Magnus & die Unsicherheit

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Magnus

Wenige Stunden später hatte jeder ein Glas zu viel. Alexander und ich betrachteten das ganze amüsiert. Momentan versagte gerade ihr Geisteszustand. Denn zusammen sangen sie immer wieder "Un. Dos. Tres. Irgendwas auf spanisch, Maria." Ich konnte nur grinsend den Kopf schütteln. "Wollen wir uns mal umsehen?" fragte mich Alec fürsorglich. Ich konnte nur nicken und mit ihm aufstehen. "Möchtest du dich wieder einhaken oder sollen wir uns einen Treffpunkt ausmachen, falls du verloren gehst?" Als Antwort hakte ich mich wieder ein und genoss dabei die Nähe zu ihm.

Ich versuchte soviel aufzunehmen wie nur möglich. Was mir allerdings gar nicht so einfach fiel, weil die, von ihm ausgehende Wärme und der Vanille Duft in meiner Nase, meine Augen immer wieder zu ihn brachten. "Warum hast du eigentlich eine Cola getrunken und keinen Alkohol wie die anderen?" Die Frage musste ich ihm einfach stellen. "Erstens wusste ich das du keinen trinkst und zweitens mag ich ihn nicht wirklich."

Meine Herdplatten haben eine erweiterte Funktion in den letzten Tagen erhalten. Dauerbetrieb. Ich werde mich zwar niemals an diese Wärme in meinen Wangen gewöhnen. Aber es schien ja schon fast normal. "Außerdem wissen wir bereits, das wir keinen Alkohol brauchen um Spaß zu haben." Er zwinkert mir zu, was von meinem Spinnrad sofort registriert wird. Es würde mich vielleicht aber etwas lockerer machen.

"Wie viel Lust hast du gegen mich beim Enten angeln zu verlieren?" Siegessicher sieht er mich an. "Ich habe unheimliche Lust dir zu zeigen, das ich der ungeschlagene Meister im Enten angeln bin." versuche ich selbstbewusst herüber zu bringen. Allerdings muss ich mir selbst eingestehen, das ich es noch nie gemacht habe. Aufgrund der etwas komplizierten Familienverhältnisse, hatte ich das Vergnügen wie ein Jahrmarkt nie. Es ist heute wirklich mein erstes mal, das ich einen besuche.

"Was ist los, Magnus?" Alexander's Stimme ist sanft. Ich sehe kurz auf den Boden. "Woher weißt du.." Ich brauch nicht weiter reden, denn er unterbricht mich. "Langsam kenne ich dich und merke wenn etwas nicht stimmt." Ich löse meinen Arm von seinem. Mir ist es unangenehm, das er es mitbekommen hat. Es ist ein seltsames Gefühl. Sonst bin ich nur gewohnt das Cat und Helen mich so etwas fragen. Ich fühle mich dadurch angreifbarer. Wenn er weiß, wie ich mich fühle, dann bin ich nahbarer. Etwas was ich nie für andere war außer für meine zwei Hühner in Los Angeles. Selbst Calvin hat nie ein Gespür dafür bekommen. Ich meine, wenn ich mich selbst manchmal nicht verstehe, wie soll es dann für einen anderen möglich sein.

Ich habe es mir lange nicht anmerken lassen, aber dieser Jahrmarkt ist Neuland für mich. Cat und Helen haben mich gestern noch beruhigt. Aber jetzt mit einem Wimpernschlag, war die Unsicherheit so präsent, wie schon lange nicht mehr.

"Ich.." fange ich an, breche dann allerdings sofort wieder ab. "Hey Schildkröte, das mit dem reden hatten wir schon mal. Ich weiß dir fällt es schwer. Aber gerade jetzt solltest du wissen, das ich egal was ist, Verständnis dafür haben werde." Unwillkürlich hebt sich mein Gesicht. Ich versuche irgendetwas in seinen Augen zu finden, was dagegen spricht. Aber da ist nichts. Nur die Fürsorge und diese neue Farbe.

"Ich war noch nie auf einen Jahrmarkt. Eigentlich kenne ich es nur aus Erzählungen." Es geht mir leichter über die Lippen als gedacht. Sanft lächelt mich Alexander an. "Dann holen wir das heute nach, ok? Und wenn du gehen möchtest dann sag es mir." Ich kann nur nicken. Die Unsicherheit, die in Gestalt von meinem Elefanten kam und sich auf meine Brust stellte, verpuffte bei diesen Worten. Ich fand die Unsicherheit schon fast unbegründet. Ich musste selbst etwas lächeln.

