12 - Der Zweifel des Drachen

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Verlorene Hoffnung
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Kapitel 12

Licht und Donner trafen in Vin aufeinander und vermengten sich zu einem gewaltigen Sonnensturm

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Licht und Donner trafen in Vin aufeinander und vermengten sich zu einem gewaltigen Sonnensturm.

Sie war wieder in der Wirklichkeit angekommen, im Schneidersitz auf dem Turm sitzend, und starrte auf ihre Hände. Ihre Hände, die sie nur hätte ausstrecken müssen und sie hätte ihn berühren können.

Atlas. Wieder und wieder ließ sie seinen Namen durch ihren Kopf sausen, ließ zu, dass das Echo sich in ihren Gedanken festsetzte. Atlas, Atlas. Sie hatte ihn wiedergesehen. Er war es eindeutig. Es bestand bei ihr nicht ein einziger Zweifel, dass er es gewesen war, der da auf dieser einsamen Insel in einem Felsenkessel gelegen hatte.

Atlas lebte. Der Drache mochte zwar meilenweit von ihr entfernt sein, doch jetzt, da sie sich diesen Gedanken hingab, merkte sie, wie erleichtert sie war, dass es ihm gutging. Immer und immer wieder hatte sie die Sorge um ihn an den äußersten Saum ihrer Gedanken verbannt, wollte nicht darüber nachdenken, dass der Drache womöglich gar nicht mehr lebte, wenn sie sich auf die Suche begab und ihn gefunden hätte.

»Es ist ganz normal, dass es beim ersten Mal noch keine Erfolge gibt. Für heute beende ich das Training«, sagte Callea und stand auf. Vin nickte nur, doch in Wirklichkeit hatte sie die Worte der Drachenseele kaum vernommen. Atlas, Atlas. Nichts anderes vermochte noch, ihre Gedanken zu füllen.

Mit einem Mal sprang sie auf und trat bis an den Rand der Plattform heran. »Atlas, wo bist du nur?«, sprach sie in den Wind, ehe sie die Arme um ihren Körper schlang, weil es so kalt geworden war.

Ihre Augen begannen, zu tränen und sie konnte nicht sagen, ob es wegen des beißenden Windes war oder weil sie überlegte, ob Atlas ihre Präsenz wahrgenommen hatte.

Was, wenn er sich nicht an sie erinnerte, nicht mehr wusste, wie sie sich anfühlte? Vin wusste noch nicht so recht, ob sie es ihm verübeln konnte. Der Drache war ihr nicht bekannt vorgekommen, nicht, bis sie ganz dicht an ihm dran war. Sie hatte ihn nur als Atlas identifizieren können, weil sie wusste, dass es sonst keinen derart großen, dunkelgrünen Drachen gab. Nicht in der Kombination und auch nicht so. Es gab keinen zweiten grünen Drachen und der zweite Drache, den es noch gab, der war so klein, dass Vin ihn auf den Arm nehmen konnte.

Ein breites Grinsen hatte sich auf ihrem Gesicht breitgemacht, eines, das der Wind nicht zu verwehen vermochte. Glückselig und mit einem Mal mit Hoffnung erfüllt stieg diese die Treppen des Turmes hinab. Ihre Schritte waren dabei nur wenige Zentimeter von der Luft neben ihr entfernt, so nah dran am möglichen freien Fall. Vin jedoch verspürte keine Angst. Sie fühlte sich, als könnte sie fliegen und sie hopste die Stufen herunter, als würde sie sich bei dem nächsten Sprung in die Lüfte erheben.

Sie hatte sich nicht immer gut mit Atlas verstanden, gerade am Anfang nicht, doch dann hatte Vin ihre Vorurteile gegen Drachen langsam abgelegt. Sie hatte begonnen, ihm zu vertrauen. Und dann, obwohl sie es erst jetzt, im Nachhinein, wo es eigentlich schon zu spät war, realisierte, war zwischen ihnen etwas Gewaltiges gewachsen. Eine Verbindung, Freundschaft. Die Gewissheit, dass sie zusammengehörten.

Der Fall des Drachen [2] - Verlorene HoffnungWhere stories live. Discover now