43. Kapitel

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★Ben★

Marco schlägt immer wieder auf den Boxsack ein.
Ich wollte ihn durch meine Worte aus der Reserve locken und das habe ich getan. Endlich lässt er mal alles raus. Er weint, während er zuschlägt, aber ich weiß nicht, ob es Wut, Traurigkeit oder Verzweiflung ist. Vielleicht auch Angst. Ich bleibe einfach hier stehen und halte den Boxsack fest, damit Marco ihn verprügeln und endlich seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann. Er sperrt das alles in sich weg und erwartet von mir, dass ich das so hinnehme. Aber das kann ich nicht. Es wird ihm niemals besser gehen, wenn er sich dem nicht stellt. Ich habe keine Ahnung, wie schwer das für ihn sein muss, ich weiß nur, dass ich für ihn da sein will. Und ich will noch etwas. Ich will ihn. Ich will meinen Marco zurück. Ich will, dass er lacht, weil er glücklich ist und nicht, weil er sich dazu gezwungen fühlt. Ich will, dass er mich küsst, weil er mir nahe sein will und nicht, weil er denkt, ich erwarte das von ihm. Ich will, dass er mich umarmt, weil er weiß, dass ich für ihn da bin, um ihn aufzufangen, wenn er fällt und nicht, weil er denkt, ich bin wieder hier, weil ich ihm verziehen habe. Ich hab ihm nicht verziehen. Es gibt nichts zu verzeihen. ER hat nichts falsch gemacht. Es ist nicht seine Schuld. Er hat mich nicht betrogen. Aber, wenn er sich das einredet, muss er die Wahrheit nicht sehen.

Nach einem weiteren Schrei, sackt Marco einfach auf den Boden und hält sich die blutenden Händen auf das Gesicht, um es zuzudecken.
Ich knie mich sofort zu ihm, drücke ihn an mich.

Er klammert sich an meinem Shirt fest und drückt seinen Kopf an meine Schulter. „Es tut mir so leid"

Er ist so ruhig geworden in letzter Zeit und leidet vor sich hin. Aber es gibt kleine Momente, vor allem nachts, wo alles aus ihm rausbricht und er hemmungslos zu weinen beginnt. Immer, wenn das passiert, entschuldigt er sich und versichert mir, dass er mich liebt und mich nie wieder betrügen wird. Dass es der größte Fehler seines Lebens war und das nie wieder vorkommen wird. Ich sage ihm immer wieder dass es nicht seine Schuld war, dass ich ihn auch liebe und dass ich für ihn da bin. Aber er glaubt mir nie.

„Es ist schon gut, Marco" Ich drücke ihm einen Kuss auf den Kopf und neige meinen zu seinem. Es ist alles gut. Ich halte ihn fest. Ich werde dafür sorgen, dass ihm nie wieder etwas passiert, davon kann er ausgehen.

„Ich liebe dich", schluchzt er. Ich seufze, lasse mit einem Arm von ihm ab, damit ich seiene Hände von seinem hübschen Gesicht wegführen kann. Er lässt es mich widerwillig machen, sieht mich aus verweinten Augen an. Ich küsse seine salzigen Tränen weg, solange, bis er sich beruhigt.
„Ich liebe dich auch Marco.", flüstere ich ihm zu, obwohl das schon lange kein Geheimnis mehr ist.
Er schnieft und richtet sich leicht auf, sodass er nicht mehr mir seinem gesamten Gewicht gegen mich lehnt. Dann umarmt er mich wieder.

„Wirst du mir jemals verzeihen können?", murmelt er leise. Es bricht mir das Herz, dass er sich die Schuld darn gibt. Dass ich ihm die Schuld gegeben habe. Ich hätte einfach zuhören sollen, ihm keine Vorwürfe machen, dann könnte ich ihm jetzt vielleicht besser helfen.
„ES gibt nichts zu verzeihen. Es war nicht deine Schuld", verspreche ich meinem Mann, streiche durch seine langgewordenen blonden Haare, küsse seine Wange.
Er streicht sich mit einer Hand über das Gesicht und löst sich dann wieder von mir. Wir knien voreinander, ich lege die Hände an seine Wangen, um ihm die Tränen wegzustreichen.
Dabei versuche ich ihn aufmunternd anzulächeln.

„Bist du traurig?", fragt er mich plötzlich.
Ich schlucke. „Wieso fragst du das?" Gut, Ben, weich seiner Frage aus.
„Weil dein blaues Auge dunkler ist als sonst."

Er schnieft verzweifelt. „Ich mache dich unglücklich oder? "
„Gott, nein" Sofort ziehe ich ihn wieder in meine Arme. Er macht mich nicht unglücklich, im Gegenteil.

„Ich bin traurig, ja, aber nicht unglücklich."
„Das verstehe ich nicht", murmelt Marco und drückt sich weiter an mich.
Ich streiche über seinen Hinterkopf. „Ich bin traurig, weil es dir schlecht geht und ich nichts daran ändern kann. Aber in deiner Nähe kann ich nicht unglücklich sein. Ich liebe dich, Marco. Mein Herz hat eine andere Frequenz, wenn du da bist, mein Magen flattert, ich bin aufgeregt. Immer. Seit fast 12 Jahren. Das wäre nicht so, wenn ich unglücklich wäre. Ich bin sehr glücklich, dich meinen Mann nennen zu dürfen, dich lieben zu dürfen und von dir geliebt zu werden. Und ich weiß, dass du auch wieder glücklich werden kannst." Ich bewege meine Lippen zu deinem Ohr. „Zusammen schaffen wir alles", flüstere ich hinein und küsse seine Wange dann.

Er schnieft wieder. „Wieso liebst du mich überhuapt? Ich bin das doch gar nicht wert. Ich habe dich gar nicht verdient..."
„Sag sowas nicht", unterbreche ich ihn.

Es hat mir immer so sehr an ihm gefallen, dass er mutig und stark war. Selbstbewusst. Jolie hat ihm all das genommen. Sie hat ihm sein Lachen genommen, seine Persönlichkeit und dafür hasse ich sie.

„Du bist perfekt so wie du bist, Marco. Bitte glaub mir." Ich schiebe ihn von mir weg, um sein Gesicht in die Hände nehmen und ihn ansehen zu können. „Du bist alles für mich. Alles, hörst du? Ohne dich bin ich verloren. Ich brauche dich wie die verdamme Luft zum Atmen, wie das Herz, das in meiner Brust schlägt zum Leben. Du bist mein ein und alles. Du bist perfekt. Ich liebe dich."
Wie oft soll ich ihm das denn noch sagen? Wann wird er mich endlich glauben?

„Was kann ich tun, damit du mir endlich glaubst? Was soll ich machen, damit es dir besser geht? Bitte sag es mir Marco, denn ich habe keine Ahnung, was ich noch tun soll. Es bricht mir das Herz, dich so zu sehen. ich leide mit dir. Weil du alles bist, was ich habe, alles, was mir etwas bedeutet. Ich vermisse es, dich Lachen zu sehen. Ich vermisse es, dich tanzen zu sehen. Ich vermisse es, dass du mich nervst. Ich vermisse dich. Was kann ich tun, um dich zurückzubekommen? Ich werde alles tun. Alles. Sag mir einfach..." Eine Träne läuft meine Wange hinab. „...sag mir einfach was."

Marco schüttelt den Kopf, auch er vergießt erneute Tränen. Ich habe ihn in seinem ganzen Leben noch nie so viel weinen sehen wie die letzten Monate.

„Halt mich einfach fest", haucht er und drückt sich wieder an mich.

Die Liebe und die Entscheidung (bxb)Where stories live. Discover now