25 - Champions du monde

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Einen schönen vierten Advent an euch alle! 
Habe ich schonmal erwähnt, dass ich die Weihnachtszeit liebe? Sie ist wundervoll.
Und genau deshalb bekommt ihr von mir gleich noch mehr Input :)

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Pauline krallte sich in meinem Arm fest, als die letzte Minute des Spiels lief. Frankreich war durch, das wussten wir alle. Unglaubliche lauter Gesang der angereisten Fans erreichte uns. Wir klebten regelrecht mit den Augen auf der Uhr, die die letzten Sekunden laufen ließ, bis der Schiri pfeifen würde. Didier beachtete das Spiel gar nicht mehr, er sah sich einfach nur um und nahm das alles in sich auf. Vermutlich konnte er es nicht ganz glauben dieses Team zu Weltmeistern gemacht zu haben.
Dann hörte ich den Pfiff, riss meine Arme in die Luft und sprang Pauline in die ebenfalls hochgerissenen Arme.
„Wir sind Weltmeister!" schrie sie mich an.
„Ich weiß!" kreischte ich zurück. Während wir eng umschlungen auf und ab hüpften, rannten alle Spieler von der Bank wie von der Tarantel gestochen aufs Feld, schmissen ihre Mitspieler um und sprangen andere an. Die Freude in ihren Gesichtern zeigte, wie sehr sie das gewollt haben, wie sehr sie versuchten diesen Titel zu sich zu holen.
„Das werden wir nie in unserem Leben vergessen, Julie!" quietschte meine Freundin aufgeregt, bis Louis uns aus unserem Freudentanz riss und uns aufforderte ihm zu folgen. Viel Zeit für Freude hatte ich gerade wirklich nicht, denn mein Job musste erledigt werden, zumindest ein bisschen noch.
Noch während wir uns durch die Katakomben kämpften, holte ich meine Kamera hervor und versuchte schon beim Betreten des Feldes genügend Momente aufzunehmen.
„Du kannst noch ein Paar machen, danach kriegen wir sie von den Journalisten", rief mir Louis über den ohrenbetäubenden Lärm zu und ich nickte, schon hatte ich ein Foto von ihm gemacht.
„Oh nein, doch nicht von mir!" Lachend prallte er beinahe in einen Kroaten.
„Klar! Du bist auch vom Team, Louis!"
Alles war so hektisch und chaotisch, überall sah man Tränen, ob vor Freude oder Frust. Manche lagen auf dem Boden, andere tänzelten verrückt herum.
„Julie! Wir haben's geschafft!" kam Hugo auf mich zugelaufen. Er war total verschwitzt, dennoch drückte er mich und Pauline einmal an sich, mit Louis schlug er ein.
„Herzlichen Glückwunsch", sagte ich lächelnd, was der Torwart dankend annahm. Man sah ihm an, dass er nicht aufgekratzt sondern eher genießerisch war. Er wollte seine Energie definitiv nicht für Tänze verschwenden.
„Didier!" Ich wedelte mit meiner Hand in der Luft herum, sodass mich mein Patenonkel erkannte und mich breit grinsend ein wenig herumwirbelte.
„Herzlichen Glückwunsch!"
„Merci beaucoup, Julie. Hast du ein paar schöne Bilder gemacht?" wollte er neugierig wissen.
„Du denkst doch jetzt nicht darüber nach, ob sie ihren Job gut gemacht hat", lachte Pauline den Coach aus, der schnell den Kopf schüttelte und verneinte.
„Non, pardon. So meinte ich das nicht. Ich meinte es allgemein. Für deine Maman und deinen Papa."
„Oh, ja ganz viele!" Ich zeigte ihm im Schnelldurchlauf einige davon, bevor er schon von Umtiti angesprungen wurde und keine Chance mehr hatte noch länger bei mir zu verweilen.

Leider wurde Zeremonie dann durch den Regen zu einem nassem Spektakel. Meine Kamera hatte ich auf der Bank verstaut, wo Louis bereits Bilder für Instagram auf sein Handy übertrug und Pauline ihren Arm um mich legte, während sie verträumt Paul beobachtete. Die Jungs hatten gerade ein Teamfoto mitten im Regen, weshalb sie überall die goldenen Konfettistreifen am Körper kleben hatten.
„Wow, ich hätte nie gedacht, dass ich das wirklich erlebe", sagte sie leise.
„Ich auch nicht, Pauline. Vor allem nicht, nachdem ich die Türen gezeichnet habe."
„Es ist so verrückt." Und da konnte ich ihr nur zustimmen. Zu Beginn interessierte mich dieser blöde Fußball kein bisschen und heute war mein Herz beinahe aus meimer Brust gesprungen, als Antoine nach seinem Elfmeter lossprintete, den Arm mit den Tattoos hochhielt und sein langarmliges Shirt ein Stück herabstülpte um auf mein dünnes rotes Armband zu deuten. Es war ein absolut surrealer Moment und ich verstand kein Bisschen was das zu bedeuten hatte.
„Pauline, Pauline, Chérie!" Paul tänzelte auf die kleine Blondine zu, zog sie zu sich und legte seine Lippen vor all den Journalisten dieser Welt auf ihre.
„Ich dachte das wäre verboten!" rief ich ihnen zu, doch Paul hob seine Hand nach oben. Ich sollte wohl meine Klappe halten, dachte ich mir nur, drehte ab und suchte die Menge nach einem ganz bestimmten Gesicht hab. Das war nicht einmal geplant, mehr intuitiv. Außerdem hatte ich schon fast jedem gratuliert, außer ihm.
Ich schlenderte durch das Meer aus goldenem Konfetti, was an meinen Schuhen und meiner Hose kleben blieb. Mittlerweile regnete es schon so stark, dass meine Kleidung bis zur Unterwäsche durchnässt war, grausam, wenn ich da eine Erkältung bekommen würde.
Gerade als ich wieder umdrehen wollte, entdeckte ich meine gesuchte Person. Auf dem Arm trug er ein kleines Mädchen, das zu weinen schien, in der anderen den Pokal. Zu allem übel steuerte auch noch direkt auf mich zu, was mich nervös werden ließ. War das Mía?
Mit breitem Grinsen blieb er vor mir stehen, das blonde Mädchen weinte wirklich.
„Kannst du den Pokal kurz halten? Der fällt gleich", sprach Griezmann mich an, das Mädchen beobachtete mich neugierig. Papa würde niemals glauben, dass ich gerade den unheimlich schweren, goldenen Pokal in der Hand hielt.
„Wohow!" Plötzlich griff jemand anderes nach dem Pokal, riss ihn mir rasant aus der Hand, weshalb ich geschockt zurückwich.
Paul hielt ihn nun in der Hand - mit bösem Blick zu mir: „Der ist nur für Weltmeister!"
Naja, immerhin war es ein kurzer Moment, in dem ich einen Pokal in der Hand gehalten hatte.
„Julie, darf ich vorstellen? Das ist Mía, meine Tochter", sagte er.
„Bonsoir, Mía", sagte ich und streichelte ihr vorsichtig über die Wange. Mittlerweile hatte sie ihren Daumen in den Mund gesteckt und aufgehört so bitterlich zu weinen.
„Ihr machen die Leute Angst, glaube ihr ist das zu laut", erklärte er mir und wiegte sie leicht hin und her.
„Ist deine Frau auch hier?" Als ich das fragte, lächelte Antoine schwach und räusperte sich. „Ich habe keine Frau. Aber Mías Mutter ist hier, ja."
Für eine Minute standen wir schweigend nebeneinander. Ich wusste irgendwie nicht, was ich ihm sagen sollte.
„Herzlichen Glückwunsch. Man hat gesehen, dass euch ein Stein vom Herzen gefallen ist", startete ich einen Versuch.
„Ein Riesengroßer ja, ich..." Mía zupfte plötzlich am Trikot ihres Vaters und wirkte als würde sie ihm etwas ins Ohr flüstern. Kurz darauf sprach er in Spanisch auf sie ein und lächelte mir entschuldigend zu.
„Pardon, Julie. Ich muss sie zurückbringen. Wir treffen uns später bestimmt im Saal?" Er stellte das als eine Art Frage, küsste mich kurz auf die Wange und drehte ab.
Perplex fror ich an dieser Stelle fest. Inmitten von Konfetti, starkem Regen und lautem Gebrüll war die Zeit stehen geblieben und alles was sich bewegte war Antoine mit seiner Tochter Mía auf dem Arm.

Julie ~ A.GriezmannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt