Kapitel 3

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Ich nicke abermals. Sprechen will ich jetzt nicht. Nach 5 Minuten sind wir an der Haustür. Ich streife meine Schuhe ab und folge ihr in ein Zimmer. Es ist in einem hellem Rosa gestrichen und vor mir steht ein weißes Bett. Das muss ihr Zimmer sein. "Setz dich. Ich bin gleich wieder da." sagt sie und ich setze mich auf die Bettkante. Meine Augen wandern suchend umher. Die Wohnung ist sehr groß. Wohnt sie hier wirklich alleine? Sie kommt wieder mit Arzneien und Verbandszeug und setzt sich neben mich. "So als erstes dein Gesicht." sagt sie und tupft mir die Wunde an meiner Wange vorsichtig ab. Danach nimmt sie den Verband ab von meinem Arm. "Du hast es nicht leicht was?" Tränen schleichen sich in meine Augenwinkel. "Hey nicht weinen. Das war nicht böse gemeint." sagt sie und streichelt meine Hand während sie meinen Arm säubert. "Wohnst du hier eigentlich alleine?" "Nein mein Bruder und meine Mutter wohnen auch hier. Meine Mutter ist aber eigentlich fast nie da. Sie und Jason sind erst letzte Woche zu mir gezogen." erklärt sie. Als sie meinen Rücken auch versorgt hat gibt sie mir etwas zum kühlen für meinen Bauch. "Wie heißt du eigentlich?" frage ich und werfe ihr einen verlegenen Blick zu. "Liv." antwortet sie und lächelt mich an. Ich kann es kaum glauben. Das ist ein echtes Lächeln! Sie meint es ernst. Ich erwidere es zaghaft. 

Liv hat Nudeln aufgekocht doch ich rühre sie nicht an. Heute war ich nicht in der Schule. Mein Vater wird ausrasten. Obwohl es interessiert ihn sowieso nicht was mit mir ist. "Amalia du musst etwas essen." Liv sieht mich bittend an, doch ich ignoriere sie. Mein Magen verweigert es mir. Meine Gedanken kreisen sich die ganze Zeit nur um ein Thema. Wo soll ich hin? Ich will nicht zurück zu meinem Vater. Mich durchläuft es kalt und ich fange an zu zittern. "Ich will nicht ins Heim." sage ich leise. Wohl eher zu mir als zu Liv. Aber was bleibt mir anderes übrig? Ich stehe auf. "Danke das du dich um mich gekümmert hast. Ich werde dann mal gehen." sage ich und senke meinen Blick nach unten auf den Fußboden. Ihr Leben ist perfekt, meins nicht. "Nein warte!" Sie springt auf von ihrem Stuhl und hält meinen Arm fest. "Du kannst doch hier bleiben. Wir haben noch ein Zimmer frei." sagt sie hastig und sieht mich flehend an. Soll ich wirklich? "Ich will keine Last sein." sage ich. "Das bist du doch nicht! Wirklich." Ich zögere. Zu meinem Vater gehe ich sowieso nicht zurück. Aber in ein Heim muss ich auf jeden Fall außer ich bleibe hier. "Okay ich bleibe wenn ich darf." sage ich schüchtern und sie nickt eifrig. "Klar darfst du."

Liv richtet oben ein Zimmer für mich her. Mir ist das wirklich unangenehm und ich überlege ob ich nicht lieber doch verschwinden soll als plötzlich die Haustür aufgeht. Ich erstarre. Was soll ich sagen wenn mich der Fremde sieht? Hi ich bin Amalia, werde von meinem Vater geschlagen und jeden Tag von meiner Klasse fertig gemacht. Gestern wäre ich fast erfroren aber deine Schwester hat mich gefunden. Deshalb bin ich jetzt hier. Selbst in meinen Ohren klingt das bescheuert. Der Unbekannte hechtet vorbei. Es ist ein Junge. Das muss Jason sein. Zum Glück hat er mich nicht gesehen. Aber irgendwann wird er es und dann stehe ich ziemlich dumm da.

Ist ja nichts neues.

Wie Recht sie mal wieder hat. Diese Stimme. Ich hasse sie aber manchmal ist sie sogar ganz schön nützlich. So wie jetzt. Sie hat Recht das ist doch  wirklich nichts neues. Jeden Tag stehe ich dumm da vor meiner Klasse. "Ich bin fertig, komm." Eine strahlende Liv zieht mich hinter sich her eine Treppe rauf. Dann bleibt sie vor einem Zimmer stehen, drückt die Klinke runter und schiebt mich rein. Es ist wundervoll. Das Zimmer ist komplett in weiß gestrichen. Ein wunderschönes Bett steht im Zimmer, ein Schreibtisch und ein Schrank. Ich falle Liv um den Hals. "Wieso hilfst du mir?" frage ich ernst. "Weil du es verdient hast. Weil du noch so viel vor dir hast. So viele Möglichkeiten." antwortet sie als plötzlich die Tür aufgeht. "Liv hast du mein-" Was auch immer er sagen wollte er bricht den Satz ab und sagt stattdessen: "Wer ist das?" Seine Augen schweifen verwirrt zwischen mir und Liv hin und her. "Ich erkläre es dir kurz draußen." sagt sie und schon sind die beiden verschwunden und ich bin allein. Schon wieder. Naja das ist auch nichts neues. 

Tja ich war schon immer etwas neugierig und jetzt sitze ich hier am Treppengeländer und belausche die beiden. "Jason ich habe sie heute auf der Straße gefunden. Sie saß die ganze Nacht da und hatte nicht mal eine Jacke an! Weißt du wie kalt es draußen zur Zeit ist?" In ihrer Stimme höre ich so etwas wie Vorwurf heraus. Jason schweigt lange bevor er sagt: "Woher hat sie die vielen Wunden?" "Ihr Vater misshandelt sie seit 2 Jahren." Du weißt nicht ganz die Wahrheit Liv. "Wie dem auch sei wir können nicht zu lassen das sie zu ihm zurück geht. Sie ist total verängstigt. Kann sie bitte bei uns bleiben Jason?"
"Was ist mit Mum?"
"Ich denke sie hat kein Problem damit. Hast du denn eins Bruderherz?"
"Nein" sagt er nur bevor er wieder auf dem Weg nach oben ist. Schnell gehe ich in mein neues Zimmer zurück und ich lasse mich auf das Bett fallen. Sieht so aus als würde ich hier bleiben. Wenigstens für einige Zeit.

The fear in your eyes *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt