T H I R T Y S I X

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Das letzte, mechanisch aussehende Tor wurde während unseres stillen, ungemütlichen Marsches aufgemacht. Ich konnte förmlich spüren, wie sich die kühle, frostige Luft an meinen leicht zitternden Körper schmiegte, als erst ein kleiner Spalt, der einen winzigen Einblick in das nächstliegende Zimmer gewährte, sich öffnete. Auf meiner blassen, mit Kratzern und Narben übersehenden Haut, bildete sich eine unübersehbare Gänsehaut, was der Grund dafür war, warum ich nun wie wild an meinen Armen rubbelte. Ich atmete noch einmal tief und langsam ein, als ich nun den ganzen Raum sehen konnte, wo nun unwiederruflich über meine Zukunft und über die eines gesamten Planetens bestimmt werden sollte. Ich erlebte in diesen schicksalshaften Sekunden gerade eine Art Déjà-vu, was zur Folge hatte, dass ich mich an meine Zeit bei S.H.I.E.L.D zurückerinnern musste. Damals, als sich das erste Mal meine Feuerkräfte gezeigt haben und Tony mich so schnell wie möglich zu dem Stark Tower gebracht hatte. Wie ich von Pepper, genau wie in diesem Moment, in einen fremden Raum gebracht wurde, damit Direktor Fury mitsamt der ganzen Truppe der Avengers über meine Zukunft entschieden hatte. Damals ging es noch darum, ob ich ein Teil dieser siebenköpfigen Veranstaltung bleiben könnte oder nicht. Und heute war wohl der Tag, an dem sich das ganze Blatt wand.

Der Raum hatte das selbe Schema und die genauen Kolorierungen wie der gesamte Bau des restlichen Schiffes, mitsamt der einzelnen Zimmer und Gänge. Nichts allzu überraschendes. Wie auch hier befand sich eine triste, seelenlose Stimmung, chaotisches, ungeordnetes Gerümpel und die Wände trieften nur voller Isolation und Einsamkeit. Kein Wunder, dass man in einer solch bedrückten Umgebung und jammervollen Lage auf merkwürdige Gedanken kommen kann. Wie zum Beispiel einen Planeten zu sprengen oder ein 17-jähriges Mädchen zu entführen, ihre Freundin zu töten und sie darauf zu bitten bei dem vorher genannten Ereignis beizuhelfen. Willkommen in meinem Leben.

In der Mitte war eine große, schlanke Figur zu erkennen, die stur mit dem Rücken zu uns gewand war. Obwohl ich nicht einmal Anfänglichkeiten seines Gesichtes erkennen konnte, wusste ich sofort, dass diese mysteriöse Fremde nur Ronan sein konnte. Er hatte einfach diese unangenehme, frustierte Aura um sich herum, die man auch von einer hundertfachen Entfernung hätte spüren können.

Meine Begleiterin stieß mich etwas unherzlich und mit einer dezenten Wucht in den desaströsen Raum, der einer klischeehaften Gefängniszelle glich, worauf der Kopf des vorhin Genannten abrupt in die Höhe schoss. Er stellte sich lotrecht und kerzengerade hin, als wäre er kurz davor die Queen zu treffen, bevor er zögerlich seinen Kopf zur Seite drehte. Auch wenn ich nur sehr schwierig in dem dämmlichen Licht das Profil des Übeltäters erspähen konnte, wusste ich, dass ein vieldeutiges Schmunzeln auf seinen blauen Lippen auftauchte, was recht Fehl am Platz war. "Ich muss zugeben; Ich bin sehr überrascht.", ließ Ronan seine tiefen Laute erklingen, woraufhin er eine schlichte 90 Grad Drehung vollbrachte, sodass er mich nun ganz begutachten konnte. Wie auch hier galt meine Regel, dass ich mir nie von Kerlen wie ihm Angst einflößen lassen sollte. Obwohl, es lag wohl eher an der Atmosphäre und an dem Fakt, dass ich wortwörtlich entführt wurde, als an dem physischen Erscheinen dieses Wesens. "Sie kennen meine Antwort noch überhaupt nicht,", entgegnete ich unbeeindruckt und war selbst ein kleines bisschen hin und weg von meiner plötzlichen Stärke und dem selbstbewussten Unterton. Wenn Fire Empress mich jetzt sehen könnte... Sie wäre warscheinlich stolz auf mich. "Glaube mir, wenn du zuerst Nebula deine Entscheidung mitgeteilt hättest, die nicht für unseren Plan spricht... Ich wäre mir nicht sicher, ob du dann noch recht auf beiden Beinen stehen würdest.", versuchte mein gerissenes Gegenüber mir wahrscheinlich Angst einzujagen, während seine mysteriösen Augen einen Punkt hinter mir konzentriert fixierten. Ich brauchte mich gar nicht einmal erst umzudrehen, um zu wissen, dass seine Freundin, oder was die Zwei auch immer für eine merkwürdige Verbindung hatten, mich beäugelte. Ihr Blick war so kalt, als würde ich fast schon fühlen können, dass eine winzige Schneeflocke auf meinem Rücken Platz nehmen würde. "Das ist schön für sie. Kommen wir jetzt mal bitte zu Eurem Plan?", befehligte ich streng und wunderte mich, wie ich es schaffte die beiden Herrschaften auch noch zu Siezen, nach all ihren Untaten. Ronan schmunzelte leicht, was mich wieder zu dem Drang brachte ihn einfach einen Eisstrahl in sein blaues Gesicht zu schleudern, aber ich entschied mich schlussendlich doch dagegen. Er widmete sich einen großen und auch einzigem Tisch in diesen Raum, den ich vorher nicht wirklich zu Kenntnis genommen hatte, und tippte mit seinen langen Fingern darauf. Als er mit dieser kurzen Tätigkeit aufhörte, tauchte wie aus dem Nichts ein nicht alltägliches Geschehnis auf, was ich kurz darauf als ein Hologramm identifizieren konnte. Die toxisch blauen, dünnen Fäden, die so zierlich in der Luft schwebten und gleich darauf auch noch ihre Farben änderten, bildeten sich zu einem Abbild eines Planeten. Erst dachte ich, es wär wegen der vielen, grün gewordenen Erdteile und dem deutlich erkennbaren Meer nichts anderes als die Erde, was ein merkwürdig flaues Gefühl in meinem Magen hinterließ. Und ich wusste auch, wieso. Wenn dies tatsächlich meine Welt war, dann hieß das auch, dass irgendwo dort auch meine Familie war. Mein Vater, mein Bruder, meine Mutter. Das ganze, kleine Dorf namens Cooperstown, dass zu fünfzig Prozent eh nur aus Leuten bestand, die auf den Nachnamen Bruce hörten. Irgendwo war mein Vater, der entweder sich gerade im Gärtnern versuchte oder mal wieder ein kaum schmackhaftes Gericht zubereitete. Und auch mein Bruder, der wahrscheinlich gerade Comichefte mit seinen Freunden austauschte und damit angab, dass seine eigene Schwester Captain America kannte. Irgendwo war auch meine Mutter, die vielleicht jetzt in diesem Moment aus dem Fenster, direkt in den blauen Himmel starrte und sich genau das Selbe wie ich dachte. Irgendwo dort ist sie. Irgendwann wird sie zurückkommen und ich werde sie wiedersehen. Sie alle wussten nicht, wie mir gerade geschah. Sie wussten nicht, dass ich gefangen genommen wurde, meine Freundin umgebracht und ich jeden Moment manipuliert, gefoltert oder selbst getötet werden könnte, wenn ich nicht das Richtige zur richtigen Zeit sagte. Und sie wussten auch nicht, dass ich hier gerade Mitwisser und vielleicht sogar Verursacher bei der Zerstörung eines ganzen Planeten war. Was würden sie von mir denken, wenn sie all das wüssten? Was würden sie alle tun? Würden sie Mitleid haben? Würden sie sich in meine Lage versetzen können? Würden sie mich aussetzen und hoffen, dass sie mich nie wieder sehen mussten? Oh mein Gott... In diesem Moment war mir wirklich nach Weinen zu Mute.

F I R E E M P R E S SNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