Kapitel 2

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Ja bei diesen Sachen hat mich das Leben ganz schön im Stich gelassen. Langsam mache ich mich auf den Weg nach Hause. Als ich an der Haustür stehe krame ich meinen Schlüssel hervor und schließe auf. Zum Glück ist mein Vater um diese Uhrzeit noch nicht zu Hause. Ich gehe hoch in mein Zimmer wo ich mein Zeug abstelle und den Erste Hilfe Kasten hervor hole. Ich verbinde zuerst meinen Arm. Das war noch einfach. Ich betrachte mein Gesicht  im Spiegel das von meinen schwarzem Haar umrandet ist. Nur eine Schürfwunde sonst nichts. Leider wird man sie sehen. Als ich zu guter letzt mein Top hoch ziehe erstarre ich. Mein ganzer Bauch ist grün und blau geschlagen. Erst von meinem Vater, dann von Luisa.

"AMALIA! WO BIST DU DU MISTSTÜCK?" Nicht schon wieder. Reicht es nicht einmal am Tag? Wieso muss mir so etwas passieren? Mein Vater entdeckt mich und kommt auf mich zu. "WO IST ALEX?" Ich erstarre. Das weiß er doch. "Er ist tot." sage ich leise und muss meine Tränen zurück halten. "Richtig erkannt. Und an wem liegt das? GENAU! AN DIR DU SCHLAMPE!" schreit er mich an. Was wieso an mir? Ich hab doch gar nichts gemacht.

Doch hast du.

Verschwinde.

Du hast ihn nicht gewarnt. Du hast ihn fahren lassen obwohl die Ampel rot war.

Stimmt. Sie war rot.

Siehst du.

Meine innere Stimme hat mal wieder Recht. Ich bin Schuld. Ich renne aus dem Raum. Aus dem Haus. Es ist schon dunkel aber das macht mir nichts. Hauptsache ich bin weg. Allerdings schwindet mein Hochmut und ein brennender Schmerz schießt mir die Wirbelsäule hoch. Ich befinde mich 2 Seitenstraßen von meinem Vater entfernt aber er wird mir nicht folgen. Schluchzend rutsche ich an einer Straßenlaterne hinunter. Sie ist das einzige was mir hilft mich zu orientieren. Aber mit dem Tränenschleier vor meinen Augen kann ich sowieso nichts sehen. Ich friere schließlich haben wir bereits Oktober und ich habe meine Jacke zu Hause liegen gelassen. Besser gesagt ich habe gar keine. Schützend lege ich meine Atme um meinen zitternden Körper. Ich bleibe hier. Das ist immer noch besser als zurück zu meinem Vater zu gehen. "Alex ich vermisse dich!" denke ich und lehne meinen Kopf gegen den kalten Straßenlaternenmast. Der Gedanke das er auf mich aufpasst beruhigt mich und schließe meine Augen.

"Hey hörst du mich?" Was will diese Stimme von mir? Ich habe sie noch nie gehört. Vielleicht bilde ich mir das ja ein. Du wirst schon verrückt Amalia! Doch anscheinend bin ich das ziemlich, denn die Stimme sagt erneut: "Kannst du mich hören?" Naja ein Versuch ist es wert auch wenn ich mir das wahrscheinlich wieder einbilde. Ich öffne meine Augen und schaue in das Gesicht von...ja von wem eigentlich? Ich zucke zurück. "Alles gut, ich tu dir nichts." Das fremde Mädchen sieht mich an. Mustert mich mit ihren blauen Augen. Ich schätze sie auf 23. Ihre blonden Haare fallen in Locken über ihre Schulter. "Du hast die ganze Nacht hier gesessen. Soll ich dich nach Hause bringen?" fragt sie und ich erstarre. "Nein bitte nicht nach Hause!" sage ich verzweifelt und da kommen auch schon die ersten Tränen. Ich will nicht mehr zurück dahin. Doch ich muss. Ich muss für immer bei meinem Vater bleiben und mich schlagen lassen. Sie hat es verstanden denn sie rudert sofort zurück. "Willst du mir erzählen was vorgefallen ist?" fragt sie mich. Soll ich? Was kann es schon schaden? Sie kennt mich ja gar nicht und ich konnte noch nie mit jemandem darüber reden. Diese Chance gibt es vielleicht nie wieder. Das mir ein Mensch zu hört. Ich beschließe sie zu ergreifen. "Mein Vater schlägt mich. Behandelt mich wie das letzte Stück Dreck seit mein Bruder gestorben ist. Das war vor 2 Jahren." bricht es aus mir heraus und ich lehne mein schluchzendes Gesicht an die Laterne. Alex warum bist du nicht mehr bei mir? Warum nur? Warum bist du gegangen? "Das tut mir leid. Kannst du mir die Wunden zeigen?" Ich schüttle den Kopf das geht nicht. Dann sieht sie wie ich aussehe, dann mag sie mich nicht mehr.

Wer hat gesagt das sie dich mag?

Ach halt du doch die Klappe!

Ganz bestimmt nicht.

"Bitte! Wir finden ganz sicher eine Lösung, aber ich kann dir nicht helfen wenn du mir nicht die Verletzungen zeigst." fleht sie mich an. Sie kennt mich kaum und macht sich Sorgen um mich. Ich ziehe mein Top hoch und zeige ihr meinen Rücken. Ich hatte ganz vergessen das mein Vater gestern auch auf ihm rum getrampelt ist. "Oh mein Gott. Das sieht gar nicht gut aus!" sagt sie entsetzt. Ich weine leise vor mich hin, während sie meinen Bauch mustert und mir danach wieder in die Augen schaut. "Wie heißt du?" "Amalia" schluchze ich leise. "Das ist ein schöner Name." sagt sie. Ja wirklich toll. Was nützt mir ein schöner Name wenn ich nichts mehr habe? Sie nimmt mich behutsam in den Arm. Bald muss ich wieder zurück zu meinem Vater. Allein dieser Gedanke lässt neue Tränen aufsteigen. "Ich versorge erstmal deine Wunden und dann sehen wir weiter ok?" Ich nicke auch wenn ich nicht weiß wie sie das tun will. Sie greift nach meinem Arm und zieht mich auf die Füße. "Meine Wohnung liegt hier gleich um die Ecke. Kommst du?"

The fear in your eyes *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt