Kapitel 12

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Benommen öffne ich meine Augen. Ich liege zu Hause bei mir im Bett. Liv sitzt auf meiner Bettkante und liest in einem Buch. Bestimmt irgendetwas für die Uni. Als sie bemerkt das ich wach bin legt sie es weg und schaut mich an. "Amalia ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht. Was ist denn passiert? Jason hat gesagt du bist gestürzt?" Er hat gelogen? Wieso hat er das gemacht? "Ja ich bin irgendwie im Treppenhaus hingefallen." Eine Lüge und das höre selbst ich heraus. Aber niemand soll die Wahrheit erfahren. Jason kennt sie als einziger und so soll es auch bleiben. Es tut so weh, aber ich weiß jetzt warum sie mir das angetan haben. Ich habe es verdient. Mein Bruder musste wegen mir sterben. Ich kann ja dann wohl mal diese Schmerzen ertragen oder? "Wenn du reden willst dann-" "Will ich aber nicht." Bedrückt schaut sie mich an, dann verlässt sie das Zimmer.

Du bleibst stark. Du schaust nicht nach ihnen und du hast keine Angst. Das versuche ich mir immer wieder ins Gedächtnis zu rufen als ich die Schule betrete. Alle schauen mich an. Jedes Augenpaar durchbohrt mich und ich höre ihr Gelächter wenn ich an ihnen vorbei gehe. Aber ich ich bleibe stark. Glaube ich zumindest. Ich meine es ist ja alles meine Schuld oder? Ich musste ja meinen Bruder umbringen? Kein Wunder das ich so verabscheuenswert bin.

Was redest du da bitte? Du hast Alex nicht umgebracht! Es war der andere Autofahrer!

Ach meinst du wirklich? Und wer wollte ihm unbedingt eine Überraschung machen? Wer hat dafür gesorgt das er ins Auto steigt um in den Park zu fahren? Es war doch sein Geburtstag. Ich wollte ihm nur eine Freude machen. Also ist es meine Schuld. Das ist doch klar.

Ok es entspricht nicht der Wahrheit. Alle hassen mich und ich habe Angst. Aber es wird sich nichts ändern, es wird nichts anders. Ich kann Morgen noch hier sitzen und es wird nicht besser. Liv hat genug von mir glaube ich. Verständlich. Ich bringe doch nur Probleme. Heute Abend soll niemand bei mir sein außer Alex. Also sitze ich jetzt hier neben seinem Grab und schaue einfach nur ins Leere. Ich will niemandem zur Last fallen, es wird nie jemand nach mir fragen. Wie es mir geht, warum ich so traurig bin. Das interessiert keinen, glaube ich. Alex will doch auch das ich zu ihm komme oder? Nein ich glaube nicht. Er ist doch sauer auf mich. Er liebt mich doch gar nicht mehr oder? Oder doch? Naja was ändert es schon?

Jetzt sitze ich wieder hier mit der Klinge in meinen Händen. Das Verlangen ist zu groß. Sie ist die einzige die mir hilft. Die mir meine Schmerzen nimmt. 3 Schnitt. 4 Schnitt. Wann hört das endlich auf? Niemals. Es klopft. "Amalia?" Mist! Schnell verstecke ich die Klinge, doch Zeit um meinen Arm zu verstecken habe ich nicht. Liv steht in der Tür. Ich halte meinen Arm nah an meinem Körper, so kann sie ihn gar nicht sehen. "Ähm ich gehe schon mal runter zum Abendessen." sage ich und Liv nickt wobei sie in einer Kiste rum wühlt. Ich verlasse das Badezimmer, aber etwas essen werde ich trotzdem nicht.

Vorsichtig wechsel ich den Verband von meiner Hand. Sie ist nur sehr stark geprellt und nicht gebrochen wie ich es vermutet hatte.

Liv und Jason reden über eine Party wo sie morgen hingehen werden. Sie freuen sich schon richtig drauf. Frau Cameron ist nicht da, wahrscheinlich ist sie noch bei der Arbeit. Sie macht oft Nachtschichten. Traurig schaue ich den Teller Suppe vor mir an. Ich habe noch nicht einmal einen Löffel gegessen, aber mir ist so schlecht. Kein Wunder das ich keinen Appetit habe. "Amalia wieso isst du nichts?" fragt Liv. "Ich habe keinen Hunger." sage ich als plötzlich mein Handy vibriert. Zitternd schaue ich auf die Nachricht die gerade gekommen ist.

Schlaf gut, denn Morgen gibt es Schläge.

Nicht schon wieder. Hastig wische ich mir über meine Gesicht um eine Träne weg zu machen die mir über mein Gesicht rollt und renne nach oben.

Mitten in der Nacht kommt jemand in mein Zimmer. Ich stelle mich schlafend, doch ich zittere am ganzen Körper. "Ich weiß das du wach bist." flüstert Jason und ich wende ihm mein von Tränen durchnässtes Gesicht zu. Spätestens jetzt wird er wieder gehen. Weil er einsieht das ich es nicht wert bin. "Hey was ist denn los?" fragt er leise als er bemerkt das ich weine. Ich bin so lächerlich.
Ich heule mir jeden Tag die Augen aus. "Ich bin müde kannst du jetzt gehen?" "Lüg mich nicht an bitte. Ich mach mir Sorgen um dich." sagt er verzweifelt und setzt sich neben mich. "Ich bin müde verstehst du das nicht? Ich bin krank und ich bin müde und ich bin hässlich. Wag es mir nicht zu sagen das ich hübsch bin, denn das bin ich nicht. Wag es nicht mir zu sagen das alles wieder gut wird, denn das stimmt nicht." schluchze ich leise. Morgen werden sie wieder auf mich los gehen. Dann beginnt der Alptraum von vorne. "Sieh mich an." sagt er und legt einen Finger unter mein Kinn damit ich ihn ansehen muss. Ich schaue ihn seine wunderschönen grauen Augen. Braun trifft Grau. Langsam beugt er sich vor und legt seine Lippen auf meine. Zuerst bin ich zu überrascht um überhaupt irgendwas zu tun, doch dann schlinge ich meine Arme um seinen Hals und kuschel mich an ihn. Unser Kuss schmeckt salzig von meinen Tränen, aber das macht mir nichts aus. Bei ihm fühle ich mich für einen kurzen Moment sicher. Nur das zählt. Er löst sich und streicht mir sanft eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. "Wieso redest du so von dir? Es stimmt nicht was du sagst." sagt er sanft. Wieso denkt er das? Alle anderen sagen das doch. Und was sollte der Kuss gerade? Was bedeutet er denn jetzt für uns? Ich habe keine Ahnung, aber jetzt ist nicht der Moment um es zu hinterfragen. Stattdessen schlafe ich in seinen Armen ein und hoffe das er nicht gehen wird. Es haben mich schon zu viele verlassen.

The fear in your eyes *Pausiert*Where stories live. Discover now