Wahre Worte?

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Ich hatte mich die ganze Nacht unruhig im Bett hin und her gewälzt.
Seb wollte nicht aus meinen Gedanken verschwinden.
Niemals hatte ich jemand vergleichbaren getroffen. Er fing an meine Mauern einzureissen, die ich mir mühsam über die Jahre aufgebaut habe - Mauern die mich vor jeder Enttäuschung, vor jeder falschen Entscheidung beschützen sollten.
Nun fingen sie an zu bröckeln...
Doch letzte Zweifel blieben.
So sehr ich das Hochgefühl genoss wenn Seb in meiner Nähe war, so sehr hatte ich das Gefühl, dass er mir etwas verschwieg. Ich konnte es in seinem Blick erkennen, wenn wir anfingen über persönliche Dinge zu reden.
Doch ich wollte mich ihm nicht aufdrängen oder ihn zu etwas zwingen was er mir nun mal nicht sagen wollte.
Allerdings wollte ich auch nicht nur eine x-beliebige Nummer sein, die er, sobald ich abreiste wieder vergisst.
Denn ich wusste, ich könnte ihn nicht vergessen, wenn ich jetzt keinen Schlussstrich ziehe.

Die Sonne stieg langsam zwischen den endlosen Wolkenkratzern empor und die Luft begann drückend zu werden. Ohne viel geschlafen zu haben, raffte ich mich auf.
Eine kalte Dusche würde meinen müden Gliedern wieder auf die Sprünge helfen. Danach noch frühstücken und somit würde ich die Zeit bis Sebastian mich abholte totschlagen können.

Vor dem Hotel war so gut wie nichts los und ich konnte Sebastians schwarzen Audi schnell ausfindig machen.
Ich klammerte meine Hand um den Griff meiner Tasche und steuerte auf Sebastians Auto zu.
Trotz der getönten Scheiben konnte ich deutlich seine Silhouette am Fahrersitz erkennen. Er hatte eine schwarze Sonnenbrille auf und lehnte, die Hand seinen Kopf stützend, am Fensterrahmen.
Die Autotür war verschlossen, somit klopfte ich zweimal an die Scheibe um seine Aufmerksamkeit zu wecken.
Er wendete seinen Blick aus dem Fenster ab und öffnete mir. Bedächtig ließ ich mich auf den schwarzen und von der Sonne aufgeheizten Ledersitz sinken.
"Guten Morgen, Prinzessin"
Mein Herz zog sich zusammen bei seinen Worten.
"Hi" antwortete ich etwas müder als mir lieb war.
"So wie du dich anhörst warst du die Nacht wohl eher die Prinzessin auf der Erbse.."
Meine Augen verengten sich "Sehr witzig".
"Gibst du nur dumme Sprüche von dir oder fährst du auch mal los?"
Ich konnte das Feuer in seinen Augen sehen, bereit etwas zu erwidern. Doch er blickte mich nur an, drehte den Schlüssel im Zündschloss und startete, ohne seinen Blick von mir zu wenden.
Wir redeten die Fahrt über hauptsächlich über belangloses. Doch dies hielt uns nicht davon ab uns immer wieder gegenseitig zu necken und das schätzte ich sehr an ihm. Es ist schwer jemanden zu finden der mit dem eigenen Charakter mithalten kann. Das sage ich nicht aus Selbstliebe, nein, doch leider kenne ich genug Leute die mit den Begriffen wie 'Ironie' oder 'Sarkasmus' herzlich wenig anfangen.
Selbst meinen ehemaligen Fahrlehrer habe ich in die Flucht geschlagen.
Während der Fahrt meinte er ich wäre 'sarkastisch' und 'er stelle es sich schwierig vor mit mir verheiratet zu sein'.
Danke. Ich hatte sowieso nie vor zu heiraten...

Wir erreichten den Highway und Sebastian stieg aufs Gas. Der Audi reagierte sofort und zog mit aller Kraft an, uns in die Sitze drückend.
Mit Leichtigkeit überholten wir ein Auto nach dem anderen.
"Nimm das mal"
Seb reichte mir eine Landkarte.
"Was soll ich damit? Ich weiß nicht mal wie ich das richtig halten soll"
Er grinste verschmitzt und zeigte dann auf einen Punkt auf der Karte "da wollen wir hin".
"Verdammt, hast du kein Navi?"
"Kaputt"
Ich schlug mir mit der Hand auf die Stirn, in der Hoffnung mich verhört zu haben.
"Ich kann doch keine Landkarte lesen?!"
"Was bist du denn für ein Beifahrer?"
"Ich bin nur Dekoration.. mit dem Unterschied das Dekoration normalerweise schön ist"
Er stieg kurz vom Gaspedal, immer wieder zu mir blickend.
"He, Prinzessin. Sag sowas nicht. Du bist wunderschön und verdammt klug bist du auch. Lass dir von niemandem deinen Wert kleinreden - schon gar nicht von dir selbst. So jemand wie du wächst nicht auf Bäumen, ich hatte großes Glück dir über den Weg gelaufen zu sein. Und jetzt nimm die Karte und sag mir wo ich lang fahren muss"
Waren diese Worte tatsächlich aus seinem Mund gekommen? Denn letzten Satz hatte er so beiläufig erwähnt, als hätte nichts von all dem große Aufmerksamkeit verdient. Doch seine Worte hallten in mir.. immer und immer wieder.

I'm Sebastian StanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt