11 - Die Sicht des Drachen

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Verlorene Hoffnung
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Kapitel 11

Vin trat von einem Fuß auf den anderen, bemerkte dies dann aber und zwang sich, stillzuhalten

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Vin trat von einem Fuß auf den anderen, bemerkte dies dann aber und zwang sich, stillzuhalten.

Seit Jerdan den Turm verlassen hatte, war nicht ein Wort gesprochen worden. Vin und Callea standen gegenüber voneinander, jeweils auf der gegenüberliegenden Seite des Turmes. Dabei empfand Vin keine Angst, nicht einmal Vorsicht. Die Frau mit den langen Haaren war ihr eigentlich nicht ganz so unsympathisch vorgekommen wie die anderen Drachenseelen.

Und sobald Vin diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, trat Callea zwei Schritte nach vorne und klatschte in die Hände. »Dann lass' uns mal anfangen«, sagte sie und bedeutete Vin, dass sie sich hinsetzen sollte.

Das Mädchen erwiderte das zaghafte Lächeln der Drachenseele nicht und ließ sich zu Boden sinken, allerdings ohne ihr Gegenüber aus den Augen zu lassen.

»Schließ deine Augen«, ordnete Callea an, doch Vin behielt sie offen. Sie war nicht hier, um Befehle anzunehmen. Also nickte sie mit dem Kinn einmal auf den Boden vor sich und richtete ihren Blick dann wieder auf die Stehende.

Obgleich sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen, war Vin überrascht, als Callea sich tatsächlich zu Boden sinken ließ, ihr Gewand glattstrich und die Beine überschlug. Das war gut, dachte sie sich, sehr gut. Auch wenn ihr nichts ferner sein könnte, als eines Tages Sayras Erbe anzutreten, es tat gut, wenn die Drachenseelen trotzdem taten, was sie verlangte. Vielleicht war es jetzt nur eine Aufforderung zum Sitzen, doch wenn sie wieder und wieder kleine Befehle gab... Vielleicht würden sie eines Tages alles tun, was sie wünschte.

Vin fiel ein, dass sie ihre Augen hatte schließen sollte und tat dies dann schließlich auch. Sie vermutete, dass nun eine ähnliche Lektion kommen würde wie die, die sie bereits von Mirnen gelernt hatte und Callea ihr von dem pulsierenden Ball aus leuchtender Energie erzählen würde, den Ursprung ihrer Magie und wie sie sie nutzen konnte.

Dann jedoch wurde sie überrascht, weil Callea offensichtlich etwas anderes im Sinn hatte. »Ich möchte, dass du dir vorstellst, wie du fliegen würdest und langsam über eine Ebene gleiten. Du musst sie ganz genau vor dir sehen, also rate ich dir, einen Ort zu nehmen, den du gut kennst.«

Das klang in Vins Ohren nicht sonderlich schwer. Zuerst rasten Bilder von verschiedenen Orten an ihr vorbei, der Strand, wo sie zum ersten Mal das Meer gesehen hatte, das Tempelgebäude auf der Insel, wo sie die zerstörten Dracheneier gefunden hatte, dann jedoch änderte sich die Landschaft und sie fand sich über einen weitläufigen Acker schwebend wieder. Dort, neben dem Haus stand ein hohes Gewächshaus und Vin verspürte einen leisen Stich im Herzen. Ihr Zuhause war vielleicht nicht so weit von der Festung entfernt, doch es erschien ihr trotzdem wie ein Ding der Unmöglichkeit, im Augenblick dorthin zurückzukehren. Es war, als wäre sie für eine Weile an dieses Gemäuer hier gebunden.

Vin spürte, dass sie leicht lächelte bei dem Gedanken an ihre Heimat und offensichtlich deutete die Drachenseele dies als Zeichen des Erfolgs.

Sie fuhr mit ihrem Vortrag fort und Vin lauschte ihren Worten. »Von dort aus müsstest du über das Land schweben können. Du kennst die Landschaft vielleicht nicht überall... Dein Drache jedoch ist schon über jeden Winkel der Welt hinweggeflogen. Du musst lediglich auf die Verbindung zurückgreifen die ihr beide habt.«

Der Fall des Drachen [2] - Verlorene HoffnungWhere stories live. Discover now