Kapitel 30

3.3K 153 6
                                    

Jason hat gesagt das er dringend mit mir reden muss. Zwei Wochen ist der Ball nun her und jedes Mal wenn ich Liv begegne spüre ich einen Stich im Herzen. Sie macht sich Vorwürfe daran Schuld zu sein, das Jason und ich uns fast getrennt hätten und dementsprechend verhält sie sich auch. Jason hat gemeint ich soll sie am besten in Ruhe lassen, aber ich glaube das sie dringend etwas braucht was sie aufheitert. Da muss ich mir wohl noch etwas einfallen lassen.

Als ich in die Küche schlendere ist der Frühstückstisch bereits reichlich gedeckt. Jason hat mir sogar Spiegelei gemacht. "Na du Schlafmütze? Auch mal wach?" sagt er neckend und drückt mir im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange. Lächelnd folge ich ihm zum Tisch und setze mich neben ihn. Er schenkt mir Orangensaft ein und macht sich dann über ein Sandwich mit Salami her. Anscheinend kann unser Gespräch warten. Soll mir Recht sein, denn wir sind allein im Haus, obwohl heute Sonntag ist. Liv hat bei einer Freundin geschlafen und Frau Cameron ist schon wieder auf Arbeit. Himmel diese Frau hat wirklich immer was zu tun. Sie kann einem fast schon Leid tun, denn sie hat fast gar keine Zeit für sich, da sie sich in ihrer wenigen Freizeit um ihre Kinder kümmert.

"Also" fängt Jason an und ich schaue ihn aufmerksam an. Was jetzt wohl kommt? "Ich finde wir sollten noch mal ganz neu anfangen. Du solltest wissen das ich natürlich immer für dich da bin und Clarissa und die anderen auch. Aber ich würde es gut finden wenn du mit jemandem über deine Probleme sprichst Amalia." "Du meinst ich soll zu einem Therapeut?" frage ich etwas geschockt. Jason nickt und nimmt meine Hand. "Du musst nicht. Die Entscheidung liegt ganz bei dir. Nur ich finde das du endlich mit gewissen Sachen abschließen musst. Zum Beispiel die Sache mit deinem Vater. Dabei könnte dir ein Therapeut vielleicht besser helfen als ich." Ich nicke nachdenklich. "Ich kann es ja mal versuchen, allerdings kann ich noch nicht über alles reden." erwidere ich zögernd. "Das verlangt auch niemand von dir. Geh einfach mal hin und schau ob es dir was bringt. Ich hab auch schon einen Termin ausgemacht. Heute 15 Uhr. Also natürlich nur wenn du möchtest." sagt Jason verlegen. Er meint es wirklich nur gut. Ihm zuliebe kann ich es ja mal probieren, ich muss ja nicht gleich über Alex reden.
"Okay" antworte ich und er lächelt mich an. "Und jetzt küss mich." Das lässt er sich nicht zweimal sagen.

Ich hätte vieles erwartet, aber nicht das Dr. Tanner Therapeut ist, neben seinem Job im Krankenhaus und seinen Fernsehauftritten. Ein Vorteil hat es aber: Er kennt mich schon, weiß genau was alles in meiner Krankenakte steht und kann sich besser auf mich einlassen. "Also Amalia ich möchte dich bei deinen Terminen auf keinen Fall zu etwas drängen. Es liegt an dir zu entscheiden über was du sprechen willst und über was nicht. Ich werde versuchen dir alles in meiner Macht stehende zu tun, damit es dir besser geht." sagt er und bittet mich lächelnd darum mich auf einen der edlen Holzstühle zu setzen. Ich folge seiner Anweisung, danach ensteht für eine Weile eine Stille. Ich weiß nicht womit ich anfangen soll. Am Ende entscheide ich mich dafür über eine Person zu sprechen bei der es mir nicht ganz so schwer fällt über sie zu sprechen: Mum. 

"Sie müssen wissen das mein Vater nicht immer so war, wie er heute ist. Er hat meine Mum wirklich geliebt, das konnte man sehen. Mein Bruder" ich stocke und hole tief Luft. Mir fällt es sogar schwer ihn überhaupt zu erwähnen. "Mein Bruder hat mir erzählt das er ihr früher sogar jeden Tag einen Strauß Rosen geschenkt hat. Doch dann hat er angefangen zu trinken und hat angefangen sie zu schlagen. Kennen sie das Gefühl wenn sie jemanden helfen möchten, aber genau das nicht können? Wie oft saß ich vor diesem verschlossenen Zimmer und habe fürchterlich geweint, weil ich ihre schmerzerfüllten Schreie gehört habe und ihr nicht helfen konnte. Eines Tages ist sie dann abgehauen und nie wieder zurückgekehrt. Ich verstehe es ja warum sie das getan hat, aber ich verstehe nicht wie sie ihre beiden Kinder bei ihm zurücklassen konnte in der Gewissheit das er ihnen auch weh tuen wird. Ich verstehe es einfach nicht..." Meine Stimme bricht und Tränen laufen über meine Wangen die ich sofort versuche weg zu wischen. Ich will keine Schwäche zeigen, aber genau das bin ich doch: schwach. "Ich glaube es ist wichtig hier für heute erstmal aufzuhören. Du kannst nur in kleinen Schritten alles erzählen und verarbeiten. Wichtig ist jetzt erstmal die Tatsache: Auch wenn deine Mutter dich zurück gelassen hat, hat und liebt sie dich immer noch da bin ich mir ganz sicher. Versuch erstmal das zu erkennen, ehe wir uns ihre Gründe anschauen. Versuche zu verstehen wie sie sich in ihrer Situation gefühlt hat." erwidert Dr. Tanner und schreibt irgendetwas auf einen Zettel. "Deine Aufgabe bis zur nächsten Stunde ist es etwas positives zu finden. Irgendetwas positives was du mit deiner Mutter erlebt hast. Es kann alles sein, du glaubst gar nicht was für kleine positive Dinge schon etwas ändern können. Verstehst du?" Ich nicke. "Ok dann bis zum nächsten Mal." Er verabschiedet sich lächelnd. Ich bedanke mich, ziehe meine Jacke an und gehe aus dem Zimmer. 

Kaum bin ich um die Ecke gebogen laufe ich auch schon in jemanden rein. Das ist so typisch für mich. "Oh Entschuldigung das tut mir...Anna?" frage ich erstaunt und auch sie scheint mich wieder zu erkennen. "Oh Hi. Was machst du hier?" antwortet sie verwundert. "Ich nehme Therapiestunden. Und du?" frage ich weiter. Mir fällt nicht der geringste Grund ein, was sie hier wohl macht. "Ich helfe meinen Dad sein Arbeitszimmer aufzuräumen. Er hat im Moment so viel zu tun, das er gar nicht dazu kommt. Tja wie das bei uns Tanners eben so ist." "Dein Dad ist Dr. Tanner?" frage ich verwundert. Stimmt wenn ich sie mir jetzt so genauer ansehe, erkenne ich einiges von ihm in ihr wieder. "Ja" Sie lächelt. Dieses Mädchen ist immer total gut drauf und denkt immer positiv. Bei mir ist eher das Gegenteil der Fall. "Du kennst ihn?" "Ja er ist mein Therapeut." Wie komisch das klingt. "Cool. Ähm was hältst du davon wenn wir am Wochenende was gemeinsam was unternehmen?" fragt sich mich und gibt mir ihre Handynummer. "Ja klar." sage ich begeistert. Ich freue mich wirklich darauf sie besser kennen zu lernen. "Cool. Ich ruf dich an. So jetzt muss ich aber wirklich weiter. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag und vergiss nicht das du mit deinen Problemen nicht allein bist." sagt sie und umarmt mich kurz, bevor sie den Gang weiter nach hinten läuft. Ich selbst brauche ein paar Sekunden bevor ich mich in die entgegengesetzte Richtung drehe und zum Ausgang laufe. 


The fear in your eyes *Pausiert*حيث تعيش القصص. اكتشف الآن