Magnus entgleiten die Fäden

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Magnus

Immer noch kalt und mit einer gewissen Härte im Gesicht sieht Alexander mich an. Dabei hält er den Umschlag hoch. Manchmal kann ich auch so ein Idiot sein. "Lass es mich erklären." Ich versuche einen Schritt auf ihn zu zugehen aber natürlich weicht er mir aus.

"Was gibt es da zu erklären, Magnus?" Seine Schultern sacken nach unten. Kraftlos sieht er auf das Ticket. Ich schließe meine Augen, weil der Anblick mich selbst so sehr verletzt. Das Wissen das ich dieses mal daran schuld bin, ist unerträglich. Noch unerträglicher als die Stille in dem Haus. Ich schlage erst meine Augenlider wieder hoch, als er vollkommen erschöpft haucht. "Warum hast du alles dafür getan um in mein Herz zu gelangen, wenn du nicht vorhattest zu bleiben?"

Ich öffne bereits meinen Mund um etwas zu sagen, schließe ihn allerdings dann wieder. Mir fehlen sämtliche Worte. Nichts schien dieser Situation gerecht zu werden. "Weißt du wie schwer dieses Gespräch heute mit Jem war? Ich hatte das schmerzhafte ziehen in der Brust den ganzen Tag. Ich habe dich angerufen aber du bist nicht heran gegangen."

In mir scheint alles zu versagen. Mein Herz wird immer langsamer und ich höre auf zu atmen. "Ich habe mir solche Sorgen gemacht das du bereits gegangen bist. Ich habe mein Leben in deine Hände gelegt." Die Tränen steigen wieder auf, lassen meine Sicht verschwimmen. "Und jetzt finde ich das? Warum Magnus? Warum?"

Mein Sprachzentrum scheint sich verabschiedet zu haben. Ich bringe keinen einzigen Ton heraus. Alec schnaubt leise. "Kannten wir uns bereits als du dir das Ticket gekauft hast? Hattest du vor wieder nach Los Angeles zurück zu gehen? Wolltest du dich vorher noch verabschieden oder mit mir darüber reden?" Ich sehe auf den Boden.

Alexander geht langsam auf mich zu. Ich spüre seine Körperwärme. Genau so wie die Kälte in seiner Haltung. "Schau mir in die Augen." Nur langsam hebe ich meinen Kopf und schaue in die Augen, die ich so sehr liebe. "Antworte mir."

Ich weiß das ihn meine Antwort nicht gefallen würde. Und ich weiß, das ich dieses Ticket gar nicht mehr besitzen sollte. Aber ich habe es irgendwie vergessen. "In deinem Zögern habe ich deine Antwort gefunden." Vollkommen verletzt sieht er mich an. "Wie dumm von mir zu glauben, das du anders sein könntest als alle anderen."

Seine Worte schmerzen, sind wie Messerstiche direkt in mein Herz. "Wahrscheinlich war dein 'ich liebe dich', die schönste Lüge." Als wäre ich Feuer an dem er sich verbrennen könnte, entfernt er sich einige Schritte von mir. Ich weiß nicht warum ich es nicht schaffe, alles richtig zu stellen.

"Tu mir einen Gefallen und flieg zurück. Mittlerweile komme ich damit klar, das Menschen gehen. Wie sagt man immer so schön, man geht an dem kaputt was man am meisten liebt." Alexander legt das Flugticket auf das Bett. Mir wird schlecht und ich habe das Gefühl an dem ungesagten zu ersticken.

Er geht an mir vorbei und noch bevor ich das typische klicken der Tür höre, platzt es aus mir heraus. Ich erwache aus meiner Starre. "Alexander warte." Ich drehe mich zu ihm um. Er steht mitten im Türrahmen. Dabei sehe ich nur seine Kehrseite. Sein Kopf dreht er nur leicht in meine Richtung. 'Du musst ihn festhalten.' schießen mir Ragnor's Worte durch den Kopf.

