23 vision [namjin]

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Er stellte sich mittig vom Raum hin, das Fläschchen mit einem Daumendruck öffnend, bevor er den Kopf in den Nacken legte. Mit eiserner Konzentration blinzelte er nicht, als er die brennende Flüssigkeit in seine Augen träufelte, er legte sich schnell den Schleier über die Augen, da die sofort geweiteten Pupillen lichtempfindlicher wurden, leerte den Flakon auf dem dunklen Tuch, sodass der Rest der Essenz auf seinen Lidern lag und sich ächzend in Gas auflöste.

Der Incubus warf das nun unnötige Glas beiseite, hörte das Klirren in einer Ecke im Raum, während die gasförmig werdende Essenz seine Sinne benebelte und das Brennen in den Augen betäubte.

Ihm schwindelte, aber er blieb stehen, wankte nur ein wenig, da seine Gliedmaßen taub wurden. Es dauerte nicht lang, bis er in ein wattiges Weiß stieg, sich Aquarellfarben vor ihm aufbauten und er allmählich Geräusche vernahm, die nicht Wirklichkeit waren. Hier begann das Träumen.

Hautfarben, von Wasserlinien verwaschen, formte sich zu zwei Körpern. Jimin vernahm einen Herzschlag, der schwach und unrhythmisch war, nicht seinen, nicht als Incubus... Doch wessen?

Helle Töne wechselten sich ab und irritierten die Sinne des Incubus, bis sie sich in ihrer Frequenz zu Stimmen änderten, einen Dialog darstellten, der nicht vollkommen deutlich war. Der Traum war impressiv, aber nicht vollkommen.

Jimin kniete sich zu den beiden Körpern, die vor ihm hockten, gesellte sich seitlich zu diesen Aquarellschatten und betrachtete die Situation – einer kniete hinter dem anderen und hielt diesem die Augen zu.

Ein Wispern formte sich aus dem hellen Schall, doch die Sätze waren nur Fragmente, so sehr sich auch der Incubus konzentrierte.

„... andere Seele stattdessen auf Wanderschaft..."

„... Kreislauf schließen..."

„... für dich meine Flügel gegeben..."

„Lilith..."

Jimin spürte nicht an den Fingerkuppen, dass er sich auf den Glasboden gestützt hatte, während er sich wieder erhob und die beiden Gestalten kurz umkreiste. Das hautfarbene Aquarell wurde an zwei Stellen von dunklen Furchen unterbrochen, alte Wunden, alte Narben. Flügel.

Jimin wich zurück. „Tae...?"

Er nahm noch einmal die ursprüngliche Betrachtungsperspektive ein, stand vor den beiden Körpern, erkannte den sanften erdbeerigen Ton im Haar der Gestalt vorne. Der Incubus schluckte.

„... würde ich sterben... ... einziges Mal etwas Gutes tun..."

„... seelenlos ... ihn retten..."

„... nur ein Kuss... zur Metamorphose..."

„Küss sie."

„Du weißt nicht, was..."

„Geh nicht... Geh nicht!"

War es die Nachtschwalbe, die sich vom anderen Körper – „Seokjin?", kam es dem Träumenden wie ein Windhauch über die Lippen – und vom Betrachter fortgezogen wurde? „Taehyung?"

„Nein!"

„... verloren sein!"

„... in ewiger Liebe das Richtige ge-..."

Jimin stockte der Atem, als die Traumsequenz in teerartiges Schwarz zerfiel, Stück für Stück ein Mosaik aus Nichts wurde, und er streckte die Hand nach dem gefallenen Engel aus, ehe dieser vollends verschluckt wurde, doch der Schleier an den Augen stoppte ihn.

Er griff ins Leere und die Dunkelheit verschlang die Aquarellgestalten. Es folgte ein düsteres Nichts. Jimin wusste, dass dies das war, was sonst jeder an seiner Stelle sehen würde, jeder, der nicht träumen konnte. Die Chance zu seiner Gabe war also wieder vertan, das Gefühl der Eingebung versiegt... Was hatte er da geträumt und wann würde sich das Rätsel auflösen?

fin de l'ère: BTS SugaKookie, JiHope, TaeKook, YoonSeok, TaeJin, NamJin...Where stories live. Discover now