Kapitel 37

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"Und du bist dir ganz sicher das du das willst?" Mein Freund sieht mich besorgt von der Seite an. Schweiß perlt von meiner Stirn und mir ist ein kleines bisschen Übel. Kein Wunder, ich bin furchtbar nervös. "Ja" antworte ich und sehe Jason fest in die Augen. Er nickt, nimmt meine Hand und zusammen betreten wir das noble Restaurant. Nachdem ich meine Mutter endlich wieder gefunden habe, hat sie mich und Jason zum Abendessen eingeladen damit wir uns besser kennenlernen. Ich kann es immer noch nicht wirklich glauben. Es gibt einiges was sie mir erklären muss. Kaum haben wir den entsprechenden Tisch erreicht wirft sich ein kleines Mädchen in meine Arme und ich muss wohl oder übel Jasons Hand loslassen. Es ist Mia. "Hallo du Kleine." sage ich und sie widerspricht mir sofort. "Ey ich bin nicht klein. Ich bin nämlich schon fünf schau." Sie zeigt mir stolz ihre volle Hand. "Na gut du großes Mädchen soll ich mich neben dich setzen?" Sie nickt begeistert und zieht mich an den entsprechenden Platz. Jason setzt sich neben mich. Erst jetzt fällt mir auf das meine Mutter nicht alleine hier ist. Neben ihr sitzt ein mir unbekannter Mann der mir freundlich zu lächelt als wir uns setzen. Ich versuche den winzigen Stich, der sich in meinem Inneren breit macht, zu ignorieren. Sie hat meinen Vater und mich verlassen und sich sofort wie es scheint eine neue Familie aufgebaut. "Amalia das ist mein Mann John und deine Schwester Mia kennst du ja sicherlich schon." Alle drei Lächeln mir zu und trotzdem komme ich mir irgendwie total fehl am Platz vor.

Als jeder sein Essen und sein Getränk bestellt hat, richtet sich die volle Aufmerksamkeit meiner Mutter auf mich. "Darf ich erfahren wer der Junge ist der neben dir sitzt?" fragt sie mich. "Das ist Jason. Er ist mein Freund." antworte ich und Jason gibt ihr die Hand. "Freut mich sie kennenzulernen. Ich liebe ihre Tochter wirklich sehr." sagt er was ihr ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. "Wie geht es Alex und deinem Vater eigentlich?" fragt sie weiter und da wird mir wieder bewusst wie wenig sie weiß. Sie weiß nichts von Alex Unfall und sie weiß noch weniger das mein Vater mich die letzten Jahre misshandelt hat. In diesem Moment wird mir erst bewusst das ich immer noch nicht den Grund kenne warum sie damals abgehauen ist. "Ähm also äh" stottere ich unbeholfen vor mich hin und die Frau vor mir schaut mich noch intensiver an. Als ich es endlich schaffe einen vernünftigen Satz herauszubringen, ist es nicht mehr als ein Hauch. "Mom können wir wann anders über die beiden reden?" Doch leider antwortet sie anders als ich gehofft habe. Sie fragt weiter. "Warum? Ist mit Alex etwas nicht in Ordnung?" Und mal wieder geht es nur um ihn. Gleich darf ich erzählen das einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben nicht mehr da ist. Alle werden entsetzt aufatmen und das gesagte versuchen zu begreifen. Doch keiner wird nachfragen wie mir es damit geht. Keiner wird mit einem innerlich kaputten Mädchen reden wollen.

Ich spüre einen Kloß in meinem Hals, als ich einen Schluck trinke und danach tief durch atme. Am liebsten würde ich weg laufen und mich den Tränen hingeben, welche ich verzweifelt versuche weg zu blinzeln. "Ich will das du mir jetzt auf der Stelle sagst was mit deinem Bruder ist!" Meine Mutter ist aufgestanden von ihrem Stuhl und steht jetzt genau vor mir. Ihre Augen funkeln mich wütend an und verunsichern mich so sehr das ich keinen einzigen Ton raus bekomme. Das einzige wozu ich noch imstande bin ist Jason hilfesuchend anzuschauen. "Ich glaube sie ist noch nicht bereit dazu es ihnen zu sagen." Er greift unter dem Tisch nach meiner Hand und verschränkt sie mit seiner. Er hat Recht. Ich bin alles andere als bereit, aber sie ist meine und damit auch Alex Mutter. Sie hat ein Recht darauf es zu erfahren. "Er ist tot Mom." "Was?" zitternd sucht sie Halt an der Tischkante. Sucht einen Schutz um die Bedeutung hinter den Worten nicht zu zulassen. "Er hatte einen Unfall. Er ist tot." hauche ich.

Plötzlich schlägt ihre Stimmung um. Sie ist nicht länger sauer, nein viel mehr wütend. "Du!" Sie zeigt auf mich. "Du hast nicht auf ihn aufgepasst! Du bist Schuld!" schreit sie hysterisch und dann lässt sie ihre Hand auf meine Wange nieder sausen.

Kaum habe ich die Tür hinter mir geschlossen sinke ich hinunter und lasse all die Tränen raus die ich versucht habe zu verdrängen. Ich glaube ich wurde selten so schlimm verletzt wie jetzt. Vielleicht weil diejenige die mir weh getan hat eine Person ist die ich liebe, obwohl sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht groß in meinem Leben vorkam. Wut durchzuckt meinen Körper als ich aufspringe, die Vase nehme die auf dem Tisch steht und sie mit all meiner Kraft auf den Boden schleudere. Sie zerbricht in tausend Teile und ich fühle mich befreit. Befreit von meiner unglaublichen Wut auf meine ach so tolle Mutter. Doch das währt nicht lange, denn als das Gefühl des Sieges verschwindet bleibt nur eine elendige Leere die mich in ein großes schwarzes Loch zieht. So kommt mir es zumindest vor. Der Schmerz in meiner Brust nimmt zu als ihre Worte in meinem Gedächtnis wiederhallen und gequält schluchze ich auf. Und wieder. Und wieder, so lange bis ich vor Erschöpfung auf meinem Bett zusammen breche und dort weinend zusammengerollt liegen bleibe. Mal wieder bin ich nahe der Verzweiflung und weiß dieses Mal wirklich keinen Ausweg mehr. Wie soll das bloß weiter gehen? Wie soll mein Leben weiter gehen? Ich kann das alles einfach nicht mehr. Zum Glück sieht Jason mich gerade nicht so. Nachdem mir meine Mutter eine Ohrfeige verpasst hat, sind sowohl ihr Mann als auch Jason aufgesprungen und haben sie von mir weg gezogen und wütend auf sie eingeredet. Die perfekte Möglichkeit um abzuhauen.

Mein Handy klingelt unentwegt und ich nehme es und schaue auf das Display. Clarissa. "Was willst du?" schluchze ich und bereue es überhaupt schon ran gegangen zu sein. "Ich wollte nur fragen wie es dir geht, konnte ja nicht wissen das du heute Oberzicke spielen musst." antwortet sie wütend was mir noch mehr Tränen in die Augen treibt. Jetzt ist sogar schon meine beste Freundin gegen mich. "Moment mal, du weinst!" stellt sie geschockt fest. Ich kann nichts dagegen tun das mir ein neues Schluchzen entweicht. "Oh mein Gott Amalia es tut mir leid was ich gerade gesagt-" Doch da habe ich schon aufgelegt und mein Handy ausgeschaltet. Danach ziehe ich Decke über mich in der Hoffnung das Jason mich so nicht findet.

Jasons Sicht

Als ich das Hotelzimmer betrete fällt mir zuerst die zerbrochene Vase auf dem Boden auf. Aber die ist gerade sowas von egal. Viel wichtiger ist es das ich mein Mädchen finde. Ich rufe ihren Namen doch ich bekomme keine Antwort. Nur ein lautes Schluchzen dringt aus dem Schlafzimmer und als ich es betrete zieht sich mein Herz vor Schmerz zusammen. Vorsichtig schlage ich die Decke zurück die sie über sich gezogen hat und ihre roten angeschwollenen Augen schauen mich an. Erneut schluchzt sie auf und vergräbt ihr Gesicht in ihren Händen. Nichts was ich sagen könnte, würde auch nur annähernd ausdrücken was dieser Anblick mit mir macht. Ich kann sie nicht so sehen. So hilflos. Sie ist alles für mich, alles was zählt. Wortlos lege ich mich neben sie und augenblicklich vergräbt sie ihr Gesicht an meiner Brust wo sie stumm weiter weint. Meine Arme schlingen sich wie von selbst um ihren zierlichen Körper. "Shh" flüstere ich und lasse die Tränen zu die über mein Gesicht laufen. Ich weine eigentlich nie und ich sollte stark für sie sein, doch manchmal nimmt mich das einfach viel zu sehr mit. Ich werde mir ihre Mutter morgen nochmal vor knöpfen, ihr Verhalten war unmöglich. Vorhin hat sie sich zwar unter Tränen entschuldigt, aber das soll sie ihrer Tochter selbst sagen und nicht mir. "Jason?" Ihre Stimme zittert fürchterlich. "Kannst du bitte gleich dableiben. Bitte." flüstert sie mit Tränen in den Augen. Ich nicke und ziehe sie näher an mich. Dann lösche ich das Licht und streiche mit meiner Hand beruhigend über ihren Rücken solange bis ihr Atem ruhig und gleichmäßig wird. Bei jeder Narbe die ich spüre erfasst mich wieder eine unglaubliche Wut auf ihren Vater und auf den Gürtel mit dem er sie geschlagen hat. Ich gebe mir selber das Versprechen das ich nicht zulassen werde das einer sie nochmal so körperlich zurichtet. "Ich werde immer für dich da sein Prinzessin."

Am nächsten Morgen ist es still in unserem Zimmer. Keiner sagt etwas und ich glaube wir werden heute auch keinen Ausflug mehr machen. Aber eine Sache muss dringend erledigt werden. "Amalia du solltest deine Mutter anrufen." Kaum habe ich das ausgesprochen schaut sie hoch von ihrem Koffer wo sie schon die ganze Zeit etwas um räumt. Die beiden müssen das klären, denn ich glaube wirklich das ihre Mutter ein guter Mensch ist und ihr das einfach zu viel gestern geworden ist. Ihre gerötete angeschwollene rechte Wange erinnert noch an diese Aktion. "Nein" murmelt sie nur und dreht sich wieder weg. "Hör mal deine Mutter ist nicht wie dein Vater. Du hast sie doch gerade erst gefunden du-" Wir werden von einem Handyklingeln unterbrochen. Ich schaue auf mein Display. Unbekannte Nummer. Das muss sie sein, denn ich habe ihr gestern noch schnell meine Nummer gesagt. "Hier" sage ich, nehme den Anruf an und reiche Amalia das Handy herüber.

Ja ich weiß das hat mal wieder eine Ewigkeit gedauert. Naja ich hoffe ihr freut euch trotzdem, ich finde das Kapitel ist irgendwie nicht so toll geworden. Ich versuche weiterhin an dieser Geschichte dran zu bleiben, auch wenn die Schule für mich jetzt erstmal Vorrang hat. Bis bald,

Eure starline20002

The fear in your eyes *Pausiert*Where stories live. Discover now