4. Kapitel

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★Marco★

Ich sitze auf dem Sofa und sehe Fern, doch eigentlich starre ich nur durch die Bilder hindurch.

Während Ben sich anzieht und seine Haare föhnt, denke ich darüber nach, wie ich mit diesem Brief umgehen soll und damit, dass Ben keinen bekommen hat.

Sein Onkel Richard muss mir wohl irgendetwas vererbt haben, doch Ben nicht.
Es verletzt ihn, das weiß ich.

Damals, als seine Eltern gestorben sind, hat er zwar alles geerbt, doch dafür hat er sich nie wirklich interessiert.
Er hat die Firma an eine Cousine von sich überschrieben und einen Großteil des Geldes gespendet, den Rest hat er angelegt und einen weiteren Teil hat er Reece gegeben.

Er hat sein Erbe sinnvoll verwaltet, doch ist nicht wirklich emotional damit umgegangen. Materielles bedeutet ihm nichts, doch ich weiß, dass es ihn trifft, dass sein Onkel ihn nicht berücksichtigt hat.

Fast 20 Jahre seines Lebens hat Ben bei ihm gewöhnt und alles für diesen Mann getan und dann sowas?

Trotzdem lächelt mich mein Blümchen an, als er den Raum betritt und sich neben mich auf das Sofa setzt.
Er legt einen Arm hinter mir auf der Sofalehne ab, den Kopf auf meiner Schulter und seine Hand auf meiner.

Seufzend lehne ich den Kopf an seinen, nachdem ich seine Locken geküsst habe.
Seine Haare riechen immer besonders gut nach dem föhnen, keine Ahnung, wie er das macht.

Ich räuspere mich leicht, weil ich mit ihm über diese Sache mit Richard reden muss, doch es nicht wirklich will.

„Begleitest du mich zur Testamentseröffnung?", frage ich ihn leise.

Er drückt meine Hand leicht. „Klar, wenn du das willst"

Ich schließe die Augen und atme tief durch.

Eigentlich will ich das gar nicht hin, aber obwohl Richard ein Arschloch war, kann ich den letzten Willen eines Toten ja nicht ausschlagen.

Was mich eher verwundert, ist, dass er ja schon vor zwei Jahren gestorben ist.
Damals, als er Reece vom Kirchturm werfen wollte und Reece seinen eigenen Vater dann über des Geländer gerissen hat und durch selbst abgestürzt ist.

Levi hat ihn zwar halten können, doch er ist selbst abgerutscht und wurde dann nur noch von Jax am Leben gehalten.
Reece hat losgelassen, weil klar war, dass Jax nicht beide hatte retten können.

Ben hat das fertig gemacht und mich genauso.
Ich weiß, dass es ihm deshalb einfach scheiße geht.

Sobald das Thema auf Reece kommt, durchzieht ein schwarzer Schleier meine Seele, weil ich weiß, wie weh es meinem Benny tut. Und ich selbst vermisse den Kleinen ja auch.

Ben streicht seine Wange an meiner Schulter ab und trocknet dadurch eine Träne.
Es bricht mit jedes Mal auf neue das Herz, wenn er weint.

Benny ist so ein starker Mann, er hat so viel durchgemacht und tut immer alles für die Menschen, die er liebt.
Er hat alles für Reece getan, doch es war einfach nicht genug.

Ben gibt sich die Schuld an Reece Tod, das weiß ich, doch es ist unbegründet. Der einzige, der daran schuld ist, ist Richard.

Hätte er Ben damals nicht entführt, hätten wir ihn nicht befreien müssen und wären niemals auf diesen Kirchturm gegangen.

An unserer Hochzeit haben Ben und ich uns versprochen, dass unser neues Leben beginnt, doch dieser Brief von Richard holt alles wieder hervor.

Leidend ziehe ich Ben auf meinen Schoß und umarme ihn, während er leise an meine Schulter weint.
Ich muss nichts sagen, da es dazu nichts zu sagen gibt.

Ben will nicht getröstet werden, mit Worten, die ohnehin nichts ändern, er will einfach nur festgehalten werden und genau dafür bin ich da.

Er will das Wissen, dass er mich nicht verlieren wird, dass ich ihn nicht alleine lasse, denn ich bin alles, was er noch hat.
Okay, er hat unsere Freunde und unseren Besitz, aber auch mir ist das alles ohne nicht nichts wert.
Ben ist mein Ein und Alles, ich liebe ihn, ich verehre ihn mit jeder Faser meines seins.

Ich bin erleichtert, als sein leichtes Weinen in ein Schlummern übergeht und er an meiner Schulter einschläft.

Morgens, wenn er aufwacht ist er immer total der Miesepeter, dann kann ich ihn wieder nerven, wir können kuscheln und ihm wird es wieder gut gehen.

Vorsichtig nehme ich ihn auf die Arme und trage ihn trotz seines Gewichts ins Schlafzimmer.
Und er ist echt nicht leicht. Die ganzen Muskeln...

Trotzdem gebe ich mir alle Mühe, ihn sanft in der Matratze abzulegen.

Er grummelt irgendetwas, als ich ihm einen Kuss auf die Stirn gebe.
Er trägt nur eine Jogginghose und ein Top, also muss ich ihn nicht ausziehen und somit die Gefahr eingehen, dass er aufwacht.

Ich selbst lege aber alle Kleidung bis auf meine Boxer ab und schlüpfe dann zu Benny unter die Decke.

Es braucht nur einen zarten Kuss auf seine Brust, damit er sich zu mir dreht und mich umarmt.

„Schlaf gut, meine schöne Blume", flüsterte ich, küsse seinen Kopf nochmal und mache dann das Licht an dem kleinen Schrank neben dem Bett aus.

Die Liebe und die Entscheidung (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt