Vollendete Finsternis

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Würde ich ein Vogel sein, der zum ersten Mal aus dem Nest hüpft, seine Flügel ausbreitet und versucht zu fliegen, wäre ich senkrecht abgestürzt. 

Diesen Eindruck gaben meine Arme, die willkürlich um sich schlugen. Ich war mir nicht einmal sicher, wo oben oder unten war. Ich wusste nur, dass ich so schnell wie möglich Sauerstoff brauchte. Meine Instinkte kämpften gegen die gewaltige, kalte Menge Wassers, die eindeutig stärker war.

Meine Hand ergriff einen Stein und konnte sich hochziehen. Ich versuchte so viel Luft zu holen wie ich nur konnte. Ich klammerte mich so fest an diesen Steinbrocken, schließlich hing mein Leben von ihm ab.

Ich schaffte es. Das ist das letzte Mal, dass ich mich in dieses Wasser begebe. Für eine Weile saß ich einfach im Tunnel, indem ich gelangt war und hustete Wasser aus.

Ein melodisches Geräusch konnten meine Ohren vernehmen. Es war mir bekannt. Ich bin nicht allein. Ich schreckte auf. Je mehr ich hörte, desto  unheimlicher wurde es. Das kann nicht sein.

Ich sah in den Tunnel. Ich sollte ganz weit in die andere Richtung laufen. Anstonsten laufe ich in den tot. Alles in mir schrie zu rennen, nur war ein Teil von mir sicher, dass mein Weg dort durch führte.

Nachdem ich die Quelle des Klanges erreichte, blieb mir die Luft weg. Als wäre ich wieder im Wasser.

"Du wurdest getötet", waren meine ersten Worte an die Figur, die vor mir auf einen Felsen saß. Sie nahm die Flöte hinunter und blickte in meine Augen.

Die Frau, die ich für die meiste Zeit als meine Mutter glaubte, trug ein langes Kleid. Unten war es zerrissen. Auch wenn ihre Schönheit nicht erloschen war, war ihr Antlitz dennoch farbentsättit. Ihr Kleid schien nicht. Ihr braunes Haar sah gräulich aus. Ihre Lippen waren farblos. Dies ist eine andere Elbe, als vor vielen Jahren.

"Du wurdest auf der schlimmsten Art und Weise getötet, die man sich vorstellen kann", setzte ich weiter. Dann entfuhr mir ein quiekendes Geräusch. Erinnerungen kamen hoch und alles was aus den letzten Wochen aus mir eine Anführerin gemacht hat, fiel von mir ab.

Sie sah mich liebevoll an und läuchelte herzlich. "Ein Teil von mir hat überlebt", sagte sie. Ihre Stimme klang wie früher.

Meine Hände fuhren zu meinem Mund und ich ging ein paar Schritte zurück. Ich unterdrückte die Tränen. "D-Das k-kann einfach nicht sein", stotterte ich fassungslos. 

"Ist es aber. Manchmal sind Dinge möglich, die wir niemals erträumen könnten. Ich kann nicht gehen, aber ich bin noch da", erklärte sie mir zufrieden.

Jetzt griff ich nach ihren Händen. Sie waren kalt, doch dies machte mir nichts aus. Hier ist alles kalt. "Wie kann ich dich retten?" Fragte ich nachdrucksvoll. Wenn es einen Weg gibt, dann nehme ich ihn auf. Vielleicht sollte ich von Anfang an für sie hier her kommen.

Ihr starrer Blick ruhte auf mir. Sie lächelte erneut. "Man kann mich nicht retten. Wie du schon sagtest. Ich bin gestorben. Dies ist nur ein Teil von mir. Ein Teil der immer hier bleiben wird", mit Ehrfurcht blickte sie durch die Höhle.

"Wie kann so etwas möglich sein?" Meine Hände führen zurück, so als hätte ich mich verbrannt. Ihre Faszination für diesen Ort war mir zu fremd.

Die Elbe stand auf und führte mich tiefer in die Höhle. Sie erklärte:"Vieles ist möglich. Das solltest du mittlerweile erfahren haben. Ich brauchte lange Zeit um zu verstehen, was passiert ist. Der Tod hat viel mehr Facetten als wir denken. Dieses Reich, dieser Wald hat mehrere Facetten. Als ich starb, ist ein Teil von mir hierher geflüchtet. Und nicht nur ich", ich folgte ihrem Blick.

Meine Augen weiteten sich, als ich ihn sah. Mein Onkel breitete die Arme aus und ich fiel in seine Umarmung. "Ich habe dich vermisst", flüsterte ich ihm leise ins Ohr.

"Ich dich auch", antwortete er mit seiner ruhigen, tiefe Stimme.

Ich sah mich weiter um. Alle wände sahen aus wie Glas hinter denen geliebte Personen waren. Die ich aber verloren hatte. Ich erkannte Arminas, Lydianna, Boromir, Nienna und in einer Ecke sah ich ein Eichhörnchin. Ich ging in diese Ecke.

"Es stand einmal genau in deinem Zimmer. Du hast Eichhörnchin so geliebt. Es war dein Haustier. Eines Abends fand ich es tot vor unserer Tür. Ich habe es nicht übers Herz gebracht es dir zu erzählen. Also habe ich dir gesagt es wäre weggelaufen. Du hattest mit sovieles zu kämpfen, da wollte ich nicht das auch noch dazu geben", gestand meine Tante sanft. 

Ich sah die beiden Elben an. Ihr warmes Lächeln brauchte mein Herz dazu sich zusammenzuziehen. "Ich wünschte ich könnte euch befreien. Ich wünschte ich hätte mehr Zeit mit euch", meine Stimme war brüchig.

"Du kannst uns nicht wo anders hinbringen. Aber du kannst bleiben. Bei uns", sagte der Elb einladend.

Ich sprach, bevor ich nachdachte:"Ich... ich kann nicht. Auch wenn ich es wollen würde. Ich kann es einfach nicht"

"Aber du gehörst hier hin.
Denn du bist auch gestorben. Du bist nicht mehr eine von denen. Bitte bleib", widersprach der Elb.

Bin ich Tod? Hat das Wasser mich besiegt? Ist dies der Ort an den ich hingehören? Habe ich schon immer hierher gehört. Zu viele Fragen füllten meinen Kopf. Panik stieg in mir auf. Ich schloss meine Augen und fuhr in mich.

Langsam ging ich einige Schritte zurück. "Die Macht in mir ist so viel größer, als ich jemals vermutet habe. Dies ist nicht echt. Ihr seid nicht echt. Ganz gleich wie schön es wäre, wenn dieser Ort keine Lüge wäre. Ihr gehört nicht in diese Höhle, zu dieser grässlichen Welt. Dafür seit ihr zu schön, zu perfekt. Ihr seit meine Fantasie. Nur eine Einbildung", ich atmete aus und schon waren alle Gestalten nur noch schwarzer Rauch.

Nun ging meine Reise weiter.
Das Geräusch war tief und schräg. Wie ein tiefer Säufzer, der bis ins Knochenmark verdrang. Plötzlich wurde es mir bewusst. Ich bin nicht allein. Mein Herz schlug spürbar. Die Angst machte sich in meinem Körper breit.

Nach einer Kurve erkannte ich die Quelle, eine dunkle Form. Beim Näherkommen sah ich, dass es sich um einen Stein handelte, auf dem eine Person saß. Der Rücken war zu mir gedreht und der Kopf gesenkt.

Ich blieb allermiert, denn ich wusste, dass etwas nicht stimmte. Die Gestalt seuftze erneut, jedoch leiser. Für einen Moment stand ich einfach da. Dann begann die Figur sich zu bewegen. Die Bewegungen waren drahtig und leblos. Langsam verstand ich warum. Vor mir war Methor oder jedenfalls ein Teil von ihm. Er bestand aus den dunklen Wurzeln der Höhle.

Auf einmal drehte er seinen Kopf und ich sah in leere, schwarze Augen. Es versuchte aufzustehen, doch die Wurzeln waren fest im Boden. Die Arme streckten sich als nächstes zu mir aus. Ich wich zurück, dabei war dies nicht nötig. Es kann mir nichts tun. Es ist nur, was Methor hier gelassen hat. In der Luft schwirrte die Angst und das Leid, welches Methor vor langer Zeit erlitt. Ein grausamen Schicksal... Ich wusste, wie viel Glück ich hatte mit Legolas hier gefangen gewesen zu sein. Er war ganz allein. Seine Seele muss Ruhe erhalten.

Ich ging weiter und ließ das Geflecht hinter mir zurück. Ich tat so, als hätte ich es nicht gesehen. Ich habe eine Aufgabe. Auf einmal merkte ich, wie meine Sicht immer unklarer wurde. Am dunkelsten Ort der Finsternis.

Im Dunkel taumelte ich durch die Gegend. Meine Hand glitt an der steinernden Wand der Höhle entlang. Dies war meine einzige Orientierung. Auf einmal fiel mir auf, dass ich meine Schritte nicht mehr hörte.

Dies brachte mich nicht zum stehen. Auch die Tatsache, das mein Geruchssinn mich verlassen hatte konnte ich ignorieren.

Plötzlich hörte die Steinwand auf. Vor mir könnte ein meterlanger Abhang sich befinden und ich bin machtlos. Ja, dies ist warhaftig der dunkelste Ort. Meine Sinne sterben alle nacheinander ab. Nur ist es der einzige Weg sie zu retten. Der einzige Weg Methor aufzuhalten. Ansonsten wird aus Mittelerde ein anderer Ort.

Meine Beine wollten sich streuben. Dennoch setzte ich einen Fuß vor den anderen. Ich habe keine Wahl. Dies Taten sie, bis ich auf etwas stieß. Daraufhin fühlte ich gar nichts mehr.

Zu zweit in der Finsternis ( Legolas FF )Where stories live. Discover now