Kapitel 34 - Zeit zu sterben

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Ich drehte mich um. Langsam, doch es konnte mir nicht schnell genug gehen.

Emmet stand noch da, er ließ gerade die Arme sinken und die heftigen, lauten Winde verschwanden. Auf einmal war es mucksmäuschenstill. Und ich wusste nicht, was ich sagen sollte, was ich denken sollte. Ich war sprachlos. Und das kam wirklich nicht oft vor.

Mona ging es da aber ganz anders und sie löste sich augenblicklich aus meiner Umklammerung und rauschte Emmet entgegen.

„WIE KONNTEST DU NUR?!", schrie sie wütend und Emmet erntete eine saftige Backpfeife. Ich hätte eine Menge erwartet. Ich hätte erwartet, dass Emmet weggehen würde, dass er in Tränen ausbrechen würde, vielleicht sogar, dass er seinen Mordversuch erneut startete. Aber Emmet tat nichts, er ließ Monas Geschrei über sich ergehen, mied meinen Blick und sah zu Boden.

Nach einer geraumen Ewigkeit, in der Mona Emmet auf verschiedene Weisen beschimpft hatte und ihn angebrüllt hatte, bis ihre Stimme heiser war, zog ich sie zu mir zurück und zwang dann Emmet, mich anzusehen.

„Warum?", fragte ich ihn und ich hoffte, dass mein Blick ihm zeigte, was ich ihm gerade mit Worten nicht mitteilen konnte. Angst, Ärger, Wut. Enttäuschung. Eine riesengroße Enttäuschung.

„Es tut mir leid", sagte er leise, kam dann ein paar Schritte auf uns zu. Mona und ich wichen beinahe gleichzeitig zurück, als er an uns vorbei zum Abgrund lief.

„Kommt", sagte er, kaum lauter als zuvor.

Mona lachte hysterisch. „Wie wäre es mit NEIN DU VERRÜCKTER?!"

„Bitte", sagte er erneut. „Vertraut mir"

„VERTRAUT MIR?!", schrie Mona ihn an. „Das kann ja wohl nicht dein ERNST SEIN!"

„Bitte", wiederholte Emmet und seine unsagbare Geduld war es, die mich schließlich dazu verleitete, ein paar Schritte auf ihn zu zumachen. Jedenfalls so weit, dass ich hinunterblicken konnte.

Mona stand zwar noch weit hinter mir, die Arme verschränkt und mir entsetzte Gesichtsausdrücke zuwerfend, die mich verurteilten, dem Wahnsinnigen Folge zu leisten. Bist du lebensmüde?! las ich aus ihrem Gesichtsausdruck.

„Wo hast du nochmal gemeint, wo Ms. Sylva lag?", fragte Emmet mich ruhig und sah hinunter in den Abgrund.

Ich atmete langsam ein und aus und deutete schließlich auf eine Stelle zwischen zwei Felsen, die aufgrund des aufgebrachten Meeres heute von Wasser umspült wurde.

Emmet nickte.

„Siehst du die Stelle?", fragte er und ich musste ein paar Schritte nähertreten, um zu sehen, was er meinte. Und ich kannte die Stelle sehr wohl. Es war dort, wo ich vor wenigen Minuten fast mein Leben verloren hätte. Dank ihm.

Also antwortete ich nichts und warf ihm nur einen gehässigen Blick zu. Das war ihm Antwort genug.

„Schau doch. Zwischen den beiden Stellen liegen bestimmt zehn Meter. Wenn nicht sogar mehr. Wenn die Theorie des Mordfalls stimmen sollte, dann wurde sie definitiv nicht hier heruntergestoßen. Sie lag dafür viel zu weit weg"

Mein Hirn brauchte ein wenig, um die Informationen zu verarbeiten. Und dann noch eine Minute, um zu kapieren, was das mit seiner Mordaktion eben zu tun hatte. Ich öffnete ungläubig meinen Mund, schloss ihn wieder und schüttelte den Kopf.

„Das meinst du nicht wirklich ernst", flüsterte Mona und sie war auf einmal komplett ruhig. Sie trat neben mich und sah Emmet entsetzt an. „Deswegen hast du uns fast umgebracht?"

Ich war genauso sprachlos, wie meine beste Freundin. Seine Idee war genial, doch den Preis, den er dafür bezahlt hatte war zu groß.

„Emmet", flüsterte ich und schluckte. „Du hättest uns umbringen können"

Er sah bedrückt zu Boden und zuckte mit den Schultern. „Es tut mir ja leid", flüsterte er, kaum hörbar.

„Nein. Nein, Entschuldigung nicht angenommen", sagte ich mit fester Stimme. Mona nickte bekräftigend. „Für sowas kann man sich nicht entschuldigen", sagte sie entschieden. „Warum überhaupt uns beide?"

Emmet zuckte mit den Schultern. „Naja...ich habe mir gedacht...Zwei Versuchsergebnisse sind eindeutiger als nur eins?"

Kaum hatte er es ausgesprochen, war ihm an seiner Mimik anzusehen, dass er bereute, es jemals ausgesprochen zu haben. Mona zog entsetzt die Luft ein, als sie seine taktlose Begründung hörte.

„Wenn ich nur eine von euch beiden da runtergestoßen hätte, hätte mich die, die noch oben gewesen wäre, mich aus Wut bestimmt gleich hinterhergeschubst. Und dann hätte ich wahrscheinlich keinen von uns beiden retten können"

„Na, dann war ja deine Tat fast heldenhaft", spottete Mona, zog mich mit sich und wir verschwanden in dem Wald, der nun jeglichen Reiz verloren hatte. 

***

Bevor ich es vergesse: Ein riesengroßes Dankeschön an Max, dem dieses Kapitel auch gewidmet ist. Er ist ein sehr guter Freund meinerseits und wahrscheinlich mein ambitioniertester Leser :D Die Idee für die Weiterführung nach dem Cliffhanger war seine und ich bin ihm wirklich unglaublich dankbar, denn jetzt passt alles PERFEKT!

Was den Rest meiner wunderbaren Leser betrifft: Ich hoffe, ihr seid mit der Storyline genauso zufrieden, wie ich. Ich hab es einfach nicht übers Herz gebracht, Emmet zu einem Bösewicht zu machen. 

War leider nicht ein ganz so langes Kapitel, nicht ganz so spannend, nicht ganz so viel Inhalt. Aber so ein Kapitel muss es eben auch mal geben!

Ein tolles Wochenende wünsche ich euch!

- newmoonanna

School of ElementsWhere stories live. Discover now