Leidenschaft

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Sebastian hatte seinen Arm um mich gelegt und ich lag nach wir vor dicht an seiner Brust. Ich spürte wie sich sein Brustkorb hob und wieder sank, bei jedem Atemzug den er tätigte. Sein Herz klopfte stetig und ruhig im Rhythmus. Für nichts in der Welt würde ich diesen Moment aufgeben. Den Duft seiner Kleidung in der Nase, die wohlige Wärme die er ausstrahlte, sein Arm den er vorsichtig um meine Schulter gelegt hatte, nichts und niemand könnte mich jetzt dazu bringen aufzustehen. Jede Zelle meines Körpers kribbelte. Wann würde ich mir eingestehen was mein Herz schon längst wusste?
Wie könnte ich jemals nach Hause abreisen und diesen wundervollen Mann zurück lassen?
Bei dem Gedanken daran zuckte ich zusammen.
Sebastians Griff um meine Schulter festigte sich kurz "alles in Ordnung?".
"Jaja, alles gut"
Doch meine Gedanken drängten mich weiterhin in die Ecke und konfrontierten mich mit dem Unausweichlichem.

Der Film hätte ewig dauern können. Es hätte mir nichts ausgemacht den ganzen Tag mit Sebastian auf der Couch zu verbringen. Doch der Abspann lief und Sebastian löste sich langsam von mir, um das Licht anzuschalten.
"Hunger?"
Ich nickte eifrig "immer".
Es war ohnehin zu spät um rechtzeitig zum Abendessen ins Hotel zu kommen.
"Du kannst kochen?"
Von der Couch aus konnte ich direkt in die Küche und somit zu Sebastian sehen.
"Ich kann Lebensmittel in die Pfanne werfen und hoffen" rief er belustigt zurück "und du?".
"Bei mir scheitert es schon an der Pfanne, aber mit der Mikrowelle kenne ich mich aus".
Ich interessierte mich immer mehr für das essen, als für das zubereiten.  Außerdem war ich überzeugt davon, dass mir irgendwann ein Finger fehlen würde, wenn ich in der Küche Hand anlegte. Somit, ja ich bin eine Frau und nein, ich kann nicht kochen. Mein Boss, in der Firma in der ich arbeitete, bezeichnete Frauen die nicht kochen konnten immer als 'heiratsunfähig'. Bei dem Gedanken musste ich schmunzeln.
Feministen hätten sich vermutlich wahnsinnig über solche Äußerungen aufgeregt, doch in dieser Hinsicht bin ich schmerzbefreit.
Ich konnte die Pfanne bruzeln hören und der Geruch nach Fisch und Kartoffeln breitete sich in der gesamten Wohnung aus.
Mein Blick fiel auf Sebastians Handy, das vor mir auf dem Glastisch lag.
Ich nahm es an mich und entsperrte es. Niemals würde ich heimlich irgendwelche Nachrichten von jemandem lesen oder sein Handy durchstöbern und dennoch weckte sein Handy mein Interesse.
Ich verblieb auf dem Startbildschirm und betrachtete sein Hintergrundbild. Meine Augen wanderten zu den Apps die er auf dem Startbildschirm angereiht hatte.
"Du hast Instagram?" rief ich ihm zu.
Er deutete mir, dass er mich durch das bruzeln der Pfanne nicht hören konnte. Also wiederholte ich meine Frage und hielt sein Handy in die Höhe.
Sein entspannter Gesichtsausdruck verflog ruckartig, als er sein entsperrtes Handy in meiner Hand erblickte.
Jetzt wirkte er fahl, die Augen weit geöffnet, beinahe panisch.
Er versuchte seine plötzliche Nervosität zu unterdrücken und kam ins Wohnzimmer.
"Du hast mir gar nicht erzählt, dass du auf Instagram bist" ließ ich nochmals anmerken, während er auf dem Weg in meine Richtung war.
Seine Körperhaltung war angespannt und er wusste nicht so recht, wie er mir antworten sollte.
Sebastians plötzlicher Gemütsumschwung ließ mich neugierig werden und ich tippte auf das kleine App-Symbol.
Ich hörte wie er die Luft einsog und dann wirkte es fast, als würde er den Atem anhalten.
Mein Blick wanderte von Sebastian, zu seinem Handy und dann wieder zu ihm.
Was veranlasste ihn so zu reagieren?
Die App öffnete sich, jedoch kam ich nicht weit. Sebastian hatte sich zuletzt abgemeldet und jetzt benötigte ich sein Passwort.
Seine Gesichtszüge entspannten sich deutlich und ein kleines Lächeln huschte über seine Lippen.
"Das tut mir jetzt aber leid" er legte den Kopf schief und lächelte hinterlistig.
"Freu dich nicht zu früh. Ich bin gut im raten" entgegnete ich ihm fast ein wenig zu siegessicher.
"Dann rate mal wer dir jetzt dieses Handy abnimmt"
Er kam noch näher zu mir und blickte spielerisch auf mich hinab.
Seine Augen funkelten in wunderschönem Blau und er streckte seine Hand aus, um mir sein Handy wegzunehmen.
"Oh nein, Mister ichlegeWertaufmeinePrivatsphäre, ich bin noch nicht fertig damit"
Ich zog das Handy rechtzeitig weg und tippte ein paar Buchstaben, als hoffnungslosen Versuch, ein.
Falsches Passwort.
Ich tippte mir mit dem Finger auf die Lippen.
"Charmeur in Ausbildung?"
"Was?"
"Dein Passwort?"
"So jetzt reichts!"
Sebastian beugte sich über mich, entschlossen mir das Handy abzunehmen.
Ich bedeckte es mit beiden Händen und drückte es fest an meinen Oberkörper, dabei wie ein kleines Kind quietschend.
Im Versuch es aus meinem Griff zu lösen, ließ ich mich auf den Rücken fallen um es besser gegen Sebastian zu verteidigen. Dabei zog ich ihn mit mir und er musste sich auf die Couch knien um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
Wir wirkten wie Kinder, die sich um die Fernbedienung stritten.
Sebastian hielt sich über mir, seine Hand neben meinem Kopf abstützend, waren wir circa auf selber Höhe.
Als ich in seine großen blauen Augen blickte, hörte ich einen Moment auf zu zappeln. Sein Blick war durchdringend und vertrauensvoll.
Sebastian ruhte ebenfalls einen Moment lang. Sein wunderschönes markantes Gesicht war dicht über mir.
Ich blickte auf seine leicht geöffneten Lippen, während er seinen Kopf langsam in meine Richtung sinken ließ.
"Du bist furchtbar, weißt du das.." hauchte er kaum hörbar.
"Ich weiß.." flüsterte ich mit einem leichten Lächeln zurück.
Sebastian erwiderte mein Lächeln kurz und legte dann seine weichen Lippen mit ungeheurer Vorsicht auf meine. Ich schloss meine Augen und gab mich meinen Gefühlen für diesen wunderbaren Mann hin. Mein Körper zündete ein Feuerwerk. Sebastian wollte mich genau so sehr wie ich ihn wollte. All sein Innerstes, all sein Gefühl, glitt über seine Lippen, bis hin zu meinen. Der Moment wirkte wie die Ewigkeit und die Ewigkeit wäre für diesen Moment zu kurz.
Der Intensität dieses Kusses langsam nachgebend, weckte etwas anderes kurzzeitig meine Aufmerksamkeit.
Langsam und widerwillig löste ich mich von Sebastian.
"Riechst du das?" fragte ich und schnupperte in die Luft.
Sebastian sprang augenblicklich auf "verdammt, der Fisch!".

I'm Sebastian StanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt