Kapitel 31 - Ein betrübender Besuch

3.5K 243 30
                                    

"Wer ist sie?", stellte Mona die offensichtlichste Frage.

Ich zuckte aber nur mit den Schultern, genauso wie Emmet, der sich in die Polster des edlen Sessels zurücklehnte und die Augen schloss. Das Lehrerkollegium hatte sein Zimmer vorübergehend gesperrt, da man offensichtlich nicht wusste, was genau geschehen ist. Also hatte er die letzten Nächte in einem Ersatzzimmer verbracht und tiefe Augenringe sprachen von der Schlaflosigkeit, die ihn plagte.

"Ich konnte es dir gestern nicht sagen, genauso wenig kann ich es dir heute sagen", seufzte er und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Cappuccino.

"Aber irgendjemand muss sie doch kennen!", rief Mona und warf verzweifelt die Hände in die Luft. "Sie kann doch nicht aus heiterem Himmel fallen und niemand weiß, wer sie ist"

Emmet und ich lachten über ihr Wortspiel, doch Monas Mine blieb todernst.

"Mona", Emmet beugte sich vor und sah sie an. "Du hast doch gesehen, wie schlimm sie aussah. Wahrscheinlich hätte ich sie nicht einmal erkannt, wenn sie meine eigene Schwester gewesen wäre"

Ich nickte bekräftigend. "Ihre Wunden waren wirklich schlimm. Vor allem die am Kopf"

"Vielleicht war es ja deine Schwester, zischte Mona Emmet an, doch er lachte nur.

"Dann hätte sie wohl nicht ganz so helle Haut gehabt, nicht?", fragte er und schmunzelte.

"Ich würde zu gerne wissen, wie es ihr geht", murmelte ich und zog den kitschigen Weihnachtsaufdruck auf meiner leeren Teetasse nach. Aber sie lassen ja niemanden rein

Ich lehnte mich ebenfalls zurück.

"Also entweder, ihr geht es so beschissen, dass sie wirklich keinen Besuch verkraften kann, oder", sagte ich und ließ den letzten Teil des Satzes in der Luft hängen.

"Oder sie soll keinen Besuch bekommen", vollendete Emmet ihn und sprach damit genau meine Gedankengänge aus.

"Weil man sie erkennen würde", sagte Mona leise und sah auf.

"Weil man sie nicht erkennen soll"

"Weil sie nicht hier sein sollte"

-

"Ich wusste gar nicht, dass das Feuerimperium so nah an der Wasserstadt liegt", sagte ich, als wir den modernen Teil des Schulgebäudes durchquerten.

"Nur weil ihr auf Kriegspfad seid, heißt das nicht gleich, dass es für die gesamten Elemente gilt", belehrte Emmet mich.

"Naja Feuer und Wasser", überlegte Mona und sah zu Emmet auf, der schnellen Schrittes neben ihr lief.

"Darum geht es jetzt nicht", murmelte er und lief noch einen Schritt schneller.

"Du glaubst ja wohl nicht wirklich, dass sie gar niemanden da rein lassen, aber Jayden schon, oder wie?", fragte ich spöttisch. Aber Emmets Gedankengang war gar nicht mal so schlecht gewesen. Immerhin war Jayden derjenige gewesen, der Mr. Wax zum Krankenlager begleitet hat, derjenige, der Erste-Hilfe geleistet hatte.

"Einen Versuch ist es wert", sagte Mona und zuckte die Schultern.

"Na schön", seufzte ich und wir liefen Emmet hinterher, der als einziger wusste, wie es zum Imperium des Feuers ging. Es war nicht so weit wie zum Höhlendorf oder zu den Windwolken, aber wir liefen einige Zeit stumm nebeneinander her, jeder in Gedanken versunken.

Wir kamen in einen Teil des Gebäudes, wo die Wände nur grob bearbeitet worden sind, gerade so, als ob man sie aus Fels geschlagen hätte. Sie waren rau und die höhlenartigen Gänge waren hoch und eindrucksvoll. Man merkte ganz genau, wie es immer und immer schneller wärmer und stickiger wurde. Die Fackeln an den Wänden vermehrten sich, je weiter man zu dem steinernen Tor mit den eingemeißelten Flammen kam, gerade als ob sie uns warnen wollten. Und als Emmet unter einem Ächzen das gewaltige Tor aufstemmte war es mir, als wäre es besser gewesen, wenn wir tatsächlich umgekehrt wären.

School of ElementsWhere stories live. Discover now