S E V E N T E E N

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S E V E N T E E N

Es fühlte sich an, als ob gerade eine Welt über mir zusammenbrechen würde. Grobe, rigorose Brocken stürzten über mir zusammen und platzierten sich recht unangenehm an meinen Schultern, meinem Kopf und dem Rücken. Als würde man mich immer und immer wieder in ein frostiges Wasserbecken tauchen, so spürte ich, wie meine Atemzüge immer rascher und eilender wurden, als hätte ich Angst, sterben zu müssen. Ich hatte das bedrohliche Gefühl, dass man mir gerade meine Kehle zuschnürrte und ich in den nächsten Sekunden in eine ausweichliche Bewusstlosigkeit fallen würde. Ich wurde eingesperrt. Eingebuchtet, von Odin selbst. Von dem asischen König. Der Mann, der mich eigentlich hätte unter seine sichere Obhut stellen sollen. Stattdessen verwies er mich, ließ mich und meine noch immer untrainierten Kräfte fallen. Und es gab niemanden, der mich auffangen würde.

In meinen Ohren befand sich ein seltsames Rauschen und alles, was man zu mir jetzt zu murmelte, verwandelte sich automatisch in ein piepsendes Rascheln, sodass ich keinem Worte mehr folgen konnte. Ein missmutiges Gefühl von Schande und Hilflosigkeit übermannte mich und durchbohrte meinen mickrigen Körper mit einem spitzen und geschliffenem Schwert. Ich wusste nicht, ob ich zutiefst deprimiert und desolat war, oder angsterfüllt und von Panik ergriffen. Aber am meisten fühlte mich verzweifelt und mutlos. Selbst die bohrenden und peinigten Griffe an meinen erfrorenen Armen, die mich von dem Schauplatz der spöttischen Bürger wegbrachten, waren mir nun egal. Einerseits war es mir sogar ganz recht, so konnte ich endlich verschwinden von den vielsagenden, höhnischen Gafferein und würde nicht mehr der Buhmann ganz Asgards sein.

Ich blendete alles in meiner nähsten Gegenwart aus. Die Ausrufe, die Befehle, die von dem meist gehassten Mann meinerseits stammten, sogar die Schreie nach meinem Namen. Tatsächlich. Man rief meinen Namen, laut und mit voller Begierde, sprachen sie die paar Buchstaben. Sie klangen nicht drohend, auch nicht zynisch oder verächtlich. So, als würde ein Kind nach seiner Mutter suchen. Obwohl dies doch eher ein abstrakter, komplexer Vergleich war.

"Alice!", kam es mir doch dann ganz deutlich zu Ohren, von einer so bekannten und gewohnten Stimme, dass ich sofort den Schuldigen identifizieren konnte. Doch ich würdigte dem Mann, der ohne Zweifel ein verwirrter Thor war, keines Blickes, sondern schaute sturr und voller Jähzorn auf den Goldboden, der mir nun vertrackter vorkam, als jemals zuvor. Unbewusst wurden meine Schritte um das Doppelter schneller, obwohl ich absolut keinen Peil hatte, wohin mich die griesgrämigen Wachen führen sollten. Ich war auf gar keinen Fall dazu bereit Thor nun an diesem Tag noch sehen, denn in meinen trüben Augen, so hirnverbrannt es auch klingen mag, er jetzt eine Art Verräter für mich war. Während ich mir all die verabscheuenden und von Hohn erfüllten Anschuldigungen seines verhassten Vaters anhören musste, wagte er es kaum, nur ein Wort gegen ihn zu erheben. Der einzige Grund für so ein feiges Verhalten konnte nur bedeuten, dass er Odin Glauben schenkte. Und wenn dies tatsächlich der Fall war, dann sah ich überhapt keinen Grund mit ihm noch weiter zu disktutieren.

Auf einmal blieben die Wachen, die mich die ganze Zeit über schmerzvoll an meinen Armen gepackt haben, abrupt stehen. Verwundert über diesen plötzlichen Sinneswandel, drehte ich mich, so gut wie es auch nur in meinen jetzigen Position von dannen ging, um. Und zu meinem Erschrecken beäugelte ich den blonden Thor, dessen Gesicht leicht zusammengefallen ausschaute. Ich wollte mich schon direkt wieder abwenden, und so tun, als wüsste ich gar nicht, dass er sich hinter mir befand, aber urplötzlich blickten seine hellen Augen in die Meine, und ich wusste, dass es jetzt kein Zurück mehr gab. Na, großartig. "Dürfte ich die Herrschaften kurz bitten, von meiner... Besucherin abzulassen?" Mir kam schon wieder mein Frühstück vor ein paar Wochen hoch, als ich das ätzend ausgesprochene Wort, was er unwürdevoll Besucherin nannte, aussprach. Er traute sich also in dieser schwierigen Situation mich nicht einmal vor seinen eigenen Bediensteten 'Freundin' zu nennen? Wie tief musste ich also für ihn gesunken sein?

F I R E E M P R E S SWhere stories live. Discover now