32 - Das Zeitproblem des Drachen

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Verlorene Hoffnung
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Kapitel 32

Vin und Kerys hielten kurz an, damit Kallias von Vins Schulter springen konnte und sich etwas die Beine vertreten konnte, die Flügel auf- und zuklappen konnte, als wollte er im nächsten Moment losfliegen und einen Klee mit so warmer Luft anhauchen...

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Vin und Kerys hielten kurz an, damit Kallias von Vins Schulter springen konnte und sich etwas die Beine vertreten konnte, die Flügel auf- und zuklappen konnte, als wollte er im nächsten Moment losfliegen und einen Klee mit so warmer Luft anhauchen, dass dieser danach den Kopf hängen ließ.

Immer wieder hatte Vin einen Blick hinter sich geworfen, bis etliche Zeit später nichts mehr von den Rauchsäulen zu sehen war. Jetzt versuchte sie sich darauf zu konzentrieren, was vor ihr lag. Irgendwo vor ihr lag das Meer. Sie konnte es schon riechen, das Salz in der Luft, das ihr sagte, dass sie nicht mehr lange brauchen würde, bis sie am Meer war. Dass sie nicht mehr viel Zeit gemeinsam mit Kerys hatte.

Vin ließ sich zu Boden sinken und holte ihren Rucksack hervor. Er hatte ein wenig gelitten. Man konnte ihn jetzt nur noch mit einem Träger tragen und eine der hinteren Taschen hing in Fetzen herab, aber der Rest des Rucksackes war weitestgehend unversehrt, so auch der Inhalt darin. Sie reichte Kerys einen Laib Brot und einen Apfel und nahm sich dann dasselbe. Es tat gut, zu essen, auch wenn sie keinen richtigen Hunger verspürt hatte, fühlte sie sich dennoch, als hätte sie tagelang nichts gegessen. Oder vielleicht hatte ihr auch das Feuer so viel Kraft geraubt, dass sie sich kaum wieder auffüllen ließ.

Sobald sie ihren Apfel aufgegessen hatte, stand sie wieder auf. »Wir müssen weiter.«

Sie wollte keine Zeit verlieren. Sie hatte schon genug Zeit damit verloren, sich mit den Drachenseelen herumzuschlagen.

Es dauerte ein wenig, bis Kallias zu ihr zurückgesprungen kam und sofort hob Vin ihn wieder auf ihre Schulter. sie wollte ihn nicht länger als unbedingt notwendig frei herumstreifen lassen, wenn eine riesige Bedrohung da draußen auf ihn lauern könnte. Sie war zwar in der Nähe, aber sie fühlte sich trotzdem besser, wenn sie seinen Atem an ihrem Ohr hörte und seine kleinen Klauen auf ihrer Schulter spürte.

Vin stapfte voran und bemerkte im Vorbeigehen die blühenden Wiesen zur ihren Seiten, Bäume, die langsam neue Triebe bildeten, Vögel, die fröhlich zwitscherten, doch sie hielt nicht an, um sie zu bewundern. Immer wieder erhob sich die Silhouette eines Dorfes in der Ferne, ehe sie hinter dem nächsten Hügel verschwand und Vin bemerkte, dass ihr dies vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft gefallen würde. Endlose Weiten, Dörfer nur einzeln verteilt, viel Freiraum, den sie nutzen konnte, um mit dem Jungdrachen über die Hügel um die Wette zu rennen oder um mit Atlas darüber hinwegzusegeln, ohne dass sich irgendwelche Gesichter gen Himmel wandten. Dieser Gedanke machte sie dann aber doch wieder traurig. Würde sie dies überhaupt jemals wieder mit Atlas tun können? Bisher waren sie nur zusammen geflogen, wenn es eine Gefahr gab, der sie sich stellen mussten oder wenn sie gemeinsam fliehen mussten. Doch was, wenn Atlas sich der Bedrohung stellen konnte? Was würde danach sein? Würde er überhaupt noch mit ihr fliegen?

Vin bemerkte, dass Kerys stehen geblieben war. Sie folgte seinem Blick. Dort, über die Ebene hinweg, glitzerte das Meer. Sie konnte sehen, wie sich die Sonne darin spiegelte. Doch dies war nicht das, was Kerys betrachtete. Dort, vor dem funkelnden Meer erhoben sich Türme in den Himmel, elfenbeinfarben, sodass sie, angestrahlt von der Sonne, fast golden schimmerten.

Der Fall des Drachen [2] - Verlorene HoffnungWhere stories live. Discover now