T W E N T Y E I G H T

673 61 13
                                    

T W E N T Y E I G H T

"Hast du etwa ein paar Gegner, von denen du mir noch nichts erzählt hast?" Wenn man mal von unserer kniffligen und diffizilen Situation absah und sich all die unbekannten, dunklen Wesen, die es wohl kaum erwarten konnten, uns nacheinander und sorgfältig umzubringen, wegdachte, dann hätte man fast meinen können, dass Thor gerade einen Witz gerissen hätte. "Gegenfrage; Du etwa?", stieß ich unter eingetrocknetem Keuchen und kräftezährenden Bewegungen hervor. Wenn ich nicht gerade in einem feinen, fast schon mittelaltertümlichem Seidenkleid eingehüllt wäre, was mir unpassender Weise ständig in den Weg kam und mich fast jede Sekunde zum Stolpern brachte, dann wäre dieser ganze Kampf viel angenehmer. Wie kam es eigentlich dazu, dass ich trotz meiner einjährigen Mitgliedschaft bei den Avengers noch immer nicht dazu kam mir eine passende Ausrüstung zu besorgen? Ich erinnerte mich nur allzu gut an meinen ersten Kampf, den ich mit zerissenen Jeans, die ich manchmal sogar noch immer trug, und einem halb verbranntem Hemd, noch geradewegs heil überstanden hatte.

Eine Reihe von Gegnern fiel vor mir plötzlich zu Boden und ich war mir fast schon hundert Prozent sicher, dass dies Thors Verdienst war, bis ich dunkle, glänzende Haare, die in der schweißverlangendem Schlacht ein wenig wellig wurden, durchblitzen sah und ich sofort wusste, dass es sich bei dem Täter um den mehr oder wenigen bösen Bruder des Donnergottes handelte. Mit genauso effektiven Eiskräften, zu meiner großen Überraschung und Bewunderung, brachte er mindestens sieben von ihnen zu Boden, worauf er mich ein wenig perplex und ihn anstarrend vorfand. Unsere schwachen Blicke trafen sich irgendwo in der Mitte des Schlachtfeldes und schließlich tat Loki etwas, was mich erneut vollkommen aus der Fassung brachte. Er schaffte es tatsächlich mir ein breites, ehrliches Lächeln zu schicken. Vielleicht ein Gewinner Lächeln, aber vielleicht auch eines, was mir zu wissen gab, dass er froh war, dass ich heute mit ihm hier sein würde. Und es wunderte mich ein wenig, dass mich seine strahlenden, fixierten Augen unglaublich motivierten.

Wenn ich Loki wahrscheinlich nicht mehr begegnet wäre, dann wüsste ich jetzt nicht, dass das, was auch immer ich vorher geleistet hat, nicht wirklich Kämpfen ähnlich war. Denn erst jetzt wurde mir eigentlich richtig klar, dass es hier ums nackte Überleben ging und ich jeden Moment ausgeschalten werden könnte. Und umso weniger Gedanken ich mir machte, umso besser. Und so setzte der Kampf sich auch fort.

Ich benutzte nicht immer meine Kräfte, sondern machte mich auch dran den ein oder anderen Schlag zu landen, auch wenn das mir öfters nicht gelang. Ich blendete jegliche Details, jegliche Verunsicherungen, Gedanken, Erinnerungen oder gar mein ganzes Umfeld aus. Alles, was zählte, war mein Gegner und ich. Wir waren gefangen in unserer eigenen Blase, die jedes Mal zerstört und zerplatzt wurde, wenn einer von uns zu Grunde ging. Und bis jetzt war ich noch nicht der am Boden liegende. Ich machte mir keine Gedanken darüber, ob mich das überraschen sollte oder nicht. Das war nicht wichtig. Das war unfassbar unwichtig.

Aus meinen Händen schossen wie wild zerschmetterndes Eis, meine Fäusten kursierten durch den ganzen Raum und ich achtete nicht einmal darauf, ob mir so langsam die Luft ausging oder meine Beine in den nächsten Sekunden zusammenbrechen drohten. Ich musste nur einen kurzen Blick in die verschworenen, feindseligen Augen meines Gegners gucken, die wahrscheinlich alles tun wollten, um mir nur irgendetwas anzutun, und die Euphorie stieg wieder auf. Ich achtete nicht auf meine mehr und weniger schummrige Sicht, nicht auf das feindselige Rauschen in meinen Ohren. Ich musste kämpfen. So schnell, wie es ging, so effektiv, wie es ging, so stark, wie es ging. Eisstrahlen nach Eisstrahlen sprossen aus meinen Händen und desto mehr ich von dieser speziellen Kraft verbrauchte, umso deutlicher wurde die Gewissheit, dass sich auch noch eine andere, stärkere Macht in meinem Körper befand. Sie war rasanter, sie war gefährlicher. Sie war angsteinflößender. Egal, ob es für meine Rivalen oder für mich war. Ich war gefürchtet von dem Feuer, was in mir loderte, was unfreiwillig in meinen Körper gedrungen war. Doch mein Mut und mein Überlebensinstinkt war in diesem erfassenden Moment viel größer. Ich wusste, ich musste es tun. Ich wollte es tun. Doch es brauchte den richtigen Augenblick.

F I R E E M P R E S SWhere stories live. Discover now