"Dieses Lächeln gefällt mir schon viel besser. Und jetzt komm die Enten warten auf uns." Zusammen gehen wir auf den Stand zu. Alec erklärt mir das Spiel kurz und knapp. Verstehend nicke ich. Der Mann in dem Wagen reicht uns zwei Angeln und zwei Körbchen.

Mein Candyman und ich sehen uns herausfordernd an. So schwer kann das ja nicht sein. "Denk dran, du legst dich hier mit dem Meister an." Ich kann nur die Augen verdrehen. "Das wollen wir jetzt mal sehen." Damit geht der Kampf um die Enten los. Immer wieder versuchen Alec und ich uns abzulenken, in dem wir den anderen in die Seite oder Oberarm piksen. Es fallen Flachwitze und unnötiges Wissen. Alles nur um die Aufmerksamkeit des anderen von den Enten weg zu bringen.

Dieses einfache Enten angeln zusammen mit Alexander löst in mir eine Unbeschwertheit aus. So muss sich wahrscheinlich ein Kind fühlen. Einfach alles vergessen und die Freude am Leben haben. Und dafür bin ich diesem Mann, der zu putzig mit dieser rosafarbenen Angel aussah, sehr dankbar. Ich weiß nicht wie er es machte, aber vorhin war ich kurz davor wieder zur Pension zu gehen und über das Leben nachdenken. Jetzt war es das genaue Gegenteil. Wir könnten hier ewig Enten angeln und ich wäre glücklich.

Ob es ihm genau so geht? Wird er wegen vorhin nochmal Fragen stellen? Wie groß muss seine Wirkung auf mich sein, das er so etwas seltenes bei mir hervorrufen kann? Werde ich mit ihm irgendwann über alles reden können? Möchte ich das überhaupt? Schaffe ich es mal die Fragen abzustellen?

Nachdem wir fertig geangelt haben, zählt der Besitzer unsere Enten. "Ha, ich habe fünf Punkte mehr." Ich mache einen kleinen Freudensprung und muss gleich darauf loslachen bei seinem verdatterten Blick. "Wer war dieses mal die Schildkröte?" Der Besitzer sieht uns merkwürdig an, als auch Alec leise lacht. Wahrscheinlich ist es für ihn zu absurd das zwei erwachsenen Männer sich über Enten so freuen können. "Das war nur Glück." schnaubt Alexander mit einem grinsen.

Danach dürfen wir unsere Gewinne heraus suchen. Während ich einen kleinen Plüschpinguin nehme, bekommt Alexander so ein kleines Klettermännchen, welches man gegen eine Glasscheibe werfen kann und dieses sich dann durch irgendein physikalisches Gesetz nach unten klettert. "Warum sind es eigentlich genau Enten die man angeln muss? Ich meine das ist total unrealistisch." frage ich ihn dann, worauf er nur die Schultern zuckt. "Vielleicht genau deswegen. Niemand wird in seinem Leben richtige Enten angeln. Hier wird es möglich."

Unsere Runde geht beim Losen weiter, wo wir uns zusammen tun. Dort haben wir eher weniger Glück. Wir suchen uns Freundschaftsschlüsselanhänger heraus. Es sind zwei Puzzleteile, die perfekt zusammen passen. "Welche Farbe möchtest du?" Es gibt rot und blau. Ich deute auf den roten. Er reicht ihn mir. "Da hast du gleich etwas, was du an deinen neuen Haustürschlüssel dran machen kannst." Wahrscheinlich gehen wir beide bewusst nicht auf die tiefere Bedeutung dieser Puzzleteile ein. Was für mich auch vollkommen in Ordnung ist. Sonst müsste ich ja darüber nachdenken.

Am Ende teilen wir uns noch eine große Zuckerwatte, was uns beide immer wieder zum lachen bringt. Es herrscht einfach eine gewisse Sorglosigkeit. Ich genieße diesen Tag und merke wie so oft nicht, wie die Zeit herum geht. Erst als es dämmert gehen wir wieder kichernd zu den anderen zurück. Diese stehen mittlerweile schwankend auf der Tanzfläche. Gemeinsam trällern sie irgendein Lied. Da die Aussprache bei allen nicht mehr deutlich ist, versteht man den Text leider nicht. "Und was ist wenn wir überhaupt keinen an der Waffel haben und es in Wirklichkeit die anderen sind?" fragt mich Alexander grinsend. Sein Blick ist weiterhin auf die anderen gerichtet. Und dieses mal bekommt er nicht mit, wie ich ihn einfach nur glückselig anschaue.

Falling in Love - Malec StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt