stiller Krieg

3.2K 161 6
                                    

Nervös versuchte ich vernünftige Sätze zu formen.
Thomas sah mich abschätzend an. Er erwartete scheinbar, dass meine Dämme brechen und ich ihm alles erzählen würde. Alles über den Mann, der mich meine eigenen Regeln brechen ließ. Den Mann der mir als einziger wahrhaft etwas bedeutete. Etwas, das man nicht in Worte ausdrücken konnte. Doch es dauerte nur Sekunden ehe ich meine Kühnheit, meine Ruhe, die ich so schätzte, wiedererlangte.
"Du hast recht", antwortete ich ihm trocken.
Sein abschätzender Blick wich der Verblüffung.
"Recht mit was?"
"Mit was immer du glaubst zu wissen."
Er verengte die Augen, wir fochten einen Krieg aus, den er unbedingt gewinnen wollte.
"Wer ist er?"
Ich lehnte mich in meinen Stuhl und verschränkte meine Arme, meine Abwehrhaltung ihm gegenüber deutlich machend.
"Tja, vielleicht kennt ihn ja dein Bruder.. ich werde mal gehen und ihn fragen."
Thomas machte Anstalten vom Tisch aufzustehen, doch ich schnellte vor und zog ihn auf seinen Sessel zurück.
"Bist du verrückt?!"
"Dann frage ich dich nochmal, wer ist er?"
Meine Nervosität wich der Ruhe und meine Ruhe wich in diesem Moment dem Hass.
"Du willst wissen wer er ist?" fragte ich ruhig, fast flüsternd.
"Ja.."
Aus seinen Augen funkelte die pure Neugierde.
Ich deutete ihm näher zu kommen.
So saßen wir beide über den Tisch gebeugt, unsere Köpfe nur einen Hauch voneinander entfernt.
"Na gut, dreh deinen Kopf ein wenig nach links.. noch ein bisschen mehr.. Stopp.. der zweite Tisch links, am Stuhl in der Mitte."
"Der dicke Junge vom Nachbarstisch?"
Dieses kleine Fünkchen ernsthaftigkeit, dass kurzzeitig in seiner Frage steckte, ließ mich das erste Mal seit langem wieder ehrlich und aufrichtig lachen.
Ich glaubte sogar ein kurzes schmunzeln in Thomas' verärgertem Gesichtsausdruck zu erkennen.
"Jetzt im Ernst.. all die Anrufe und Ausflüge sind seit Tagen vorbei - was ist passiert?"
Ich zuckte desinteressiert mit den Schultern "hab ihm seine Schokolade weggefuttert."
"Nicht witzig.."
"Dann frag nicht nach Dingen die dich nichts angehen."
Er schnaubte genervt.
"Du kannst gerne mit meinem Bruder sprechen, aber nicht über mich. Solltest du es doch tun, ich versichere dir, ich werde einen Weg finden mich da rauszuwinden und dann werde ich dich kastrieren für den Ärger den du mir eingebrockt hast."
Seine Körpersprache verrät mir, dass er bereit wäre eine Diskussion anzufangen. Doch mein Bruder kommt zurück an den Tisch und nur unsere Blicke fressen sich gegenseitig.

I'm Sebastian StanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt