29 - Paul et Pauline

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Hallo meine Lieben Leserinnen und Leser,
ich hoffe ihr seid bis hierher noch dabei. Langsam nähern wir uns dem Knackpunkt dieser Story😛
Ein schönes Wochenende!

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Wie die letzten dreieinhalb Monate saß ich auf meinem Stuhl im Atelier und starrte auf die Leinwand vor mir. Was sollte ich zeichnen? Mir war nichts mehr eingefallen und mir würde nichts einfallen.
Mittlerweile hatte ich meine besten Kunden allesamt verloren, weil ich sie höchstpersönlich vergrault hatte. Wenn ich mich selbst ansah, dann wollte ich mich am liebsten anspucken und wenn dann doch einmal jemand ein Bild von mir im Laden kaufte, war ich verbissen.
Selbst ich erkannte mich nicht wieder, was alles nur an den düsteren Gedanken in meinem Kopf lag. Mein dummer, dummer Kopf wollte nicht mehr anders denken.

Die kleine Klingel an meiner Theke ertönte, was mich erschrocken herumfahren ließ. Ich wischte hastig die Tränen der Verzweiflung von meinen Augen, setzte mein bestes Lächeln auf und trat nach draußen in den Laden, sodass Tageslicht grell durch die Fenster trat.
Als ich erkannte, wer dort stand, blieb ich abrupt stehen. Sah ich richtig? Konnte das wahr sein?
Vor meiner Theke standen Pauline und Paul, beide unterhielten sich angeregt.
„Bonjour", sagte ich leise und die Blicke meiner Freunde trafen auf mich.
„Julie!" quietschte Pauline auf und tänzelte zu mir, hunderte Küsschen drückte sie auf meine Wangen, dann begrüßte mich Paul mit einer herzlichen Umarmung, in der ich mir noch kleiner und kaputter vorkam als eh schon.
„Wie habt ihr mich gefunden?" fragte ich ungläubig. Paul trug seine klassischen Markenklamotten, stilsicher wie eh und je und Pauline... sie hatte ihre Haare zu einem schulterlangen Bob geschnitten. Ein perfekte Ergänzung zu Paul, der scheinbar mittlerweile immernoch ihr Freund war.
„War nicht so schwer. Wir haben Didier angerufen und ihn gebeten uns zu sagen, wo du arbeitest, tadaaaa", Pauline drehte sich im Kreis. „Deine Bilder sind wundervoll."
„Ich..."
„Kannst du uns einen Gefallen tun?" unterbrach mich Paul und grinste mich breit an.
„Welchen denn?" Ich wischte meine linke Hand, die voller Farbe war, leicht ab.
„Erstens hätte ich gerne für mein Wohnzimmer das eine Bild, das du geschossen hast. Von mir mit dem Pokal. In riesengroß und genauso bunt wie damals", begann er und Pauline fuhr fort: „Zweitens gehen wir drei Hübschen heute Abend etwas essen und du hast leider keine Wahl. Auch wenn du noch so sehr versuchst mir aus dem Weg zu gehen, du hast gemerkt das klappt nicht!" Lachte sie und steckte mich damit ein wenig an.
„Du wirst vielleicht Antoine los, aber sicherlich nicht sie", stimmte Paul zu und küsste Pauline kurz auf den Mund.
„Wann soll ich fertig sein?" fragte ich und ignorierte seine Anspielung.
„Wann du willst. Wir müssen morgen leider wieder abreisen", erklärte er. „Ich kann das Bild aber jederzeit holen kommen."
„Oder ich."
Ich sah zwischen den beiden Turteltäubchen hin und her, dann holte ich meine Tastatur heraus und durchsuchte die Fotos der Weltmeisterschaft nach dem Bild, das er meinte. Wenn sollte es schon das richtige werden, mit allem drum und dran.
„Ich kann dir versprechen, dass der Pokal genauso glänzen wird, wie hier", schwor ich dem Fußballstar, welcher begeistert in die Hände klatschte und die beiden erst nach einer halben Stunde wieder aus meinem Laden verschwanden.
Jetzt hatte ich so gut mit meiner Vergangenheit abgeschlossen und alles abgecuttet und schon stand sie wieder vor mir.
Seufzend warf ich einen Blick in den kleinen Spiegel neben meinen Leinwänden und betrachtete mich. Ich sah wirklich fürchterlich aus. Meine Augen zierten dunkle Ringe und meine Haut wirkte älter als sie eigentlich war. Es gab für mich nur einfach keinen Grund mich darum zu kümmern.

