F I V E

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F I V E

"Ist es nicht großartig?", wisperte sich der Mann still seine Worte zu. Seine Stimme war ruhig, aber doch so aufgeregt und erfreut. Sein Blick huschte freudig über das unwissende, naive Mädchen. Sie hatte keine Ahnug, keinen blassen Schimmer, dass er auf sie hinabsah und sich ausmalte, wie mächtig und hilfreich das kleine, zierliche Mädchen doch sein konnte. Sie selber wusste nicht einmal wie ungemein bedeutend und diensteifrig sie alleine schon war. Keiner wusste es, keiner, außer ihm. Ihm, und seiner Gehilfin. Er nannte sie so, auch wenn ihr das missfiel. Sobald das Mädchen den Weg geht, den sie nehmen sollte, so würde dem brillianten und gut durchdachten Plan der beiden nichts mehr in die Quere kommen können. Zumindest dachte er das.

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Ich fühlte mich erdrückt. Schwach. Ausgelaugt. Ich könnte tausende von Synonymen nennen, jedes einzelne würde auf meine derzeitige Situation zutreffen können. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich für Stunden in einer Waschmaschine herumgeschleudert worden oder hätte den Mount Everest zum zehnten Mal bestiegen. Aber die schrecklche Wahrheit war leider, dass ich wohl oder übel wegen etwas ganz anderem hier war. Ich musste nicht lange raten, um zu wissen, wo ich mich befand. Es war eine Art Krankenzimmer, wenn auch nicht eines, was den selben Ausmaß wie bei denen im Triskelion hatte. Ich lag hier schon seit ungefähr zwanzig Minuten wach, und ich traute mich nicht aufzustehen, irgendjemanden, was in dem Fall Jarvis war, Bescheid zu geben, oder meinen Körper zu begutachten. Ich hatte zu große Panik vor Veränderungen. Dass ich mich wieder vollkommen verändert habe, vielleicht mir jetzt meterlange, dunkelrote Haare gewachsen waren oder ich aussah, als wäre gerade mein Karibik Urlaub vorbei. Praktisch das ganze Gegenteil von meinem früherem Aussehen. Nach einer gewissen Zeit wurde mir klar, dass ich einfach jemandem Bescheid geben musste. Früher oder später würde jemand wissen, dass ich mich nicht in einem Ohnmachtszustand befand, zumindest nicht mehr. Oder ich würde mich ansehen. Ob ich mich so sehr verändert hatte, dass mich keiner mehr erkennen würde? Oder ob nicht einmal eine Haarsträhne verfärbt war? Das Äußere war mir eigentlich nicht so wichtig. Wichtiger war mir die Tatsache, dass, wenn sich mein Aussehen verändert hätte, sich auch meine Kräfte verändert hätten. Und ich war nicht so machtgierig wie Fire Empress, dass mich eine weitere Kraft zum Freudentanz bringt."Jarvis?", keuchte ich mit kratziger Stimme hervor und fragte mich, was bei meiner Transformation vorgefallen sein muss, dass ich jetzt so schreckliche Halsschmerzen erlitt. "Sie sind erwacht, Miss Bruce.", gab mir die künstliche Intelligenz mit einem gewohnt elektronischem Ton zur Antwort. "Ja, ich... Ich wollte nur sagen, ob du vielleicht irgendwen benachrichtigen könntest, dass ich... Nun ja, nicht mehr ohnmächtig bin?" "Natürlich."

Nicht einmal fünf Minuten dauerte es, bis Tony, Bruce und Fury angehuscht kamen und ich in deren Gesichter blicken könnte. Tony, leicht außer Atem, stand neben Bruce, der lächeln die Hände in seiner Hosentasche vergrabt hat, und Fury, dessen Miene natürlich undeutlich war. Ihren Gesichtern nach zu urteilen, waren sie nicht wirklich von meinem Aussehen abgeschreckt oder überrascht, was für mich ein gutes Zeichen war. Aber das könnte auch daran liegen, dass sie mich vielleicht in meinem Stockwerk vorgefunden hatten. Dass sie die Stimmen waren, die ich nicht erkennen konnte."Gute Neuigkeiten, Bruce.", meldete sich der einäugige Fury zu Wort, und ich wusste nicht so recht, ob er nun mich oder den Physiker meinte. Aber da er mich ja musterte, stand wohl die Antwort fest. Mein Gesicht musste sich wohl in ein lebendiges Fragezeichen verwandelt haben, zumindest fühlte sich das so an. Welche guten Neuigkeiten? Dass ich nicht länger hierbleiben musste? Dass ich einen Nobelpreis für meine Taten bekommen habe? Und was interpretierte er denn bitte als gut? Bruce schaute nervös auf den Boden und überkreuzte die Hände hinter seinem Rücken. Tony legte den Kopf schief, was mir wieder den Anschein gab, als hätte ich mich total verändert. Und auf Fury musste ich gar nicht erst eingehen. "Na ja, so gut sind sie auch wieder nicht. Aber sie sind nicht hier, weil sie einen Herzinfarkt bekommen haben. Ich denke, das ist doch irgendwie beruhigend." Hat Fury das gerade ernst gemeint? Oder ist einfach seine lustige Seite zum Vorschein gekommen? Vielleicht lag das daran, dass er nicht mehr unter dem Einfluss und der Manipulation von Fire Empress stand. "Sie wissen höchstwahrscheinlich nur die Hälfte, wenn nicht nur ein Viertel, von dem, was gestern geschehen ist. Sie-" "Fury, darf ich das erklären?", unterbrach Bruce den Direktor, was mich wunderte. Warum stammelten sie so? Konnten sie mir nicht einfach erklären, was los war? Fury aber wirkte wohl ganz froh über die Sache zu sein. Schließlich übernahm Bruce das Wort, der davor noch kurz einatmete: "Gestern bist du in den selben, oder einen ähnlichen Zustand gefallen, wie vor kurz einem Jahr, als ich dich untersucht habe. Danach hast du die vollständigen Eiskräfte gehabt. Und... wie du weißt, hast du vor kurzem auch bemerkt, dass ein Stück von Fire Empress-" "Nein.", fiel ich Bruce stur ins Wort und realisierte erst kurz darauf, dass ich nicht nur gedacht, sondern auch laut geredet habe. Aber komischer Weise tat es mir nicht Leid.

F I R E E M P R E S SWhere stories live. Discover now