Wandern

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Er konnte nicht mehr, womöglich hatte er den Weg einfach unterschätzt und war viel zu früh ausgestiegen. Genau das war der Fall, es waren noch viele Meilen bis zur Brandyweinbrücke, wobei er gerade in Bockland angekommen war. Das Wasserrad, welches durchs Wasser tuckerte ließ ein leises plätschern ertönen und die kleinen Fachwerkhütten standen eng aneinander gereiht da, eines wie das andere. Es roch nach frischem Obst, welches auf einem kleinen Stand gelagert war. Es roch so gut, dass Frodo dem nicht widerstehen konnte und sich zwei reife, saftige Äpfel für den Weg kaufte. Doch er hatte nicht vor, noch lange zu brauchen, wobei ihn in 3 Wochen jemand abholen würde um ihn nach Düsterwald zu bringen. Also lief er schnell, manchmal rannte er, vor Aufregung und Freuden und er rastete nur kurz an Baumstumpfen und kleinen Bächen, aus denen er sein Wasser in den Trinkbeutel füllte. Mit der Zeit wurde die Umgebung immer saftiger und grüner. Jeder Schritt ließ ihn näher an sein Ziel herankommen und jeder Schritt erweckte neue Freude in ihm. Ihn zog es fort und es schmerzte, wie sehr es ihn weg zog von seinem neuen Heim, doch hier wartete etwas wichtiges, hier wartete etwas, was ihn tief im Inneren mehr heilte als alles andere...

Dann nach 2 Tagen, er hatte sich wahnsinnig beeilt und war auf einem Heuwagen mitgefahren, er hatte die Grenze zu Wasserau überquert und ihm bot sich ein fantastischer Blick auf, in die Hügel gebaute, Höhlen. Hobbithöhlen. Er sah das saftige Gras, die vielen Täler und Wege. Gärten und Felder. Er lächelte breit und rannte los. Es lockte ihn, in den kleinen Fluss zu springen, doch selbst dass konnte er sich nicht erlauben. Er wollte schließlich noch Zeit, bevor er wieder gehen würde und er müsste es für sie tun. War sie groß? Er blieb stehen und schaute auf das braune Wasser.
Er würde ja sehen...
Dann gönnte er sich eine Pause und setzte sich ins weiche Gras. Die Äpfel hatte er schon am gleichen Nachmittag verdrückt, ebenso seine Laugenbretzel. Jetzt hatte er noch den Rest seines Proviants. Brötchen und durchgeweichte Butter von der Hitze. Und kleine Fleischläppchen, die er mit dem Kornbrot essen konnte. Doch in diesem Moment war ihm nicht nach essen. Er saß bloß in der warmen Sonne, schloss seine Augen und träumte vor sich hin. Was ein befreiendes Gefühl. Dann krempelte er die Ärmel seines Leinenhemdes hoch und wusch sein Gesicht mit kaltem, erfrischendem Wasser ab. Er würde mit Sicherheit wieder hierherkommen, dann aber in Begleitung. Wenn schon die ganze Welt versuchte, sie zu töten und sich alle gegen sie wandten, dann würde er es sein, der ihr ein Zuhause bieten möge, dann würde er es sein, der vor nichts zurückschrecken und niemals aufgeben vermöge.
Für sie und sich selbst!
Dann wanderte er weiter. Er lief schnell und machte nur wenige Pausen. Dann am Nachmittag war er in Hobbingen angekommen. Dieser Ausblick auf die vielen kleinen Hobbithöhlen in den so perfekt aussehenden Hügeln. Die kleinen Wege und Pfade, die wunderschönen Landschaften, das Gras, welches so saftig grün aussah, dass man mit Sicherheit gerne eine Kuh gewesen wäre, um davon zu kosten. Die kleinen Bäume und wunderschöne Gärten. Schubkarren und Äcker. Er stand lange Zeit nur dort und schaute auf diese Landschaft. Es kam ihm seltsam vor, dass ihm die Tränen kamen, bei diesem Anblick.
Als Frodo Beutlin, Samweis Gamdschie, Meriadoc Brandybock und Peregrin Tuk, genannt Pippin, nach der Vernichtung des einen Ringes nach Hobbingen zurückgekehrt waren, sahen sie sie Verwüstung. Aber die vier Hobbits vermochten es, mit den Auenlandbewohnern den Frieden wieder herzustellen. Ein regelrechter Krieg, der als Befreiung des Auenlandes galt, brach an. Doch von alledem und Sarumans Werk war nichts mehr zu sehen. Die Bäume blühten und ein herrlicher Duft lag in der Luft. Er hörte schrilles Lachen und die Bäume... sie waren alle wieder da. Die Höhlen waren da und wie neu, „seine" Höhle war da, wie zuvor, exakt wie zuvor!
Frodo wischte sich eine kleine Träne von der Wange und lief weiter. Er wollte in den grünen Drachen. Er wollte Sam sehen, jetzt sofort und er wollte nicht weiter im Dunkeln stehen.
Ermüdete Abenteurer im Auenland, die sich nach einer kurzen Rast oder einigen Geschichten unter Freunden sehnen, waren stets bestens beraten, sich auf den Weg „Zum Grünen Drachen" nach Wasserau zu machen. Diese im ganzen Auenland beliebte Gaststätte war immer sehr bekannt für ihre freundliche Atmosphäre, und nicht zu vergessen für die Geschichten und Sagen über große Ereignisse aus Nah und Fern, von denen manche so groß scheinen wie der große Saal des Grünen Drachen selbst, wenn man ihnen glauben schenken mag. Gelegen neben dem ruhigen Teich der Wasserau, innerhalb des Dorfes, welches stolz den Namen „Wasserau" teilt, heißt der „Der Grüne Drache" all jene willkommen, die eine Geschichte zum erzählen mitbringen.
Die „Taverne zum Grünen Drachen" befindet sich nahe dem Mittelpunkt des Auenlandes, gleich südöstlich von Hobbingen, nahe der Großen Oststrasse.
Und wahrlich Frodo hatte eine Geschichte zu erzählen!
Er öffnete die Tür des Gasthausen und plötzlich wurde alles still. Es war, als stünde die Zeit still. Frodo wartete ab und schaute in weit aufgerissenen Augen und Mäuler.
„Guten Abend," sagte er und zog sich den Rucksack von den Schultern. Noch immer stand er in der Türschwelle und keiner traute sich, etwas zu sagen, gar sich zu bewegen. Als wäre er ein Weltwunder. Frodo schaute schief in die, sonst so muntere Runde, und legte den Kopf schief.
„Wenn mich meine Augen nicht täuschen ist das Frodo Beutlin." Hörte er eine raue Stimme.
„Ich dachte der wäre tot!"
„Ach was? Ist der nicht schon lange weg? Der hat sich doch aus dem Staub gemacht."
„Der sieht aber viel jünger aus, wie bei dem alten Herr Bilbo, ihm scheint das Alter auch nichts aus zu machen."
„Wohl eher in die Zeit zurück gesprungen. Nicht nur stehengeblieben. Nein, gar jünger geworden, wie mir scheint!"
„Welch eine Überraschung, Herr Beutlin, er freut mich, Sie zu sehen." begrüßte ihn ein kleiner Hobbit mit pelzigem Rauschebart. Er war einer der Kellner.
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite..." sagte er, doch seine Aufmerksamkeit galt schon jemand völlig anderem.
Samweis saß an einem kleinen Tisch und schaute in so überrascht an, dass Frodo davon schwindelig wurde.
Sam stand auf und legte seine Hand auf Frodos Schulter. So als wolle er testen, ob er wirklich Frodo war, ob er echt war...
„Na, überrascht mich zu sehen?"
Sam fing an zu weinen und umarmte seinen Freund stürmisch. Frodo lachte und strich dem treuen Sam durchs krausige Haar.
„Ich freue mich so dich zu sehen, Herr Frodo!"
„Ich mich auch Sam, ich mich auch!"
Sie holten sich 2 Bier und setzten sich an einen Tisch.
Frodo hatte viel zu erzählen.

Nyáre Geschichten

Die Elbe des Wassers ___Meine größte SehnsuchtWhere stories live. Discover now