Antoine's Sicht:

Mía lachte laut, als ich sie durch die Gegend wirbelte und ihre blonden Haare dabei lustig hin und her wippten. Glücklich drückte ich meine Tochter an mich,  die sich sofort an meinen Hals kuschelte, legte mich mit ihr ins weiche Gras. Wir lagen da, bis sie mir auf Spanisch erzählte, dass sie mir ein Bild malen würde. Danach schälte sie sich aus meinen Armen und lief quiekend ins Innere meiner Villa in Madrid, wo ich auf der Wiese am Boden liegen blieb und nun in den Himmel sehen konnte. Heute war es nicht ganz so schön, was auch besonders daran lag, dass schon Oktober war. Da zog es immer ein wenig zu.
Plötzlich tauchte der Kopf meiner Haushaltshilfe über mir auf, die mich mit schrägem Blick betrachtete.
„Sie haben Besuch. Paul ist hier", sagte sie beiläufig ehe ich mich aufrichtete und schon Mía auf dem Arm meines Freundes entdeckte. Im Schlepptau hatte er Pauline.
Seit der WM waren die beiden absolut unzertrennlich. Für sie war es zunächst extrem schwierig sich zu entscheiden, ob sie ihren Job wirklich aufgeben sollte, um mit diesem Quatschkopf ein Leben aufzubauen, aber zum Glück hatte sie es getan.
„Unsere Verliebten. Woher kommt denn diese Ehre?"
Ich begrüßte die beiden Überschwänglich und nahm im Anschluss meine Tochter wieder auf meinen Arm, die sich gleich an mich kuschelte. Eine unglaublich süße Macke von ihr. Leider war sie nicht ganz so oft hier bei mir, da Erika es für besser hielt sie bei sich zu haben. So musste ich einfach jeden einzelnen Moment genießen.
„Wir würden dich schon öfter besuchen, wirklich", sagte Pauline noch lächelnd, dann verschwand dieses sonst so schöne Lächeln jedoch rasant und sie griff nach Paul's Hand.
„Man...", murmelte er und kratzte sich am Hinterkopf. „Ich weiß, dass du dieses Kapitel abgeschlossen hast und alles, aber du solltest uns wirklich zuhören."
„Oh, non. Nicht dieses Thema wieder", ich rollte mit meinen Augen.
„Doch, bitte Antoine", flehte Pauline. Langsam sah ich zwischen den beiden hin und her und entschied mich dazu Mía lieber zum Spielen zu schicken. So würde sie nicht alles aufschnappen.

Ich bat Paul und Pauline sich zu setzen, dann seufzte mein Sturmkollege laut auf.
„Das ist alles ein bisschen crazy. Wir waren bei ihr, weil ich doch so ein Bild fürs Wohnzimmer haben will, du weißt schon über dem Kamin macht sich das gut, wenn ich da den Pokal küsse", erzählte er begeistert und deutete mit den Fingern an, wie er es gerne hätte. Pauline schlug ihm einmal gegen den Arm und schimpfte: „Darum geht's jetzt nicht! Erzähl das, was wichtig ist."
„Pardon." Paul räusperte sich und wurde wieder ernster. Irgendwie wusste ich, dass es diesmal wirklich einen Grund geben musste, wieso sie zu mir kamen, denn meistens hatte Paul nur lustige Kommentare über Julie gebracht. Heute jedoch war er ernst und ein ernster Paul verhieß nichts Gutes.
„Ehrlich gesagt mache ich mir Sorgen um sie. Sie sieht schrecklich aus, ganz fertig und müde. Wir haben sie zum Essen eingeladen, wo sie kaum mit uns sprechen wollte und du hättest ihr Atelier sehen müssen." Paul schüttelte sprachlos den Kopf.
„Es ist alles düster und grau. Sie malt komische Sachen und weißt du was Pauline aufgefallen ist?" Ich zuckte leicht die Schultern. Woher sollte ich das schon wissen?
„Sie musste sich das Essen schneiden lassen und konnte mit ihrer linken Hand absolut nichts anfangen. Das ist nicht die Julie, die wir vor einigen Monat kennengelernt haben, irgendwas muss passiert sein, dass sie versucht jeden von uns loszuwerden." Paul beendete seine Rede indem er die Hand seiner Freundin drückte. Ich ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen, dann lehnte ich mich zurück.
„Wieso gehst du davon aus, dass ich dorthin fahre und ihr helfe? Denn davon gehst du doch aus, richtig?"
Paul nickte.
„Weil du der Einzige bist, der ihr die Augen öffnen kann. Pauline findet, dass das an eine Depression erinnert und es gibt bestimmt einen Grund dafür, den sie für sich behält. Du bist vielleicht wirklich der Einzige, der sie aus der Reserve locken könnte."

Julie ~ A.GriezmannDär berättelser lever. Upptäck nu