Magnus macht das Gegenteil

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Magnus

Ich hatte diese Nacht kein Auge zu gemacht. Die ganze Zeit hatte ich am Fenster gesessen und den Sternen zu gesehen. Dieser Anblick würde mich immer glücklich machen. Ganz egal was in meinem Kopf so für Geister und Dämonen herum schwirren.

Die meiste Zeit musste ich an das Gesagte von Clary denken und wie einfach es mir gefallen ist, die Worte auszusprechen, die mir auf der Zunge lagen. Ich wünschte mir, das ich bei ihm genau solchen Mut aufbringen konnte. Wenn er nur all die Worte hören könnte, die ich mich nicht traue zu sagen. Dann wäre alles viel einfacher. Aber das Leben wollte mich wahrscheinlich auf die Probe stellen.

Ich hatte gestern noch etwas länger mit Clary darüber geredet. Solange bis in mir eine Leere aufgekommen ist. Sie wurde von Gedanken geschwemmt, als ich wieder allein war. Und jetzt saß ich weiterhin einfach nur da. Ich wusste weder wohin mit mir, noch wie ich jetzt handeln sollte. Clary hatte mir deutlich gemacht, das ich ebenfalls meinen Mut zusammen nehmen muss. Ich kann und darf es nicht von Alexander erwarten.

Dieser hatte sich heute ebenfalls noch nicht gemeldet. Sonst kam immer eine Nachricht mit unnötigem Wissen. Aber heute blinkte mein Handy nicht auf. Er war dazu natürlich nicht dazu verpflichtet, aber es fehlte mir.

Über mir brach alles zusammen. Fast hätte ich schon vergessen, wie sich das anfühlt. Jetzt war ich kurz davor, es wieder hautnah zu spüren. Es erschien mir schmerzhafter. Einfach, weil ich selbst an diesem Zustand etwas ändern könnte. Sonst hatte ich es immer auf mein Problem schieben können. Aber das ging jetzt nicht.

Ich sah wieder einmal auf mein Handy und stellte ernüchternd fest, das immer noch nichts kam. Verbittert raffte ich mich auf und trat meine normale Morgenroutine an. In der Küche stellte ich allerdings fest, das bereits alles gemacht worden ist.

Noch etwas deprimierendes. Ich hatte vermutlich gehofft, darin etwas Ablenkung zu finden. Aber das wurde mir verwehrt. Also machte ich mich auf den Weg nach draußen. Ich stoppte als ich zwei bekannte Stimmen hörte. Es war Alexander und Clary. Eigentlich war es nicht meine Art zu lauschen. Dafür war ich zu korrekt. Aber meine Welt schien zu kippen. Außerdem war ich heute generell nicht in der Lage rational zu denken.

"...hör mir nur auf mit dem Schicksal. Davon habe ich wirklich genug." Ich hatte wahrscheinlich noch nie Alexander so streng reden hören. "Ja aber wie kann es sein, dass zwei voneinander völlig unabhängige Menschen, die sich nicht kennen und auch keine Ahnung haben, das es den anderen überhaupt gibt, sich gegenseitig brauchen und sich plötzlich finden."

Ich lehnte mich an die Wand neben der Tür. Mit einer Hand fuhr ich mir durch die Haare. Wenn ich jetzt noch das Schicksal mit herein ziehe, drehe ich wahrscheinlich vollkommen durch. Alec und ich waren ein großes "es ist kompliziert". Seit gestern wussten wir wahrscheinlich beide, das da mehr war als eine simple Freundschaft. Und anscheinend wollten wir es dennoch beide nicht ganz begreifen.

"Ihr wirkt glücklicher zusammen. Selbst wenn ihr mal nicht zusammen seid. Wenn ich mich daran erinnere, wie er hier angekommen ist. So zerstreut und geknickt. Und jetzt?" Ich erinnere mich ebenfalls noch genau. Ich habe noch überall Ausflüchte gesucht und sie nie gefunden. Denn das hier ist mein Ziel. Und jetzt muss ich entscheiden, wie und vor allem mit wem ich meinen weiteren Weg gehe.

"Es muss nicht unbedingt etwas mit mir zu tun haben. Vielleicht kann Magnus sich hier entfalten. Interpretier nicht so viel darein." Ich schloss meine Augen, denn die Tränen wollten mal wieder an die Oberfläche.

Clary schnaubte laut stark. "Alec du müsstest eigentlich am besten Wissen wie es ist, wenn man Sachen herunter spielt. Oder seine Gefühle nicht offen auf den Tisch legt. Irgendwann ist es zu spät." Ich hörte auf und abgehende Schritte. "Zieh ihn da nicht mit herein. Das war damals eine vollkommen andere Geschichte."

Ich biss mir auf meine innere Wange. Ich sollte nicht mehr hier stehen. Das war nicht für meine Ohren bestimmt. "Doch eigentlich schon. Es ist die gleiche Geschichte. Nur hat er damals ein Auslandsjahr gemacht. Ihr habt euch nie gesagt, was ihr füreinander empfindet."

Bis jetzt hat Alexander nicht wirklich über seine Beziehungen geredet. Er hat immer das Thema abgewandt, wenn es dazu kam. Ich hatte das akzeptiert. Für ihn würde ich alles in Kauf nehmen. Wahrscheinlich habe ich diese Nacht nur ein Detail verstanden. Wir können nicht so weiter leben. Uns gegenseitig immer wieder anziehen und dann abstoßen, um uns darauf wieder anzunähern. Das hielt kein Mensch auf Dauer aus.

"Was waren damals seine Worte?" fragte dann Clary etwas fürsorglicher. "Der Einzige der dich verdient, ist derjenige, der es von sich selbst nicht glaubt, dass er es tut." spricht dann Alec. Ich sehe vor meinen inneren Augen deutlich die Traurigkeit, die ihn auch gestern umgeben hat.

"Magnus ist genau das. Er denkt nicht, das er dich verdient hat. Für ihn scheint es unmöglich zu sein, das jemand wie du ihn lieben könntest. Alec du musst ihn festhalten. Ansonsten schreckt er zurück."

Es herrscht eine kurze Stille, in der ich über meine Wange streiche. Einzelne Tränen haben sich gelöst. Es ist nur noch überfordernd. Ich weiß was das Richtige wäre. Aber ich habe nicht den Mut dazu, diesen Schritt zu gehen, noch nicht. Dafür verfluche ich mich gerade selbst.

"Ich möchte nicht weiter über das Thema nachdenken. Da er ja noch nicht mal da ist, werde ich heute ihm absagen. Magnus und ich brauchen beide erstmal etwas Abstand." Nach diesen Worten stürzt der Himmel über mich ein. Ich bekomme nicht mehr mit, was sie noch sagen, denn ich stürme in mein Zimmer hoch. Dort lasse ich mich auf den Boden sinken. Ich ziehe meine Beine an meinen Körper und starre ins Leere.

Plötzlich kam ich mir selbst so dumm vor. Ich wollte keinen Abstand. Ich wollte ihn. Egal in welcher Form. Ich fühle mich wie gelähmt. Aber davon lassen sich meine Gedanken nicht stoppen. Ich meine, wen meinten die Beiden? Habe ich gestern irgendetwas falsch gemacht? Wie steht er zu mir? Was denkt er über mich? Werden wir es irgendwann mal schaffen, ehrlich darüber zu reden? Wie lange soll dieser Abstand gehen? Wo kann man Mut kaufen?

Und so sitze ich den Tag nur da und lasse meinen Gedanken freien Lauf. Solange bis ich einen Entschluss fasse. Mit aller Mühe stehe ich auf und möchte mich noch einmal frisch machen, als es an meiner Tür klopft.

Falling in Love - Malec StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt