Magnus verfeinert die Fäden

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Magnus

Es ist ein neuer Tag. Wobei ich mich eigentlich schon beim aufstehen darauf gefreut habe, mich heute Abend wieder hinzulegen. Alexander und ich haben uns noch zu den anderen gesellt und einfach so getan als wären wir ebenfalls betrunken. Ich habe selten so bescheuert getanzt wie gestern.

Die eigentliche Herausforderung war alle auch wieder nach Hause zu bekommen. Kurzfristig haben wir uns dazu entschieden alle zur Pension zu bringen. Wir haben drei Stunden gebraucht bis wir dort auch wirklich ankamen. Clary, Sheldon, Aline, Izzy und Jake fanden es plötzlich ganz witzig sich immer wieder auf den Boden zu schmeißen und sich wie ein Opossum tot zu stellen. Dabei streckten sie ihre Gliedmaßen Richtung Himmel. Es sah zu witzig aus. Alec und ich lachten noch bei den ersten malen. Machten manchmal sogar mit. Aber am Ende waren wir durch die Müdigkeit einfach nur genervt. Doch auch darüber konnten wir uns amüsieren.

Halb 4 waren wir dann endlich da. Ich konnte nicht wirklich ein Auge zu machen. Zum einen haben Alexander und ich uns gefragt, ob es Drachen traurig macht, das sie nie eine Kerze auspusten können. Zum anderen musste ich immer wieder an meinen Schlüssel schauen, wo jetzt das rote Puzzleteil hing. Ich wollte nicht darüber nachdenken. Aber ich musste. Denn ich schenkte solchen Dingen immer eine viel zu große Bedeutung.

Die letzten Tage erschienen mir schon fast so schön, das ich mich ständig fragte, ob sie wirklich passiert sind. Nie hätte ich gedacht das ein Ort einem so viel geben kann. Ich fuhr über den Anhänger. Langsam müsste ich wirklich darüber nachdenken, was das mit ihm ist.

Mein gefühlt elfter Wecker riss mich aus meiner gewebten Welt. Ich war schon komplett fertig. Nur ich erwischte mich in letzter Zeit oft, das ich einfach nur da saß und meinen Gedanken freien Lauf ließ. Aber meine Routine musste ja eingehalten werden. Deswegen ging ich jetzt auch herunter.

Die Küche war noch unberührt. Da ich wusste wie Clary und Alec immer das Frühstücksbüffet zubereiteten, fing ich einfach schon an. Ich deckte die Tische fein säuberlich. Alles musste gerade liegen und die Dekoration musste genau in der Mitte sein. Auch das Essen richtete ich schön an. Das Auge isst ja bekanntlich mit. Ich ließ mir Zeit und war dabei vollkommen in mein Tun vertieft.

Irgendwann fing ich auch noch an zu summen und leicht zu tanzen. Ein lächeln stahl sich wieder auf meine Lippen. Wann bin ich nur zu diesem Menschen geworden? Wohin wird mich das hier noch führen? Bin ich vielleicht doch angekommen? Ist das hier mein eigener kleiner Segen? Ist er es, was mir immer gefehlt hat?

Ich stocke und erschrecke gleichzeitig als ich Alexander im Türrahmen gelehnt stehen sehe. Seine Arme hatte er vor seinem Oberkörper verschränkt. Sanft sah er mich an. Dabei trug er dieses kleine feine lächeln in seinen Augen. "Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken." Alec stieß sich ab und kam dann auf mich zu. Ich biss mir auf meine innere Wange. Er hat mich beobachtet. Eine dritte Haspel muss her. Das Spinnrad arbeitet viel zu schnell.

Eine halbe Armlänge stoppte er vor mir. Ich versuchte jede Bewegung, jedes blinzeln, jedes Muskelzucken wahrzunehmen, zu speichern und mich daran zu verlieren. Mein Sprachzentrum ist wahrscheinlich gar nicht erst mit aufgestanden. "Aber der Anblick war zu schön." haucht er leise. Während meine Herdplatten sich für heute wieder anstellten, fuhr mein Spinnrad zusammen mit den Haspel und meinen Herz auf eine ganz neue Etage. Sie war intimer als alles andere zuvor und ließen dadurch auch die Schmetterlinge frei, die mich sanft kitzelten.

Das spinnen der Fäden ging nicht mehr in die Menge sondern in die Feinheit. Welche Farbe sie haben werden und welcher Faden sich verknüpft.

Alexander hob seine Hand und strich mit seinem Daumen kaum spürbar, nur ein Schatten seiner selbst, über meine Wange. Ich schloss die Augen und hielt die Luft an. Mir erschien jede Bewegung, so klein sie auch war, zu viel zu sein.

Er kam noch ein Stück näher. So nah, das ich seine Wärme spürte. So nah, das er meine Gänsehaut wahrnahm. So nah, das unsere Herzen einen Schritt aufeinander zu gingen. So nah und doch nicht nah genug.

Noch bevor ich ihm ebenfalls näher kommen konnte, hörten wir ein lautstarkes Poltern. Alexander und ich fuhren gleichzeitig auseinander. Wir schwelgten beide kurz in dieser Luft, die wir geschaffen hatten. Ich hob meine eigene Hand und fuhr über die Haut, die er fast berührt hätte.

Mein Candyman räuspert sich und bringt uns damit vollständig zurück. "Das war bestimmt Clary." Erst jetzt sieht er sich den fertigen Essenraum an. "Wow. Ich glaube besser hätte man es nicht machen können. Danke, das du das alles gemacht hast. Morgen kannst du ruhig auf mich oder Clary warten."

Ich schlucke fest. "Äh.. ja, ich meine.. ich hab das gern gemacht." stammle ich nur so drauf los. Wahrscheinlich brauche ich einen Logopäden. Wir lächeln uns an bevor wir ein erneutes rumpeln hören.

"Ich schau mal nach ihr." Ich kann nur nicken und ihm hinter her sehen. Kräftig atme ich die angestaute Luft aus meiner Lunge. Langsam bin ich geübt darin. Was war das gerade? Noch nie habe ich so etwas erlebt.

Nachdem ich ebenfalls aus meiner Starre erwache, gehe ich Alexander nach. Schnell finde ich ihn im Gäste - WC. Dabei hält er die rötlichen Haare von Clary zusammen und fährt ihr beruhigend über den Rücken.

"Warum muss man sich auch nach dem Alkohol immer übergeben. Kann es nicht irgendetwas schönes sein. Zum Beispiel soviel Kuchen zu essen, ohne das man zu nimmt." bringt sie dann hervor. Erschöpft sitzt sie neben der Toilette. "Naja wenn man 'sich übergeben' zu 'alles aus sich heraus holen' umbenennt. Dann hat das doch auch schon mal einen positiven Touch."

Alec kann mich nur angrinsen. Ich zwinkere ihm zu, was ihn nur noch mehr strahlen lässt. Wie ein kleines Kind hebt Clary die Arme und ihr bester Freund scheint sofort zu verstehen. Ohne große Mühe hebt er sie wieder auf ihre Beine. "Ich muss duschen bevor Jace aufwacht. So darf er mich auf gar keinen Fall sehen."

Nachdem wir sicher gegangen sind, das es ihr soweit gut geht und auch die anderen mit Eimern und Kopfschmerztabletten ausgestattet sind, machen Alexander und ich uns auf den Weg.

Wir sind ruhig und schwelgen beide in Gedanken. Aber das ist in Ordnung. Ich mag es, wenn man mit einem Menschen auch mal leise sein kann. Oft hat man das Bedürfnis etwas zu sagen, wenn es still ist. Mit ihm scheint es nicht so zu sein. Überrascht bin ich wenig.

Falling in Love - Malec StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt