Kapitel 45 - Halbe Wahrheiten

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Die Eule klopfte nicht, als sie in mein Zimmer platzte und Emmet davon abhielt, mir zu erzählen, was passiert ist.

„Ich muss hier meinen Job machen, Junge", krächzte sie ihn an, als sie sich auf dem Bettende niederließ und dabei eine schwere Ledertasche auf die Bettdecke knallte. „Also verschwinde bitte für ein paar Minuten"

„Ich gehe Mona holen", flüsterte Emmet leise und als er die Tür leise hinter sich schloss, fühlte es sich an, als hätte er all die Wärme mitgenommen, die mich bis dahin erfüllt hatte.

„Ms. Lowburgh ist außer sich", sagte die Eule ein wenig leiser, als sie die Decke zurückschlug, um sich meine Wunden unter den Verbänden anzusehen. „Es ist eine Menge los wegen dir, Mädchen", ihr durchdringender Blick lag für einen Augenblick auf mir, bevor sie sich der Wunde knapp unterhalb meines Brustansatzes kümmerte.

„Was meinen Sie?", fragte ich leise und versuchte, nicht laut aufzuschreien, als sie die angeschwollene Stelle mit ihren weichen Federn abtastete.

„Die Sache mit Mr. Wallstone", die Eule verband die Wunde mit einem blitzblanken Verband neu. „Aber du wirst dich wohl kaum erinnern können". Sie legte den Kopf schief und strich mit ihrem Flügel über mein Gesicht.

„Was wissen Sie?", fragte ich.

„Ich weiß, dass du mit mehreren Knochenbrüchen, einer Platzwunde am Kopf und Wasser in der Lunge gefunden wurdest", sagte sie und legte eine Feder auf mein Handgelenk, um meinen Puls zu fühlen. „Und ich weiß, dass Ms. Lowburgh dir die Schuld in die Schuhe schieben will"

Es fühlte sich an, als ob mein Herz für einen Augenblick aussetzen würde. Ms. Lowburgh beschuldigte mich? Was hätte ich denn tun sollen? Ich wollte Luft holen, um mich zu verteidigen, aber dann rutsche mir das Herz in die Hose.

Ich konnte mich an nichts erinnern. Vielleicht hatte ich tatsächlich etwas getan.

„Für was will sie mich beschuldigen?", fragte ich also nur und hielt mich zurück, nicht laut los zu fluchen. Ich versuchte mich zu erinnern, aber in meinen Gedanken war ein Loch und ich hatte keine Ahnung, wie ich da rauskommen sollte. Und je mehr ich mich anstrengte, desto schlimmer wurden die Kopfschmerzen und ich ließ mich stöhnend in die Kissen fallen.

„Mr. Wallstone absichtlich geschadet zu haben", antwortete die Eule, deckte mich wieder zu und schloss ihre Tasche. „Aber mehr kann ich dir nicht sagen". Sie stieß sich vom Bett ab und steuerte auf das Fensterbrett zu.

Als sie nach draußen in den Garten flog, flüsterte sie: „Ich habe dir sowieso schon zu viel erzählt"

Ich hatte nicht wirklich Zeit, meine Gedanken zu ordnen. Ich sollte Jayden geschadet haben? Wie? Und wer hatte mir das angetan? Knochenbrüche, Platzwunde, Wasser in der Lunge? Das hörte sich nicht nach einer kleinen Auseinandersetzung an. Es hörte sich nach einem vorsätzlichen Mordversuch an.

Mona war bei mir, bevor ich überhaupt realisiert habe, dass es an der Tür geklopft hatte.

„Alice", schrie sie und fiel mir um den Hals. „O Gott, Alice". Ich drückte sie so sanft wie möglich weg und deutete auf die Verbände, die die Eule soeben angebracht hatte.

„Tut mir leid, Alice", schniefte Mona und setzte sich im Schneidersitz vor mich. „Also", sagte sie. „Was hast du da unten gesucht?"

„Wo?", fragte ich und setzte mich neugierig auf.

Mona neigte den Kopf und wiederholte. „Unten", dann fügte sie hinzu: „Am Strand".

„Ich habe nicht den geringsten Schimmer", seufzte ich und rutschte ein wenig auf die Seite, als sich Emmet zu uns setzte.

