F O U R T Y

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F O U R T Y


Die hellgrün aufstrahlenden, mysteriösen Augen spähten auf mich hinunter - als würden sie irgendetwas auf meinem Gesicht suchen und es sogar finden - und nur für wenige Sekunden verlor ich mich in dieser traumartigen Farbe. Ich realisierte, wie wunderschön der himmelsblaue, äußere Rand der Iris sich mit dem giftig grünen Teil verschmolz und es ein perfekter Übergang war. Sie waren wahrscheinlich das einzigst Schöne, was ich all die Zeit zu Gesicht bekommen hatte und ich konnte mich einfach nicht an ihnen satt sehen. Die schneeweiße Haut strahlte wie immer, doch kleine Fältchen bildeten sich auf der makellosen Farbe, als sich ein großes, erfreuliches Schmunzeln auf seinen hellen Lippen platzierte. Die kohlrabenschwarzen Strähnen fielen ihm einzeln ins Gesicht und einige waren sogar so lang, dass sie es schafften, mich an meiner Nasenspitze zu kitzeln. Ich hatte niemals gedacht, dass mich der Anblick dieser Person so erfreuen würde. Und doch hatte ich mir niemand anderen sehnlicher gewünscht zu sehen. Dennoch fragte ich mich, wie sie in einer so kurzen Zeit hierher reisen konnten. Immerhin saß ich erst noch vor wenigen Minuten im Cockpit und schon waren sie hier? Wie haben sie es überhaupt hier reingeschafft? Waren sie diejenigen, die das Rütteln ausgelöst hatten? Es würde mich zumindest nicht wundern. Aber dies waren alles Fragen, die ich mir für später aufheben würde - denn in diesem Moment konnte ich mein Glück kaum fassen. Ich musste Lokis Gesicht noch zehntausend weitere Male begutachten und jede einzelne Pore seines Wesen beäugeln, bevor ich mir sicher sein konnte, dass er tatsächlich hier war. Ohne Illusion, ohne Magie. Er war da, in Fleisch und Blut.

"Du siehst absolut schrecklich aus.", waren die Worte, die, so wie es mir vorkam, er mir nach einer gefühlten Stunde lieferte und er somit die angehende Harmonie komplett zerstörte. Wie konnte es auch anders sein? Er musste es schrecklich vermisst haben, mich nicht 24 Stunden am Tag beleidigen zu dürfen. Und trotzdem war ich überglücklich, dass ich nach einer mir so unendlich lang vorkommenden Zeit, die tiefe Stimme mitsamt der raunenden Untertöne mal wieder zu Ohren bekam. In diesen Sekunden vergaß ich vollkommen unsere Umgebung, was in einer solchen Situation wahrscheinlich eher suboptimal war. Doch, so wie es sich vorher anhörte, gab es nun herzlich wenige Feinde, die uns jetzt noch angreifen konnten. Zumindest nicht in unserer Umgebung. "Glaub mir, ich sehe gerade auch keine Schönheit vor mir.", replizierte ich schmunzelnd und legte, so gut wie es in diesem Moment auch ging, meinen Kopf leicht schief. Mein neckendes Gegenüber musste kurz auflachen, bevor er sich nun endlich einige Zentimeter von mir entfernte, und mir seine große Hand gab, damit er mich einigermaßen gut hochhieven könnte. Ein wenig vor Schmerz stöhnend stellte ich mich etwas wackelig auf meine Beine und musste mich erst einmal darauf konzentrieren, mein Gleichgewicht wieder zu erlangen, was viel schwieriger war, als angenommen. "Geht es dir gut? Haben sie irgendetwas mit dir getan?", sprach mich mein Retter schließlich wieder an, als er wohl mein kleines Problem bemerkte und hielt sich rasch an meinen Schultern fest, um mir ein bisschen Stabilität zu liefern. "Es ... ist schon in Ordnung, nichts Erwähnenswertes. Oh mein Gott, Loki, wie lange war ich bitteschön weg gewesen?", lieferte ich ihm die Antwort und ließ die größten Details raus. Ich wollte nicht, dass sich jetzt irgendeiner unnötige Sorgen um mich machen musste. Na gut, aber wir redeten hier gerade vom Gott der Lügen. Ihm würde es nicht einmal scheren, wenn ich ihm gesagt hätte, dass ich hier fast zehn Mal ums Leben gekommen wär. Obwohl - soweit hergeholt war das nun auch wieder nicht.

In diesem Moment war ich Loki unglaublich dankbar, dass er mich etwas festhielt - sonst läge ich bereits wieder auf dem Boden, nicht in der Lage aufzustehen. Während ich so hilfsbereit von Loki gestützt wurde, versuchte ich mich ein wenig umzusehen, um zu erkennen, wie viele Gegner Loki gerade ausgeschaltet hatte. Und das schienen relativ viele gewesen zu sein. Einige lagen halb lebendig in der Ecke, ihre Köpfe auf die Schulter und ihren Nacken gelegt und wirkten mit ihren geschlossenen Augen ziemlich leblos. Während ein anderer Teil blutig mit dem Bauch auf dem Boden gekehrt war und schienen eine ziemlich große Ähnlichkeit mit mir vor einigen Sekunden noch zu haben. Tja, das nannte man dann wohl Karma.

F I R E E M P R E S SWo Geschichten leben. Entdecke jetzt