"Es stimmt." gebe ich zu. "Ich habe das Ticket gekauft als wir uns bereits kannten. Es... es war an dem Tag wo auch Ragnor mich besucht hat. Ich war den ganzen Tag über komplett überfordert." Tief atme ich durch. "An diesem Tag hatte ich nach über zwei Jahren wieder eine Panikattacke. Ich wusste gar nicht mehr wie ich damit umgehen sollte. Niemand wusste hier von meinem Problem. Cat und Helen habe ich nicht erreicht. Mein erster Instinkt war also wieder nach Los Angeles zu fliegen."

Mittlerweile hat Alexander sich wieder komplett zu mir herum gedreht. "Warum dann erst einen Flug für morgen?" fragt er etwas verwirrt. Ich sehe immer noch auf den Boden. "Im Internet stand das vorher keiner mehr frei ist. Zumindest nicht so einen Flug, den ich auch wollte. Ich habe nicht groß darüber nachgedacht. Ich brauchte nur etwas, was sicher ist."

Niemand wusste von dieser Panikattacke. Weder Ragnor noch meine zwei besten Freundinnen. Ich hatte mich so dafür geschämt. "Warum hast du das Ticket noch?" Eine berechtigte Frage, auf die ich ehrlich antworten würde. "Zum einen habe ich es total vergessen. Ich meine wir haben noch an diesen Abend miteinander geredet. Und dann hatte ich meistens nachts immer noch diese Zweifel. Zweifel an mir und meiner Persönlichkeit. Ich hatte trotz allem das Gefühl nicht genug zu sein." Ich legte alle Karten auf den Tisch. "Wenn dich schon als Kind niemand wirklich haben möchte und dir auch keine Liebe entgegen gebracht wird. Ja, wenn nicht mal deine eigenen Eltern es schaffen dich zu lieben. Wie soll es ein anderer tun? Irgendwie war mir klar das ich früher oder später ein Fehler machen würde. Oder das eventuell auch ein besserer kommt, der dich glücklicher machen kann als ich es je tun könnte."

Ich wusste nicht wie es jetzt weiter gehen würde. Aber ich sah deutlich die Barriere die Alec und ich jetzt zwischen uns hatten. Sie grinste mich förmlich an. Ich hasste mich selbst in diesem Augenblick. Mir entglitten die gewebten Fäden. Das Spinnrad legte eine Pause ein. Für wie lange, das wusste ich noch nicht.

"Es tut mir leid, Alexander. Ich weiß das ich mit dir darüber hätte reden sollen. Aber ich war so glücklich." Traurig und vollkommen entkräftet lächelt er. "Ja das war ich auch." Wir beide benutzten die Vergangenheitsform. Das alles kam viel zu spät und ich wusste das mir das jetzt jeder vorhalten würde. Am Ende ist man immer klüger.

"Wie geht es jetzt weiter?" frage ich vorsichtig und fühle mich gar nicht mehr berechtigt, irgendetwas in dieser Richtung zu fragen oder zu sagen. Hilflos zuckt Alec mit den Schultern. "Ich brauche Zeit. Ich muss über alles nachdenken. Es war in den letzten Stunden einfach zu viel. Ich bin nicht mal sauer, wütend oder traurig. Ich bin gerade einfach nur müde." Verständnisvoll nicke ich. "Nimm dir so viel Zeit die du brauchst." sage ich leise und eher für mich selbst. "Melde dich bitte nicht, Magnus. Ich möchte wirklich meine vollkommene Ruhe."

Damit dreht er sich erneut um. Aber ich habe ihm noch etwas zu sagen. "Alexander?" wieder stoppt er. "Ich liebe dich.. und ich bleibe." Kurz sieht er mir direkt in die Augen. Dabei sehe ich ein kurzes funkeln, welches fast sofort wieder verschwindet.

Als ich dann endgültig das klicken der Tür höre, lasse ich mich vollkommen fertig auf das Bett sinken. Dabei zerknülle ich voller Wut dieses Ticket und schmeiße es dann in die Ecke.

Falling in Love - Malec Storyحيث تعيش القصص. اكتشف الآن