„Jayden ist im Krankenlager", sagte Emmet leise, als ob er fürchtete, wir könnten belauscht werden. „Er hat eine schlimme Brandverletzung"

„Hat er sich selbst angezündet? Oder hat jetzt auch der Rest seines Elementes bemerkt, dass er unausstehlich ist?"

Beim kläglichen Versuch, zu lachen pochte die Wunde an meiner Brust leicht und ich verzog kaum merklich das Gesicht.

„Das ist nicht lustig, Alice", zischte Mona und ihre Augen wechselten von einem mitfühlenden zu einem ernsten Ausdruck.

Emmet sah mich an, als ob er fürchten würde, dass ich bei seinen folgenden Worten den Verstand verlieren könnte. 

„Ms. Lowburgh denkt, dass du Ignis absichtlich auf ihn gehetzt hast"

„Was?!", rief ich und bereute es im nächsten Augenblick sofort. Mein Schädel brummte und ich kniff die Augen zusammen, als ob ich dadurch die Schmerzen lindern könnte.

„Er wurde in ihrem Gehege gefunden. Ignis war vollkommen aufgewühlt, ist in der Weiten Wüste herumgerannt und war kaum zu bändigen. Nicht einmal Rattington konnte sie beruhigen.", redete Emmet weiter. „Jayden hat Brandwunden überall oberhalb seines Brustansatzes"

Mein Atem stockte. Ignis hatte ihm das angetan? Und ich sollte sie dazu ermutigt haben? Niemals würde ich so etwas tun. Nein. Vor allem nicht, nachdem ich wusste, in welchem Verhältnis wir zueinanderstanden.

„Du warst vom Erdboden verschluckt. Wir haben dich gesucht. Überall.", in Monas Augen standen Tränen. „Alice, du warst zwei Tage lang weg. Einfach weg. Und dann haben sie dich gefunden und du warst fast..."

Sie schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen und Emmet strich ihr sanft über den Rücken.

„Ms. Lowburgh denkt ich wäre das gewesen?", ich schluckte schwer und sah dann Emmet an.

„Alice. Ich habe dich unglaublich lieb. Und ich würde alles für dich tun. Aber du musst uns die Wahrheit sagen: Hast du das wirklich getan?"

Er sah mich traurig an. Als ob er hoffen würde, dass ich nein sagen würde. Doch ich zuckte nur mit den Schultern.

„Ich kann mich an Nichts erinnern", flüsterte ich und sah auf meine Hände. Dann wieder zu meinen Freunden. „Aber ihr denkt doch nicht wirklich, dass ich zu so etwas..."

Mona und Emmet schüttelten im Einklang den Kopf.

„Aber in den Augen von Ms. Lowburgh – und all den anderen Lehrern – erscheint alles nur logisch. Du hast von deinem Bruder erfahren und warst wütend auf deine Mutter. Darüber hinaus hast du Jayden sowieso nie leiden können. Du hast Ignis auf ihn gehetzt, dann deine Tat aber bereut, weil du dachtest er wäre tot und bist dann verschwunden. Wegen den Schuldgefühlen. Aus Reue"

„Und dann soll ich mich selbst verprügelt und ertränkt haben? Wer glaubt denn sowas?"

Emmet und Mona sahen sich an.

„Alice", sagte Mona vorsichtig. „Es gibt einen Grund, warum du dich hier in deinem Zimmer erholen sollst, nicht im Krankenlager"

Emmet sah auf die Bettdecke hinab und griff nach meiner verletzten Hand.

„Niemand weiß, dass dir etwas zugestoßen ist"

„Und Ms. Lowburgh will, dass es so bleibt"

***

Hey

Hat wieder ewig gedauert und es sind gerade mal 1000 Wörter - ich hoffe trotzdem ihr fandet es gut.

Ich muss wohl verrückt sein, Donnerstagabend um 20:15 Uhr ein neues Kapitel hochzuladen.

Ich nehme ProSieben und Modelmama Heidi Klum ja noch die Zuschauer weg. 

Schönen Abend wünsche ich euch!

- newmoonanna

School of ElementsWhere stories live. Discover now