Kapitel 23

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Am nächsten morgen wache ich früh auf. Ich drehe mich nach links, um nach Luca zu schauen. Das zweite Bett steht näher an meinem, als gestern Abend, denke ich. Und dann bemerke ich, dass Luca's Hand mit meiner verschränkt ist. Ich lächle leicht. Seine Hand ist warm und weich. Ich lehne mich wieder zurück und genieße diesen Moment.

Auf einmal fangen die Vögel laut an zu zwitschern. Und in dem Moment wacht Luca auf.

„Guten Morgen", flüstere ich ihm zu.

„Morgen", murmelt er müde.

Plötzlich reißt er seine Augen auf.

„Kate!", ruft er und springt auf.

„Was ist passiert Luca?", frage ich panisch und lasse seine Hand los.

Hektisch setze ich mich auf und weiß gar nicht, was ich machen soll.

Das letzte Mal, als Luca meinen Namen so gerufen hat, ist meine Kette verbrannt. Hektisch greife ich nach dem Amulett. Dieses Mal ist es nicht heiß. Es fühlt sich kaputt an. Wie zersplittertes Glas. Ich streife eine Glasscherbe und ziehe meine Hand sofort zurück. Autsch! Ich binde mir die Kette vorsichtig ab und betrachte sie näher. Luca kommt aufgeregt zu mir und setzt sich neben mich auf das Bett.

„Was ist das?", frage ich nachdenklich, mehr an mich als an Luca gewendet.

Ich habe mittlerweile damit aufgehört, zu denken, dass das ein normales Amulett ist. Denn ich weiß, dass es eine Aufgabe erfüllen muss. Welche weiß ich noch nicht, aber ich werde es herausfinden.

„Kate, deine Kette sieht zerbrochen aus. Was hast du damit gemacht?", fragt Luca erstaunt und beugt sich ein wenig nach vorne.

Schlagartig weicht er zurück.

„Luca was ist-"

„Kate, guck dir dein Amulett mal sehr genau an."

Ich tue, was Luca sagt und halte mir das Amulett direkt vor die Augen. Ich erkenne etwas kleines rotes. Ich blinzle verwirrt und schaue noch einmal genauer hin. Etwas kleines, rotes pocht unter dem Glas des Anhängers.

„Was ist das?", denke ich laut, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten.

„Halte mich jetzt nicht für durchgeknallt oder so, aber für mich sieht es aus, wie ein kleines, pochendes Herz", beantwortet Luca meine rhetorische Frage.

Es ist so ruhig, dass ich Lucas und mein Herz schlagen höre. Aber vielleicht ist es auch das kleine, blinkende Ding in dem Amulett.

Knack....Knack...Knack....

Die Kette knackt. Langsam wird mir das Ganze ein bisschen unheimlich. Luca sitzt wie ein Stein neben mir und rührt sich nicht. Ich kann dieses Ding nicht mehr länger in meinen Händen halten, aus Angst, es könnte explodieren oder so etwas.

Also drücke ich mich von dem Bett hoch, was ich jedoch sofort bereue, da mein verletzter Arm auf der Stelle einknickt.

„Ah, verdammt", fluche ich und verziehe das Gesicht, während Luca mir vorsichtig hoch hilf.

Ich schaffe es dann doch aufzustehen und lege das Amulett auf den kalten Boden. Ich nehme einige Meter Sicherheitsabstand und beobachte angespannt, was passiert. Luca stellt sich neben mich und stößt dabei gegen meinen verletzten Arm. Ich stoße ein „Aua" aus und er entschuldigt sich sofort und stellt sich auf die andere Seite.

Meine Augen sind nun nur auf die Kette gerichtet. Es knackt noch einmal und die Kette reißt weiter ein. Dann fällt ein Stück ab und zersplittert auf dem Boden. Mein Herz klopft schneller. Am liebsten würde ich mein Zimmer sofort verlassen. Ich kann mich aber nicht bewegen. Ich starre wie gebannt auf die auseinander fallende Kette.

Dann quetscht sich etwas kleines Echsen artiges durch die Kette. Ich verziehe mein Gesicht, denn es ist mit Schleim umhüllt. Nun fallen auch die Letzten Stücke der Kette ab und das Ding ist vollständig erkennbar.

Was ist das?, denke ich und Luca spricht es aus.

„Was ist das?"

„Ich weiß es nicht, aber es macht mir Angst", antworte ich kleinlaut.

Das Ding kriecht von dem Scherbenhaufen und direkt auf mich zu. Ich gehe einen Schritt zurück. Es erinnert mich an einen Drachen. Einen kleinen Drachen. Einen aus den Geschichten, die meine Mama mir und Rose früher immer vorgelesen hat. Es kommt immer weiter auf mich zu und ich gehe immer weiter weg, bis ans ende des Zimmers. Ich dränge mich so nah, wie möglich an die kalte Wand. Ich bekomme Gänsehaut.

„Kate", sagt Luca aufgeregt.

„Was ist? Warum hilfst du mir nicht?"

„Damit wirst du zur Erde kommen. Es ist ein Drache. Einer, der sogar gegen die Schwerkraft ankommt", erklärt er mir.

„Was?"

Will der mich verarschen?

„Das ist dein Drache. Galacsya hat ihn dir geschickt."

„Also ist er nicht gefährlich?", frage ich.

„Nein. Er ist zahm." „Denke ich", fügt er noch hinzu.

Ich atme erleichtert auf und knie mich zu der kleinen Echse hinunter.

Ich betrachte ihn ein bisschen genauer. Er ist schwarz. Tief schwarz, wie die Nacht. Die glänzenden Schuppen spiegeln ein bisschen Sonnenlicht. Seine roten Augen funkeln mich an, wie zwei reine Rubine. Zwei kleine Hörner verzieren seinen ebenfalls winzigen Kopf. An seinem Schwanz sind, kaum deutlich, kleine Stacheln zu erkennen. Sie sind so spitz, wie Nadeln.

„Und wie soll dieses kleine Tier mich bitte tragen?", lache ich. „Er ist ungefähr 10 Meter kleiner als ich", übertreibe ich sarkastisch.

„Ich habe die Vermutung, dass er ein Akarat ist. Akaraten wachsen innerhalb kurzer Zeit nachdem sie geschlüpft sind zu einem ausgewachsenen Drachen heran. Ich bin mir aber nicht sicher, denn andere Arten wachsen auch sehr schnell, also hat es nichts zu bedeuten."

„Woher weißt du das?"

„Ich lese gerne", stottert er und starrt immer noch den kleinen Drachen an. „Ich habe darüber viele Bücher gelesen."

„Ah, okay. Weißt du dann vielleicht auch, warum ich ausgerechnet einen Drachen bekommen habe? Ich meine es hätte doch genauso gut ein fliegendes Pferd sein können."

„Die Seelen können kein Feuer ab. Egal wie klein der Funke ist, den sie abbekommen, sie verbrennen."

„Okay, dass ist interessant", sage ich und runzle die Stirn.

„Aber vielleicht gibt es auch Feuer speiende Einhörner, die fliegen können", kontere ich.

„Du solltest dich gut um das Wesen kümmern", rät mir Luca. „Ich muss jetzt leider gehen, aber ich gucke heute Abend noch einmal bei dir vorbei."

„Bis nachher."

Luca steht auf und verlässt das Zelt. Ich schaffe das schon, denke ich.

Ich gehöre ab jetzt zu dir. Ich bin dein und werde dich beschützen, höre ich auf einmal und ich bekomme Gänsehaut.

Was war das? Hier im Zelt ist sonst niemand außer mir. Ich bin alleine, mit dem Drachen. Aber, der Drache kann nicht reden, also muss ich mir das nur eingebildet haben, rede ich mir ein.

Ich schaue noch einmal zu dem Drachen und lege dann meine Hand auf den kalten Boden. Sie zittern ein bisschen. Ich vertraue diesem Wesen noch nicht zu hundert Prozent.

Es hat meine Geste wohl verstanden und krabbelt flink und kaum hörbar auf meine Hand. Als es seine erste Hand auf meine Hand setzt, spüre ich die kleinen, spitzen Krallen, wie sie sich in meine Haut bohren. Es tut nicht weh, fühlt sich nur ein bisschen komisch an. Es kribbelt leicht. Als das Tier sich auf meinen Händen platziert hat, rollt es sich zusammen und schließt seine Augen. Anscheinend fühlt es sich ziemlich wohl. Ich spüre sein regelmäßig pumpendes Herz.

Ich stehe vorsichtig auf und verlasse das Krankenzimmer. Zu meiner Überraschung ist es noch hell. Ich gehe schnell über die Abkürzung, die Wiese, zu meinem Zimmer. Als ich fast da bin, kommt mir ein Gedanke in den Kopf. Abrupt bleibe ich stehen und laufe schnurstracks zur Bibliothek. Luca meinte, er hat viele Bücher über Drachen gelesen, also könnte ich mich vielleicht in der Bibliothek ein bisschen schlau machen.

Die ElementehüterinWhere stories live. Discover now