Kapitel 18

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„Kate?"

Ich blinzle mit den Augen, doch ich kann nichts sehen. Die tiefe Schwärze vor meinen Augen will einfach nicht verschwinden. Das Einzige, was ich vorerst höre, ist das Vogelgezwitscher. Dann erhellen sich meine Augen und ich kann die Umrisse von zwei Personen erkennen. Als mein Bild schärfer wird, kann ich Luca ausmachen. Neben ihm steht eine Frau, die ich jedoch noch nie gesehen habe. Sie ist klein, hat kurze, braune Haare und trägt ein weißes Kleid, das sie an der Taille mit einer schwarzen Schleife verschönert hat. Sie guckt mich besorgt an. Auch Lucas Gesichtsausdruck strahlt nicht wirklich Freude aus.

„Wo, wo bin ich?" frage ich, ohne eine wirkliche Orientierung.

„Kate, geht es dir gut?" fragt Luca aufgewühlt und ignoriert meine Frage.

„Ich wollte keine Gegenfrage", flüstere ich, da ich mich sehr schwach fühle und meine Stimme nicht ganz heben kann.

„Du bist auf der Krankenstation", antwortet die kleine Frau sachlich, von der ich vermute, dass sie eine Krankenpflegerin ist.

„Was ist passiert?", frage ich noch leiser als eben und schließe für einen kurzen Moment meine Augen.

„Du hast starkes Fieber. Die Ursache deiner Verletzungen habe ich noch nicht herausfinden können, da dieser Junge Mann hier-", sie deutet auf Luca „Es mir nicht erzählen will", fährt sie fort und verschränkt ihre Arme vor der Brust.

Ich muss leicht grinsen. Luca bemerkt dies und bittet die Krankenpflegerin, uns ein wenig alleine zu lassen. Kurze Zeit später verlässt sie, irgendwas vor sich hin schwafelnd, mein Krankenzimmer.

Ich gucke Luca ernst an.

„Luca, was ist passiert. Ich habe einen totalen Filmriss. Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Bitte sag mir die Wahrheit."

Er wartet kurz, bevor er mir antwortet, so, als müsste er sich genau überlegen, was er zu mir sagt.

„Du hast dich vorgestern Nachmittag komisch verhalten Plötzlich bist du geschwankt und konntest dich kaum noch auf deinen Beinen halten. Du bist in Richtung Wald gelaufen und hast dich dort an einen Felsen neben dem Wasserfall gelehnt. Ich bin dir gefolgt, weil ich sicher gehen wollte, dass dir nichts passiert", er atmet einmal tief durch und fährt dann fort „Irgendwann hast du angefangen zu schreien und hast dir die Ohren zugehalten, als ob du irgendwas hören würdest, dass dir dein Gehör zerfetzt. Deine Augen haben sich in alle Richtungen verdreht und du bist gestolpert. Du bist auf den Boden gefallen und hast dir deine Stirn aufgeschlagen. Ich bin zu dir gerannt und habe dir hoch geholfen. Dann hast du mich geschlagen und bist zurück in den Wald gerannt. Dort hast du dich in einen Bach mehrmals übergeben und bist dann in Ohnmacht gefallen. Dann habe ich dich auf die Krankenstation gebracht, weil du dich nicht mehr bewegt hast. Hier hast du dann fast zwei Tage lang geschlafen. Heute morgen bin ich hierher gekommen, um zu gucken, wie es dir geht, da hast du im Schlaf geredet", er lächelt leicht „Du hast von mir geredet-"

„Was habe ich gesagt?", frage ich ein bisschen peinlich berührt.

„Ist jetzt erst einmal egal. Als du Aufgewacht bist, dass hast du ja dann alles mitbekommen", meint er und atmet aus.

„Danke", sage ich leise und greife sanft nach seiner Hand.

„Wofür?", fragt er und wirft einen Blick auf unsere verschränkten Finger.

„Dafür, dass du mir gefolgt bist", antworte ich schwach und lasse seine Hand wieder los.

„Ich würde es immer wieder tun. Ach und Kate, das auf deinem Arm solltest du lieber für dich behalten", flüstert er mir ins Ohr.

„Mach ich."

„Du solltest dich noch ein wenig ausruhen", rät Luca mir.

„Vielleicht hast du Recht", gähne ich und entspanne mich wieder ein wenig.

„Ich werde dich jetzt ein bisschen alleine lassen, wenn das für dich in Ordnung ist", meint er.

„Natürlich."

Er geht langsam auf die Tür meines Krankenzimmers zu, doch ich ändere meine Meinung. Ich finde es schön, wenn er in meiner Nähe ist.

„Luca, kannst du hier bleiben?"

„Auch das mache ich sehr gerne", zwinkert er mir zu und kommt zurück.

Er lächelt mich an, doch schlagartig verändert sich seine Miene.

„Kate, was ist mit deiner Kette passiert?"

„Wieso, was ist mit ihr? Moment, welche Kette?"

„Sie, sie leuchtet, sie brennt!", schreit er und wird hektischer.

Plötzlich bemerke ich eine starke Hitze an meinem Hals. Ich kann kaum noch atmen. Die Hitze zieht mir die Luft weg. Ich zucke. Mein Körper zuckt, als ob ich in eine Steckdose gefasst hätte. Er fühlt sich erschlafft und gelähmt an.

Avee stürmt in das Krankenzimmer.

„Kate! Nimm sofort das Amulett ab!", schreit sie und kniet sich neben Luca. „Nimm es ab!"

„Ich kann nicht, ich kann mich nicht bewegen. Ich kann mich nicht mehr bewegen", keuche ich.

Meine Stimme wird mich auch bald wieder verlassen.

Avee reißt mir das Amulett vom Hals und drückt es Luca in die Hand. Sie legt meinen Kopf in ihre Hand. Luca schmeißt das Amulett mit voller Wucht auf den Boden. Augenblicklich zerspringt es in tausend kleine Teile und das Zelt fängt Feuer.

„Luca, kümmere du dich um Kate. Ich hole Hilfe!", ruft Avee und rennt aus dem Zelt.

Luca stürmt zu mir und hilft mir hoch. Die Lähmung hat sich gelegt und ich kann mich wieder bewegen. Luca und ich wollen gerade aus dem Zelt laufen, da steigt eine Gestalt aus dem Feuer empor. Sie ähnelt einer Frau. Einer brennenden Frau. Dann fängt sie plötzlich an zu sprechen.

Die ElementehüterinWhere stories live. Discover now