(36) The Love I can't remember [Destiel]

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!Warnung vorweg : Traurig!

Es stürmte. Der Regen prasselte lautstark gegen das Fensterglas. Es blitzte und Sekunden später ertönte ein Donner. Das Gewitter war direkt über ihnen. Nur das Haus schützte ihn davor, völlig durchnässt oder vom Blitz getroffen zu werden. Auch wenn er es gern so hätte.
"Dean? Dean, hören Sie mich?"
Die Frage seiner neuen Therapeutin riss Dean Winchester aus seinen in Selbstmitleid getauchten Gedanken.
Er hatte nichts mehr. Womit hatte er das verdient? Alles war fort. Und nicht im materiellen Sinne.
"Klar. Ich höre Sie."
Er machte eine Pause und fasste sich an den Hals. Er hatte seine eigene Stimme schon seit Wochen nicht gehört und erschrak nun, woe tief sie war.
"Wissen Sie... Sie sind die Zwölf."
"Die Zwölf?", fragte Dr. Juliana Forks.
"Ja, die Zwölf. Meine zwölfte Therapeutin in diesem Jahr. Und ich kann Ihnen sagen, auch Sie werden höchstwahrscheinlich erfolglos bleiben. Keiner wusste, wie er mir helfen könnte, Sie auch nicht."
Sie sah den Vierundzwanzigjährigen fragend und mitfühlend an.
"Wissen Sie denn, wie ich helfen kann?"
"Ja.''
Er setzte sich auf seinem Stuhl nach vorne und sah ihr fest in die Augen.
"Lassen. Sie. Mich. In. Frieden."
Sie seufzte enttäuscht.
"Hören Sie, Ihr Bruder besteht hierauf. Reden Sie mit ihm, wenn nicht mit mir."
Dean schüttelte den Kopf und nahm sein Glas Wasser vom Tisch.
"Ich rede nicht mit Samuel Winchester. Oder mit sonst jemandem. Und Sie wissen bereits, wieso."
Sie zog eine Augenbraue hoch.
"Wieso sprechen Sie dann mit mir?"
Dean überlegte.
"Weil... Sie der einzige Mensch zu sein scheinen, der mich nicht anlügt."
"Aber niemand lügt Sie an, Mr. Winchester."
Er nippte vom Wasser und stellte es zurück. Dann lehnte er sich in den Sessel.
"Wenn das so ist... Warum will man mir dann nicht sagen, warum ich noch lebe?"
Er wartete. Dr. Forks schwieg. Er setzte ein sowohl enttäuschtes als auch gleichgültiges Gesicht auf.
"Sehen Sie? Sie wissen es, wollen es mir aber nicht erzählen. Das ist bei Samuel so, bei den Polizisten, bei den Ärzten, bei den Therapeuten... bei meinem Vater. Jeder belügt mich. Jeder sagt mir die Unwahrheit jeden Tag aufs Neue ins Gesicht. Jetzt sind noch nicht einmal mehr Sie übrig."
Er begann zu schweigen. Es war dasselbe Schweigen, dass jeder in seiner Nähe zu hören bekam. Er würde nicht mehr mit ihr reden. Er schwor sich, er würde, bis er seine Familie wiederfand und erfuhr, was geschehen war, nie wieder mit irgendjemandem sprechen. Vor allem nicht während eines so schrecklichen Sturms. Der Wind, der die Äste der umstehenden Bäume gegen die Wände peitschen ließ, war sehr unheimlich. Doch noch schlimmer war, dass es dunkel war.
Es war ständig dunkel, seitdem Dean vor zwei Monaten mit mehreren Brüchen und einer starken Gehirnerschütterung im Krankenhaus aufgewacht war. Er konnte sich nicht an den Tag erinnern, weder an ihn noch an irgendwen, den er gekannt hatte. Er erkannte seine Familie nicht wieder. Etwas schlimmeres konnte er sich im Moment nicht vorstellen.
Er ignorierte die junge Afroamerikanerin gekonnt und versuchte mal wieder vergeblich, sich an auch nur eine Kleinigkeit zu erinnern. Doch so wie es aussah, würde er ewig ohne diese Informationen auskommen müssen. Eine Ewigkeit im dunklen unendlichen Sturm.

Vor zwei Monaten:

