13 - Une victoire

727 27 1
                                    

Als ich am darauffolgenden Tag mein Croissant in mich hinein zwang, nervten mich sämtliche Geräusche in meiner Umgebung so sehr, dass ich mit meinem Kopf gerne gegen die Tischplatte schlagen würde. Ich war heute sehr lärmempfindlich, wozu die Migräne weitestgehend stark beteiligt war.
Bald hielt ich den Schmerz nicht mehr aus.
"Bonjour", sagte eine Stimme neben mir und eine Schüssel Joghurt mit Früchten tauchte am Platz neben mir auf.
"Bonjour", murrte ich und nahm einen lieblosen Bissen meines Croissants. Jedes Mal wenn mich diese freche Migräne heimsuchte, hatte ich kaum bis gar keinen Hunger und nichts konnte mich vom Gegenteil überzeugen.
"Wie geht es dir nach gestern?" Oh, Griezmann hatte sich zu mir gesetzt.
"Gut, hab nur ziemlich Kopfweh heute", antwortete ich knurrend, was ihn zu belustigen schien.
"Von dem Schock oder einfach so?" Da ich mich bisher nicht bemüht hatte überhaupt irgendwen anzusehen, tauchte nun sein Kopf seitlich von mir auf und er grinste mich an.
"Einfach so. Müsstest du nicht bei deinen Jungs sein?" Ich nickte zu dem kleinen Haufen bestehend aus Blaise, Kylian und Hugo.
"Nein, mich zwingt ja keiner dazu, wo ich sitze. Dachte nur du bist so alleine und..."
"Haben sie dich überredet?" Mich wunderte seine plötzliche Höflichkeit. Von Anfang an tat er als wäre ich giftig und auf einmal nahm er lieber einen Platz neben mir.
"Nein, ich..."
"Du bist schlecht im Lügen", seufzte ich und rührte in meiner heißen Schokolade. Er beobachtete mich eine Weile dabei, während er sich einige Löffel Joghurt in den Mund steckte und sich räusperte: "Eigentlich wollte ich mich nur vergewissern, dass alles ok ist. Warst ja ein bisschen durch den Wind." Wahnsinnig nette Geste, half mir nur absolut gar nicht.
"Ja alles okay", brummte ich, schob den Teller mit dem halb aufgegessenen Croissant von mir und erhob mich von meinem Platz.
"Willst du das nicht aufessen?" wollte er wissen.
"Pardon, aber ich lege mich lieber wieder hin bevor ich deine Nettigkeit wieder vergraule indem ich mich vor dir übergebe", sagte ich etwas härter als geplant, schob den Stuhl zurück unter den Tisch und stapfte davon. Mein Kopf fühlte sich an wie eine explodierende Bombe, oder als würde irgendjemand mit einem kleinen Hammer ständig dagegen schlagen.
Das schlimmste an dem Ganzen war ja, dass ich später noch mit Pauline und Louis ins Stadion gehen musste und diese blöden Fotos schießen durfte, denn heute war ein wichtiger Tag. Bei einem Unentschieden würden sie ins Achtelfinale einziehen, nachdem sie Peru bereits geschlagen hatten.
Man konnte meinen jeder wäre mit ihnen und ihrer Leistung zufrieden, doch Didier fand keine ruhige Minute mehr. Von ihm hörte ich kaum noch etwas. Ähnlich wie bei den Spielern. So machten sie zunächst permanent Scherze oder Spielabende, dennoch reduzierte sich das ganze auf ein klitzekleines Minimum am Abend.

In meinem Zimmer angekommen zog ich mir nur noch die Decke über den Kopf und hoffte endlich meinen Schlaf zu bekommen um meine Migräne zu eliminieren. Außerdem hatten Kopfschmerzen bei mir immer einen bitteren Nachgeschmack. Während ich gerade geistig mit meinem Kopf schimpfte, vernahm ich ein Klopfen an meiner Tür.
"Wer ist da?" rief ich, was meine Ohren wieder reizte.
"Paul. Kann ich kurz reinkommen?" Seufzend schleppte ich mich zur Tür und riss sie genervt auf.
"Bei dir ist es ja stockfinster", lachte er als er meine heruntergelassenen Rollos entdeckte und hielt mir einen Blister entgegen. "Hier, gegen die Kopfschmerzen. Antoine hat mir erzählt, dass du wohl ziemlich starke hast und die Tabletten sind sogar dopingfrei, du würdest durch keinen Test fallen." Dankbar nahm ich den Blister mit drei restlichen Tabletten entgegen.
"Komm rein, du bist sicherlich nicht nur für die Tabletten hier, hab ich recht?" Ich winkte ihn herein, was er brav befolgte und wie ein Hündchen hinter mir her schlich. Flink knipste ich die Lampe an und goss ein Glas Wasser ein.
Paul kratzte sich verlegen am Kopf, senkte leicht den Blick und sagte: "Du kannst in meinen Kopf schauen..."
"Nein", sagte ich nachdem der Schluck mit der Tablette hinab gerutscht war. "Ich kann mir nur vorstellen, dass ich nach den letzten zwei Flurbegegnungen deine Therapeutin geworden bin." Und dann schüttete mir Paul sein Herz aus.

Knips. Jubel. Die besten Szenen waren definitiv die nach dem finalen Spiel gegen Dänemark. Frankreich hatte es geschafft ins Achtelfinale zu gelangen und ich fühlte mit ihnen, obwohl ich meistens eher weniger an Fußball interessiert war. Papa saß bestimmt mit Maman vor dem Fernseher und jubelte den Spielern genauso zu wie die anwesenden Fans. Eine unglaubliche Atmosphäre machte das Stadion zu einem Ort, den ich am liebsten nicht verlassen würde. Es war unfassbar. In jedem Gesicht erkannte man Freude, Euphorie, oder hier und da auch eine kleine Träne der Erleichterung. All das versuchte ich in meine Kamera aufzunehmen und das auch noch möglichst nah, was von meiner Perspektive nicht gerade einfach war.

Nachdem wir im Spielertunnel allen einmal gratuliert hatten, insbesondere Kylian Mbappé, der ein wahnsinnig gutes Speiel gemacht hatte, verabschiedete ich mich von Pauline und Louis um noch einmal nach draußen zu gehen. Nicht das Feld war mein Ziel, sondern der oberste Sitz der Tribüne.
Draußen erwartete mich ein angenehmer Windzug, sowie eine absolute Totenstille. Kurz sah ich mich nach dem höchsten Platz um und musste enttäuscht feststellen, dass alles bereits abgesperrt war außer die Plätze, die an den VIP-Bereich angrenzten. Schwungvoll hüpfte ich Stufe um Stufe nach oben, platzierte mich relativ mittig und holte mein iPad heraus. Für mich hatte es etwas magisches hier zu sitzen und meine Eindrücke aufzumalen, besonders die jubelnden Fans und die Spieler, die sich heute alle umarmt hatten.

~Antoine's Sicht~

Gemeinsam mit Kylian machte ich mich nach dem Duschen auf den Weg zur Lounge, weil uns gesagt wurde, dass es dort ein paar leckere Häppchen für uns gab, bevor wir das richtige Abendessen bekommen würden. Er war ganz aufgekratzt, weil es sein erster Achtelfinaleinzug war und konnte nicht aufhören mich vollzuplappern. So erwachsen er manchmal handelte, das Kind in ihm war trotzdem vorhanden - einem neunzehnjähirgen nicht zu verübeln.
"Nehmen wir das mit zum Hotel oder bleiben wir hier?" fragte er zwischendurch und ich antwortete ihm, dass ich es ganz gerne mitnehmen würde.
Wir wurden in der VIP Lounge von sämtlichen Sponsoren freundlich beglückwünscht, suchten uns jeweils eines der kleinen Dessertgläschen aus und überlegten noch einige Melonenstücke einpacken zu lassen. Da konnte man den Russen keinen Vorwurf machen, ihr Essen handhabten sie ziemlich gut.

Bevor ich nach den Melonen griff, entdeckte ich jemanden auf einem der Plätze sitzen, deren dunkelhaariger Pferdeschwanz nur auf eine Person hinweisen konnte.
"Kylian du kannst schonmal vorgehen, ich komme später ins Hotel", sagte ich gelassen, nahm unserem Youngster sein Dessert aus der Hand - ein junger Spieler musste immer irgendwie einstecken, diesmal er bei seinem Dessert - worauf er entrüstet etwas erwidern wollte, doch ich war schnell weggegangen.
Als ich die gläserne Tür öffnete bemerkte ich, dass Julie eifrig auf ihrem iPad zeichnete und beobachtete sie einen kurzen Moment dabei. Sie wirkte sehr konzentriert.

Julie ~ A.GriezmannWhere stories live. Discover now