* volle Blase *

129 5 2
                                    

Wir tranken also seelenruhig einen Cappuccino in der Küche und waren relativ leise, damit mein Bruder nicht aus seinem wohlverdienten Schlaf gerissen wurde. Schließlich war er jemand, der dann immer sehr muffelig war und den ganzen Tag halbwegs sauer, dass man ihn geweckt hat. Genau das wollte ich vermeiden.
Trotzdem ging nach einiger Zeit das Licht im Hausflur an und es konnte nur Tom sein.
Ich hielt meinen Finger vor den Mund, um Lukas zu signalisieren, dass er leise sein soll, doch trotzdem fielen wir auf, denn Tom hatte Durst und platzte in die Küche.
Er hatte noch die Augen zusammen gekniffen, da ihn das Licht blendete und im ersten Moment bemerkte er uns garnicht und ging zum Kühlschrank. Ich konnte mir ein lachen nicht verkneifen, da er so verstrahlt war, und dann sah er zu uns rüber.
"Was denn hier los?", fragte er dann und Lukas hatte sich meine Pose abgeguckt und zuckte mit den Schultern. Ich grinste wieder.
Dann erklärte ich meinen Bruder, dass wir nicht schlafen konnten und deswegen einen Ausflug machten und uns nun aufwärmen.
Entgeistert schaute Tom auf die Uhr, die mittlerweile schon um fünf anzeigte und schüttelte den Kopf. Er meinte nur etwas von: "Naja, ihr macht das schon!", hob die Hand, als eine Art Abschiedsgruß und verschwand wieder in seinem Zimmer.
Wir konnten nicht mehr vor lachen und krümmten uns am Küchentisch.
Ich fragte Lukas, ob er schon müde sei und er verneinte es, sodass ich ihm vorschlug, dass wir noch einen Film schauen könnten. Filme um die Uhrzeit - mein Totesurteil. Selbst wenn es unglaublich spannend wäre, würde ich innerhalb von zehn Minuten einschlafen, doch ich hoffte einfach, dass es diesesmal nicht so wäre.
Er stimmte zu und wir setzen uns ins Wohnzimmer.
Schnell war eine Komödie aus Tom's DVD Sammlung ausgesucht und im Player verschwunden.
Wie erwartet starrten wir beide noch amüsiert auf die Flimmerkiste, bis meine Augen dann doch schwer wurden.
Immer noch komplett überzeugt davon, dass ihr auch die nächsten 90 Minuten noch schaffen würde, hielt ich angespannt meine Augen offen, doch selbst den Kampf musste ich mich geschlagen geben und ich nickte irgendwann im Sitzen ein.
Doch auch Lukas ging es nicht anders, scheinbar, wie ich am nächsten Morgen bemerkte.
Irgendwie hatten wir uns in der Nacht unterbewusst so hingekrümelt, dass wir beide relativ gut lagen und ohne große Nacken, Rücken oder andere Schmerzen wach wurden.
Unser Sofa war U-förmig und von daher saß ich eh schon mit hochgelegten Beinen und bequem angelehnt vorm Fernseher, während Lukas eigentlich ganz normal auf der schmalen Seite, direkt neben mir saß. Mittlerweile aber nicht mehr, denn ich war leicht heruntergerutscht, damit mein Nacken sich dem Rückenpolster anschmiegen konnte und Lukas hatte sich einfach nur fallen lassen oder bewusst so hingelegt, ich weiß es nicht, dass er nun auf dem Rücken lag, mit dem Kopf auf meinen Oberschenkel. Leise grunste er vor sich hin, während ich so langsam wieder wach wurde. Zwar nur nach knapp vier Stunden Schlaf, aber immerhin. Es war jetzt schon der zweite Morgen in folge, den wir schlafend miteinander verbrachten. Irgendwie kurrios, fand ich zu diesem Zeitpunkt, während ich so langsam realisierte, dass ich einen Mann auf meinem Schoß schlafen habe.
Ein Unmensch war ich ja trotzdem nicht, auch wenn mir alles etwas komisch vorkam. Ich blieb so sitzen, zumindest, bis mir meine Blase einen Strich durch die Rechnung zog, und ließ ihn schlafen. Wenn es hoch kommt, ging das noch knapp 30 Minuten so, aber länger nicht. Dann musste ich es langsam schaffen, dass er aufsteht, ansonsten würde er wohl erstmal von einer anfangs warmen Flüssigkeit, aus dem Schlaf geholt werden.
Doch ehrlich gesagt wusste ich nicht so Recht, wie ich ihn aus dem Traumland holen sollte. Es waren immer noch Berührungsängste da, obwohl wir uns mittlerweile so gut kannten, für die kurze Zeit.
Außerdem lag er immerhin auf meinem Schoß, ich weiß nicht, woher ich da noch die Angst nahm.
Mittlerweile öffnete sich auch die Wohnzimmertür einen Spalt, schloss sich aber schnell wieder, als uns Tom so sah. Es muss ein komischer Anblick für ihn gewesen sein, doch das konnte man nun nicht mehr ändern. Er dachte sich sowieso immer seinen eigenen Teil, ob man das wollte oder nicht.
Sein Timing war der Hammer, schon damals kam er immer in den unmöglichsten Situationen in mein Zimmer. Er scheint echt nen Gefühl dafür zu haben.
Egal, Fakt war, Lukas war in seiner Tiefschlafphase, denn selbst mein leicht nervöses Zucken, durch meine volle Blase, weckte ihn nicht auf. Doch grob jemanden wecken, war nun auch nicht meine Art, sodass ich über meinen inneren Schatten sprang und vorsichtig über seine Stirn strich. Die ersten Berührungen, die von mir aus kamen, waren also nun an diesem Tag.
Auch das löste keine Veränderung der Situation aus, nein im Gegenteil, er schien sich noch mehr einzumurmeln und grinste sogar leicht. Ich verzog mein Gesicht, denn so langsam begann der Bauch zu schmerzen. Ich konnte nicht anders und versuchte zwar meine Taktik weiter, doch jetzt an seinem Haaransatz. Ich durchwuschelte seine Haare, erst sanft, dann gröber. Ich hatte mein Ziel erreicht. Er öffnete seine Augen und durch kleine verschlafene Schlitze schaute er mich an. Es dauerte einen Moment, bis er realisierte, wie er gerade da lag. Im Nachhinein durfte ich mir sogar noch anhören, dass wir die falschen Positionen hatten und es eigentlich normal gewesen wäre, wenn ich auf seinem Schoß aufgewacht wäre. Doch heute weiß ich, er zieht mich gerne mit solchen Kommentaren auf, weil er es wohl mag, wenn ich mich künstlich aufrege.
Nachdem er also alles realisierte, riss er plötzlich seine schönen Augen groß auf und war hellwach. Er sprang förmlich auf und faselte etwas, was ich aber in dem Moment nicht für voll nahm, da ich selber aufsprang, als ich befreit war, um mich schnell erleichtern zu gehen.
Es war eine Genugtuung auf der Toilette zu sitzen. Es gibt wirklich nix besseres als ein Klo, zur perfekten Zeit.
Als ich mit einem entspannten grinsen zurück kam, saß Lukas aufrecht auf dem Sofa und entschuldigte sich ein paar mal bei mir. Doch das brauchte er garnicht, vielleicht fand ja auch ich diese ungewöhnliche Pose am Morgen, oder besser gesagt Mittag schön.
Klar sprach er mich an, doch ich konnte, bzw. wollte mich nicht verlieben. Das war nie mein Ziel und ich redete mir immer das Gegenteil ein. Doch war es zu dem Zeitpunkt nicht schon längst passiert und ich ruderte immer gegen den Gefühlsstrom?
Bald schon wurden mir die Augen geöffnete und ich verstand, was mit mir los war...

Dann stand er einfach so da... (Alligatoah Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt