schon lange nicht mehr.
Aber auch das ließ er unkommentiert, denn er kannte mich zu gut. Er wusste ganz genau, dass wenn er nun was sagen würde, dass ich alles nicht so machen würde, wie ich es gerade tat. Im Kopf war ich noch ein kleines Kind und kleine Kinder machen ja bekanntlich immer das Gegenteil von dem, was sie gesagt bekamen.

Als ich die letzten Melonenstücke in in mich hinein stopfte, setze er sich gegenüber von mir an den Tisch und ich kannte seine verschiedenen Blicke und dieser Blick sagte mir, dass er unbedingt etwas los werden wollte, aber nicht genau wusste, wie er es sagen sollte.
Ich legte meine Gabel auf den Teller, verschränkte die Arme, ja das weiß ich heute noch genauso gut, wie damals, und dann schaute ich ihn fragend an.
"Was los?", fragte ich ihn und er kaute auf seiner Unterlippe rum.
"Mensch, sag schon, ich hab so gute Laune, nur wenig kann mir die nehmen.", fügte ich hinzu.
Doch mit was er nun um die Ecke kam, verschlug mir doch glatt die Sprache, mit sowas hätte ich nie gerechnet. Ehrlich gesagt weiß ich auch heute nicht mehr, wie ich die Frage damals empfand. Anscheinend war ich plötzlich innerlich leer und wusste selber nicht so richtig, welche Antwortalternative die richtige war. Doch wie aus dem Nichts sprudelte einfach so ein "Ja.. Mach ich...", hinaus.
Jetzt kennt ihr ja schon die Antwort, aber allerdings die Frage noch nicht.
Auf jeden Fall, nachdem er seine Lippen schon leicht blutig gebissen hatte, weil er einfach mit der Sprache nicht rausrücken wollte, begann er doch zu reden: "Sag Mal... Ich bin doch jetzt das Mädchen für alles, für einen gewissen Alligatoah."
Ich wusste immer noch nicht, was das für ein Typ war. Vielleicht ja einer von denen, der es mit der Musik nach oben schaffen wollten, aber kaum Chancen haben würde. Doch das stand nun garnicht zur Debatte.
"Auf jeden Fall ist der ein ziemlich spezieller Typ... Er ist Rapper und will sich aber verkleiden, hat aber noch nicht die passende Schneiderin."
Ich weiß ganz genau, das ich meine Augen aufriss und schon wusste, auf was das hinaus laufen würde...
"Da du ja gerade Spaß daran hast, wollte ich dich fragen, ob du dir vielleicht mal seine Wünsche anhören könntest und das vielleicht umsetzt? Aber wirklich nur, wenn du willst..."
Meine Antwort darauf kennt ihr ja schon. Keine Ahnung, wieso ich sofort zugesagt hatte. Vielleicht lag es an meinem frisch gewonnenen Elan, den ich an diesem Tag gewonnen hatte oder einfach nur, weil ich Unterbewusst meinem Bruder beweisen wollte, dass es mit mir bergauf ging.
Er freute sich sehr und erklärte mir, dass ich dann auf die nächsten Konzerte mitkommen könnte und es übermorgen bereits weiter gehen würde.
Als ich spät abends und nach den ganzen Geschichten, die mein Bruder zu berichten hatte, endlich ins Bett kam, konnte ich einfach nicht einschlafen.
Ich starrte in die Dunkelheit und ab und zu kam ein Lichtstrahl ins Zimmer, den die vorbei fahrenden Autos verursachten.
Ich war durcheinander. Hatte ich wirklich zugesagt? Ging das dann doch alles nicht viel zu schnell? Sollte ich mich wirklich der Hektik hingeben? Ich stellte es mir jedenfalls stressig vor, denn so ein Künstler möchte sein Kostüm ja lieber gestern, als morgen. Wieso tat ich mir das an? Aber nun wieder absagen, das würde Tom mit Sicherheit auch nicht gefallen. Irgendwie würde ich die Zeit schon Rum bekommen. Zur Not würde ich mir ein ruhigen Platz suchen und mir meine Freiheit nehmen. Immerhin hätte er auch kein Kostüm, wenn ich nein gesagt hätte.
Mit wirren Gedanken fand ich im Endeffekt doch zu meinem verdienten Schlaf, den ich auch brauchte, denn seit langem stand mal Koffer packen an, am nächsten Tag. Wie lange hatte ich sowas nicht mehr getan.
Am nächsten Morgen kam doch so etwas wie Vorfreude auf, als ich den verstaubten Koffer vom Schrank holte. Etliche Klamotten landeten darin, auch wenn wir wohl nicht lange weg bleiben sollten, doch man wusste ja nie, mit was man sich unterwegs bekleckerte oder der gleichen.
"Na aufgeregt?", fragte Tom und schielte in mein Zimmer.
Da ich das nicht zeigen wollte, aus welchen Gründen auch immer, zuckte ich wie gewohnt mit den Schultern. Doch ich glaube, dass er sich schon denken konnte, was in mir vor sich geht.
Auch mein ganzes Nähzeug, was ich mir die letzten Wochen aneignete, Dank Online Shopping, wanderten in den Koffer.
Am nächsten Tag würde mein neues Leben beginnen, nahm ich mir ganz groß vor...

Dann stand er einfach so da... (Alligatoah Fan-Fiction)Where stories live. Discover now