Kapitel 67

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Ich stelle mich fest auf den Boden und balle meine Hände zu Fäusten. Die Elemente machen sich in meinem Körper bemerkbar. Der Wind weht durch meine Haare, die Erde, das Wasser und das Feuer. Es brennt innerlich in mir. Ich muss sie nun verbinden. Ich muss eine gedankliche Verbindung der Elemente schaffen und diese auf Aderiela übertragen.

Wasser lebt die Erde. Erde wird vom Wind geleitet. Und Wind entzündet Feuer.

Die Elemente sind alle miteinander aufgrund ihrer Eigenschaften miteinander verbunden. Ich spüre Energie in meinem Körper. Sehr starke Energie.

Ich habe es geschafft. Ich habe eine Verbindung hergestellt. Ich atme tief durch und mache mich bereit.

„Im Wasser sie wird schwimmen,

Auf Blumen sie wird liegen,

Mit dem Winde sie wird fliegen,

Und im Feuer sie wird brennen", rufe ich in den Himmel hinauf.

Erschrocken guckt Galacsya mich an, als ich die Worte ausgesprochen habe. Sie will mit einem Messer auf mich zu laufen, doch sie wird von meiner Energie zurückgestoßen.

Ich starre gebannt auf meine Hände, die sich blau verfärben, wie die Herzen der Seelen und die Augen von Galacsya. Sie leuchten immer heller, bis kleine blaue Funken aus meiner Handinnenfläche schießen. Die Teilchen fliegen geradewegs auf Galacsya zu und umhüllen sie wie ein Ball.

Sie guckt mich erschrocken an und versucht vergeblich auf die Energie einzuhauen. Immer, wenn ihre Fäuste die Energiewand berühren, schießen kleine Blitze heraus und verpuffen dann in der Luft.

Dann durchfährt Luft meine Hände. Der Windstoß, der nun in meinen Händen entsteht, umhüllt die blaue Energiekugel und lässt sie in die Luft schweben. Meine Gegnerin ist nun in dem Ball gefangen und schwebt einige Zentimeter über dem Boden.

Sie zappelt immer heftiger und hysterischer herum, doch ich bin zu stark, sie kommt nicht gegen mich an.

Als nächstes wachsen aus der Erde dicke, grüne Pflanzen, an denen sich nach und nach riesige Dornen bilden. Sie durchstechen die bläuliche Wand der Kugel. Sie schlängeln sich an der Energie hoch und legen sich um Galacsyas Hals. Sie fängt an zu schreien, doch ihr Schrei wird sofort von der Pflanze unterdrückt. Sie schnürt ihr die Kehle zu und sie fängt an zu würgen. Ihre Hände versuchen die Pflanze von sich zu entfernen, doch ruckartig zieht sie ihre Hand zurück, da sie direkt in einen Dornen gefasst hat.

Mein stärkstes Element rufe ich als letztes zu mir. Das Feuer. Ich konzentriere mich nun nur auf dieses Element. Gleich ist alles vorbei, denke ich glücklich. Wenn jetzt nichts dazwischen kommt.

Ich richte meine Hände geflext auf Galacsya. Ich spüre, wie die Flammen in meinem Körper hochsteigen. Meine Hände erhitzen sich und fangen kurze Zeit später an zu glühen. Ich sehe auf meinen Handrücken, wie rot meine Hände werden. Dann sprühen zuerst kleine und dann große Funken aus meiner Hand. Keine Sekunde später stehen meine Hände in Flammen. Sie schlängeln sich wie zuckende Schlangen um meine Hand. Erstaunt betrachte ich sie. Doch dann konzentriere ich mich wieder auf meine Aufgabe.

„So wie du mein Leben zerstört hast, werde ich nun deines zerstören", rufe ich Galacsya zu, die mittlerweile kaum noch Luft bekommt.

Sie droht zu ersticken.

Ich schleudere mit aller Kraft das Feuer auf sie und rufe „: Im Feuer sie wird brennen!"

Meine Worte hallen wieder.

Die Kugel wird von meinem Feuer umhüllt, wie meine Möbel damals in meinem Zimmer, kurz bevor ich gestorben bin.

Galacya bringt noch ein krächzendes Husten hervor. Die Kugel beginnt heftig zu qualmen. Und dann durchbricht das Feuer die Energiekugel mit einem zischenden Geräusch. Die Flammen schlängeln sich um Galacsyas Körper und um-tanzen diesen. Sie versucht noch irgendwas zu schreien und ich bilde mir kurze Zeit ein, dass sie „Luca!", geschrien hat, doch wie gesagt, ich habe es mir nur eingebildet. Denke ich.

Kurz darauf knickt ihr Kopf ab. Er hängt schlaff herunter. Ihre Augen sind weit aufgerissen. Ich lasse die Dornenpflanze noch einmal ihren Hals durchbohren, um sicherzugehen, dass sie wirklich tot ist. Als ich mir sicher bin, dass ich sie besiegt habe, lasse ich die Elemente frei und die Verbindung löst sich in Luft auf.

Galacsyas Körper fällt regungslos auf den Boden. Ich gehe erschöpft zu ihr und knie mich neben sie. Ihre Augen sind tiefschwarz und starren ins Nichts. Ihre Haare sind alle verbrannt, sowie der größte Teil ihrer Haut.

Mir kommt nur komisch vor, dass ihr Herz immer noch blau leuchtet. Ich kann diese Farbe nicht mehr ertragen, also ziehe ich mein Messer und ramme es ihr ins Herz. Es glüht einmal ganz hell auf und färbt sich dann tiefschwarz, so wie ihre Augen. Laute Schreie ertönen von der großen Wiese. Ich rapple mich auf und laufe schnell durch den Wald. Ich stolpere einmal über eine Leiche, die quer über einer Wurzel liegt. Ich verziehe wütend mein Gesicht, laufe dennoch weiter.

Ich habe das Ende des Waldes erreicht und verstecke mich hinter einem Baum, um von den Seelen nicht gesehen zu werden. Ich muss mich jedoch gar nicht verstecken, denn die Seelen fallen alle zu Boden. Einfach so. Sie legen ihre Hände auf ihre Herzen und verbrennen dann. Das Einzige, was von ihnen übrig bleibt, ist ein kleiner Haufen schwarze Asche. Sie sterben alle, weil ihre Göttin tot ist. Sie sind durch ihre Herzen miteinander verbunden und sterben, wenn sie stirbt. Als ich keine Seele mehr sehen kann, schlüpfe ich aus meinem Versteck und laufe auf die große Wiese. Völlig erschöpft lasse ich mich auf die Knie fallen und fange an zu weinen. Ich schlage mit den Fäusten auf den Boden ein und schreie so laut ich kann, um meine Wut loszuwerden. Ich habe den Kampf zwar gewonnen, habe aber alles verloren. Meine Freunde, meinen Vater, Luca. Alle sind tot. Ich bin die letzte Überlebende. Ich schaue mich auf dem Schlachtfeld um, das einst mal unsere Kampfwiese war. Jetzt liegen überall Leichen, Trümmer von Gebäuden und Waffen verstreut herum.

Neben mir entdecke ich große, blutige Fußspuren. Poseidon! Wo hatte er Luca hingebracht? Und wo ist Tokatos? Panisch drehe ich mich um und rufe Tokatos.

'Tokatos? Wo bist du?'

Ich warte, doch bekomme keine Antwort.

'Tokatos!', rufe ich erneut.

'Kate, es geht dir gut. Es ist- ich bin bei den Klippen', denkt er völlig aufgebracht.

'Ich bin gleich bei dir.'

Ich mache mich sofort auf den Weg zu den Klippen. Was könnte wohl passiert sein, dass Tokatos so verzweifelt geklungen hat?

Ich breche fast zusammen, als ich Tokatos sehe. Er liegt kurz vor dem Abgrund. Er atmet schwer. Ein Stich, oberhalb seines Herzens. Ich knie mich neben ihn und streichle behutsam seinen großen Kopf und breche erneut in Tränen aus. Sie tropfen direkt in das tiefe Loch, doch nichts passiert. Die Wunde schließt sich nicht und es hört auch nicht auf, zu bluten. Dann setzt jedoch sein Atem aus.

„Tokatos", stammle ich hysterisch.

Jetzt darf nicht auch noch Tokatos sterben. Nicht er. Ich lege meinen Kopf auf seinen kalten Bauch, schließe meine Augen und schlafe mit zittrigen Händen ein.

Mein Kopf hebt und senkt sich, als würde ich auf dem Bauch von jemandem liegen, der atmet. Ich reiße meine Augen auf und fange an zu weinen. Dieses Mal aber vor Freude.

'Toki, du lebst', weine ich erleichtert.

Er rappelt sich auf und setzt seine Kräftigen Füße auf den Boden. Ich springe auf und fälle ihm lächelnd um den warmen Hals.

'Danke, dass du mir das Leben gerettet hast', bedankt er sich.

'Toki, wo hat Poseidon Luca hingebracht?', denke ich nun etwas ernster.

'Er hatte irgendwas von einer Höhle gesagt.'

Die ElementehüterinWhere stories live. Discover now