6 - Der Saal des Drachen

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Verlorene Hoffnung
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Kapitel 6

Sie waren alle da, alle, die sie damals an ebenjenem Ort kennengelernt hatte

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Sie waren alle da, alle, die sie damals an ebenjenem Ort kennengelernt hatte. Am besten war ihr die Frau in Erinnerung geblieben, die damals den brodelnden Kessel zu Devran herangetragen hatte. Geredet hatte sie noch nie mit ihr, aber von allen Drachenseelen schien sie ihr eine der Symphatischsten zu sein, nicht zuletzt weil der weiße Drache und Atlas gute Freunde gewesen waren. Die zweite Person, die sie kannte und die gerade auf sie zutrat, war Perilyx. Der Mann mit dem schlohweißen Haar war es gewesen, der damals auf sie zugekommen war, nachdem Atlas und sie Abschied genommen hatten, und ihr das Angebot gemacht hatte.

»Sei gegrüßt«, hieß er sie mit einem warmen Lächeln willkommen und blieb vor ihr stehen. Er ergriff ihre Hand und führte sie in die Mitte der riesigen Halle. Vin spürte den glatten Boden und erinnerte sich, dass dieser steinig und brüchig gewesen war, nun aber offensichtlich ausgebessert worden ist. Zum Vorschein waren goldene und silberne Linien gekommen, die nicht länger ins Nichts verliefen, sondern die Umrisse eines riesigen schlafenden Drachen zeichneten, der die gesamte Bodenfläche ausfüllte. Vin blieb letzten Endes auf einem geschlossenen Lid stehen und die Linien, die den Augapfel markierten, suggerierten, dass das Auge so breit war wie sie hoch. Von hier aus konnte sie die Halle beinahe komplett überblicken. Mehrere Drachenlängen von ihr entfernt standen die silbernen Throne und Vin fühlte sich, da sie so weit von ihnen und den Drachenseelen, die auf ihnen saßen, entfernt war, relativ sicher.

Die ehemalige Drachenreiterin fühlte sich nicht wie eine solche, als Perilyx das Wort erhob: »Brüder und Schwestern! Eine lange Zeit der Unsicherheit liegt hinter uns, eine Zeit, in der wir mit einer Reihe von Verlusten und Niederlagen zu kämpfen hatten. Der König sagte uns, es sei unsere Schuld allein, dass wir unsere Drachen, unsere Freunde, verloren haben. Er wollte uns weismachen, dass wir weniger wert seien, weil wir gemeinsame Sache mit den Drachen machten.« Ein zustimmendes Murmeln erklang und Vin glaubte, dass sich auch in ihrer Brust ein Feuer regte. Die Drachen waren Götter gewesen und niemand hatte sie verehrt. Sie hatten versucht, den Land Gutes zu bringen und dafür mit dem Leben bezahlt.

»Doch nicht wir waren es, die Fehler gemacht haben«, durchbrach die neben Vin stehende Drachenseele dann die andächtige Stille. »Nicht wir, sondern der König und das ganze Land haben etwas falsch gemacht. Sie waren zu blind, um zu erkennen, dass wir ihre Helden hätten sein können, zu schwach, um ihren Neid und Hass unter Kontrolle zu halten.«

Perilyx wandte sich wieder Vin zu. Sie sah die Augen des alten Mannes verräterisch glitzern und glaubte, dass auch ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie mochte mit den Drachenseelen keinen guten Start gehabt haben, doch sie verband das Schicksal der Drachen und dies ließ Vin keinesfalls unberührt.

»Heute ist unsere Drachenschwester zu uns zurückgekehrt, die letzte Drachenreiterin! Mit ihr können wir wieder aufbauen, was einst war. Dieser Ort kann wieder ein Ort für Drachengeborene werden, ein Ort zum Leben und zum Lernen«, sprach die Drachenseele dann und Vin blickte verwirrt zu Zara, die sie bisher nur im Vorbeigehen in der Ecke gesehen hatte. Hielten die Drachenseelen es wirklich für realistisch, alle Drachengeborenen aufzustöbern? Niemand wusste, wie viele noch lebten. Einige waren bestimmt noch zu jung, andere würden sich versteckt halten, aber die meisten waren nach dem Fall der Drachen getötet worden. Die Suche nach den Verbliebenen würde sich vermutlich als noch schwieriger herausstellen als das Finden der Dracheneier.

Der Fall des Drachen [2] - Verlorene HoffnungWhere stories live. Discover now