106. Gefühle

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Bis zum Abend verbrachten Ace und ich unsere Zeit am glasklaren See und standen erst auf, als Mum mich wegen des Abendessens anrief.
Wir gingen den Weg redend und lachend zurück und an Ace's Sachen drehte ich mich um, während er sich zurückverwandelte.

Hätte mir irgendwer vor einem Jahr gesagt, dass ich jetzt mit einem Jungen zusammen war, der sich in einen verdammten Wolf verwandeln konnte, hätte ich ihm mit Sicherheit den Vogel gezeigt.

Als er fertig war drehte ich mich um und er nahm lächelnd meine Hand.
Wir gingen die letzten paar Schritte, bis wir an Ace's Vorgarten angekommen waren.

"Luna?" Ich drehte mich zu ihm und schaute auf sein makelloses, ernstes Gesicht.
"Hm?"
Er kam auf mich zu und legte meine Hand, die er als ich weiter zu meinem Haus gehen wollte losgelassen hatte, wieder sanft in seine.
"Kannst du mir eine kleine Sache versprechen?" Murmelte er und strich mir eine Haarsträhne, die sich aus meiner Frisur gelöst hatte, aus dem Gesicht.
Stirnrunzelnd nickte ich, hatte aber wieder so ein komisches Gespür.
"Bitte halte dich bitte in den nächsten Tagen vom Wald fern." Sagte er eindringlich und ich seufzte.
"Warum?" Brummte ich und er schaute mich eine ganze Weile schweigend an.
"Tue es bitte einfach. Vertraue mir, mein Engel." Ace küsste mich auf die Stirn und strich noch einmal über meinen Kopf.
Murrend nickte ich.
Ich mochte es wirklich nicht, wenn er mir etwas verschwieg.
"Ich liebe dich, Luciana." Flüsterte er in die Dämmerung.
"Und ich liebe dich, Ace." Ein schmales Lächeln konnte ich mir nicht verkneifen.

Zuhause angekommen grübelte ich, während ich die Wäsche aufhing, über seine Worte.

Warum sollte ich den Wald nicht betreten?

Das, was mir eigentlich die meiste Sorge bereitete war, dass er mir nicht sagte wieso.
Ich klemmte den Stoff mit einer dunkelroten Wäscheklammer an das Metall Gestell.

Aus demselben Grund weshalb Collin mich so grob aus dem Wald gezerrt
hatte?

Da kam mir der Hauch einer Ahnung.

Hatten die Browns vielleicht etwas damit zu tun?

"Lucy? Wie weit bist du? Wir wollen so langsam mit dem Essen anfangen." Hörte ich Dad rufen und knipste die letzte Socke fest.
"Ja, ich bin gleich fertig. Fangt schon mal an."
Seufzend fuhr ich mir durch die Haare und streckte mich.
Den leeren Wäschekorb stellte ich auf den Platz und lief dann die Treppe hoch, ins Wohnzimmer.
"Alles fertig?" Mum zwinkerte mir zu.
"Mhm."  Ich füllte einen Haufen Nudeln auf meinen Teller und schenkte mir Mineralwasser ein. "Sieht gut aus mit eurer Halloween Party." Lachte Dad und wir begannen zu essen.                     
"Ach, bevor ich vergesse es euch zu erzählen, mein Chef hat mich gefragt ob ich mit auf eine Fortbildung in Nevada gehen möchte. Was haltet ihr davon?" Eröffnete Dad und lächelte, während er sich ein Stück Fleisch in den Mund schob.                                                                           
"Wann denn?" Wollte Marco wissen und ich nickte bestätigend.  Dad überlegte kurz und sagte dann: "Irgendwann im November." Mum hob die Augenbrauen. "Aber zu Marcos Geburtstag bist du doch da, oder?" Marco schaute Dad fragend an und dieser nickte.
" Natürlich. Also, was denkt ihr? Soll ich?" Wir alle stimmten zu und räumten nach dem Essen zusammen ab.

Ich legte mir meine Klammotten für morgen raus und machte mich bettfertig. Irgendwie hatte ich ein merkwürdiges Gefühl im Bauch wegen Ace. Ich hatte zwar selbst gesehen, dass es gefährlich war, alleine in den Wald zu gehen, jedoch war da eben dieses Gefühl.
Ein Gefühl von Besorgnis.
Müde kuschelte ich mich in die Decke und machte das Nachtlicht aus um zu schlafen.

Heute regnete es und wir hatten nur unglaublich langweilige Fächer.
Dieses komische Gefühl wurde immer stärker.
Ich suchte nach Ace, um ihn zu fragen, wieso ich den Wald nicht betreten sollte, aber es war keine Spur von ihm. Ace war heute nicht da.

"Wo bist du heute nur mit deinen Gedanken, Lucy?" Mila schaute mich mit ihren dunkelbraunen Augen an und ich seufzte. "Ach nichts. Was ist los?" Sie glaubte mir zwar nicht, das sah ich an ihrem zweifelndem Blick, ging aber nicht darauf ein. "Wir sollen die Aufgabe drei machen, der Rest ist Hausaufgabe. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, damit du Zuhause nicht mehr so viel zu tun hast." Sie zeigte mit dem roten Fingernagel auf die Aufgabe und ich lächelte. "Danke, Mila." Ich machte mich an die Aufgabe und sah aus dem Augenwinkel noch wie Mila mir einen besorgten Blick schenkte.

Nach der Schule fuhr ich mit dem Bus nachhause und schaute aus dem dreckigen Fenster, auf dem die Regentropfen ein Wettrennen veranstalteten.
Bei meiner Haltestelle stieg ich aus und stampfte seufzend nachhause.

"Na, Kleine? Wie war die Schule?" Wollte Henry wissen und ich hob eine Augenbraue.
Eigentlich war ich mit meinen 1,76 sogar etwas größer als er.
"Kleine?" Er grinste nur und schenkte sich Wasser ein.
"Ziemlich mies, bei dir?" Ich holte mir auch ein Glas und setzte mich zu ihm.
"Wirklich? So schlimm? Bei mir war es eigentlich sogar ganz lustig. Wir hatten Vertretung und haben so gut sie nichts gemacht."
"Mhm." Eine Weile sagte niemand etwas.
"Wie läuft es eigentlich mit dir und Mila?" Ich wackelte mit den Augenbrauen.
Er wurde rot und fuhr sich verlegen durch die gold braunen Haare.
"Mensch, Lucy." Brummte er und ich lachte kurz.

Abends setzte ich mich mit Chips und Netflix auf mein Bett und schaute mich durch einige Serien.
Schlafen konnte ich ja sowieso nicht.
In Ace's Zimmer brannte kein Licht, die Jalousinen waren nur zur Hälfte heruntergelassen.
Vor ein paar Stunden hatte ich ihn über SMS gefragt, ob er krank war und wie es ihm ging, jedoch hatte er mir noch immer nicht geantwortet.
Bis spät in die Nacht hatte ich auf den leuchtenden Bildschirm geschaut und war erst als der Akku, des Laptops leer war schlafen gelegt.
Mit geschlossenen Augen zog ich mich um und kuschelte mich in die vorgewärmte Bettdecke.

Hoffentlich war alles gut.

•Moonnight•✅Unde poveștirile trăiesc. Descoperă acum