"Sam, sag Dad, dass ich über's Wochenende weg bin."
Der Zwanzigjährige streckte seinen Kopf aus der Küche, um seinen großen Bruder sehen zu können.
"Wo genau?", fragte er.
"Ich habe nicht die leiseste Ahnung", erwiderte Dean erfreut. Er würde ein komplettes Wochenende mit seinem Freund Castiel verbringen. Mit seinem VERLOBTEN Castiel besser gesagt. Er konnte seine Vorfreude schon seit Woch nicht verbergen. Vielleicht ging es ja in den Wald? Zum Campen? Oder an einen See? Oder beides? Oder fuhren sie in eine Großstadt wie LA oder NYC?
"Mit Castiel, nicht wahr?"
Sam verdrehte die Augen.
"Und lass mich raten? Ich bin der Depp, der sich ein Alibi für dich überlegen muss, wenn Dad nach Hause kommt. Warum machst du das nicht, du bist der Ältere."
"Und du hast den besseren Abschluss. Du lässt dir bestimmt was einfallen. Seh dich am Montag."
Dean stieg die wenigen Stufen hinunter und stand kurz darauf auf der Straße.
"Hey Dean", hörte er Sam aus der Ferne rufen, "Wenn ich, wegen deiner Abwesenheit beim Jagen durch ein Monster oder einen Geist getötet werde, bring ich dich um."
Dieser grinste.
"Das schaffst du nicht. Dad wird da schneller sein als du."
Er bog nach rechts und verlor die Straße aus den Augen. Es gab eine Sache, die weder Sam noch John wussten. Etwas, das Dean selbst erst nicht geglaubt hatte: Castiel war kein normaler Mann. Er war ein Engel. Ein Sohn und Krieger Gottes. Und das hatte der Winchester sich nicht in den Kopf gesetzt, weil er ihn über alles liebte. Nein, er hatte es ihm erzählt und ihm zum Beweis seine Flügel gezeigt. Dean war aus Panik zunächst aus dem Zimmer gerannt, sich eingeschlossen, beruhigt und dann zurückgekehrt. Man steckte es nicht so leicht weg, wenn jemand in seiner Nähe urplötzlich riesige Flügel ausbreitete. Selbst als Jäger nicht. Dean betrachtete sein Spiegelbild noch kurz im Fenster, seufzte und drückte schließlich auf die Klingel. Erwartungsvoll sah er wie die Tür aufging. Da stand er. Sein Cas. Er trug einen dunkelblauen Anzug und... eine falsch gebundene Krawatte.
"Guten Morgen, Sonnenschein. Lass mich raten... Vegas?"
"Vegas."
"Wooohooo."
Sie küssten sich kurz, danach packten sie Deans Koffer neben Castiels. Die beiden brausten fünf Minuten später los.
"Las Vegas. Las Vegas, Cas. Die Stadt von Bars, Casinos und Alkohol. Schon vorher dort gewesen?"
"Ja, aber das ist sehr lange her."
"Wie lange?", grinste Dean interessiert. "Ich glaube, das war... vor drei bis vier Jahrhunderten. Las Vegas an sich entstand viel später."
"Jaaa... das liegt nahe."
Dean lag nicht falsch mit seiner Vermutung. Sie verbrachten tatsächlich den kompletten Abend, die Nacht und den frühen Morgen in den verschiedensten Casinos und Clubs. Sie hatten wirklich Spaß, was nur zum Teil an Alkohol, Strippern oder Spielen lag. Wenn Cas dabei war, war Dean immer glücklich. Umgekehrt galt dasselbe.
"K...komm schon. Lass'ns fahren."
Dean brach mit Leichtigkeit ein Auto auf, obwohl er stockbesoffen war.
"Ich weiß nich, ob's so'ne tolle Idee wär."
Cas lehnte sich gegen ein anderes Auto und versuchte, wieder klarer zu sehen. Alles verschwamm immer wieder. Auch bei Dean. Dieser schlug sich kräftig ins Gesicht. Doch es half wenig. Er halluzinierte. Er sah Vampire und andere Monster, die schnell auf ihn zu kamen. Sein Herz raste. Adrenalin durchdrang ihn.
"Komm schon. Schnell, wir müssen verschwinden."
"Aber..."
"Spring rein, schnell."
Es begann zu regnen. Man konnte erste Donner hören.
"Dean... was hast'es denn so ei.. lig?"
"Der Himmel wurde immer dunkler. Obwohl die Sonne bereits aufgegangen sein musste, hätte man es für einen späten Abend halten können. Dean fuhr einfach, sah nicht einmal wirklich, wohin, er zitterte aus welchem Grund auch immer unnatürlich. Plötzlich tauchte knapp vor ihnen ein Vampir auf. Dean holte tief Luft und fuhr ihn einfach um. Er war nicht einmal da gewesen.
Nur Einbindung wie vorhin. Weitere Monster tauchten vor ihm auf.
"Dean... Dean, halt ma'lieber an. Du sollt'st nich fahr'n."
Seinen Freund überhörend bretterte der Winchester über alles hinweg, was ihm augenscheinlich im Wege stand.
Es regnete inzwischen in Strömen und blitzte und donnerte fast ununterbrochen.
"Dean..."
Plötzlich blieb dem Winchester das Herz stehen. Sein kleiner Bruder stand vor ihm völlig durchnässt und weinend.
Dean trat so heftig auf die Bremse, dass sie zu schlittern begannen. Er verlor die Kontrolle.
"Dean!"
Keine Sekunde später krachte das Auto gegen einen Baum. Dean flog nach vorne. Ein furchtbarer Schmerz durchfuhr sein Gesicht und seinen Körper. Dann wurde es quälend langsam dunkel um ihn herum.

"Ich flehe dich an, bitte, lass ihn am Leben. Er ist... noch so jung."
"Das sagst du nur, weil er dein Freund ist."
"Bruder, ich flehe dich an. Nimm mich an seiner Stelle, ich würde alles tun.
*trauriger Seufzer*
"Also schön, Castiel. Aber unter einer Bedingung."

Dean saß nun schon seit einer Viertelstunde da und starrte Löcher in die Luft. Er war allein. Hatte niemanden. Und konnte sich nicht erinnern. Ihm war, als wäre da etwas unfassbar wichtiges, etwas, das man nicht vergessen durfte. Und es fiel ihm nicht ein. Nicht ein einziger Bruchteil. Als würde jemand es nicht wollen. Dann war da noch dieser finstere, grausame Sturm, der ihn immer wieder an jene Nacht denken ließ.
"Warum sind Sie so betrübt? Die Sonne scheint, es ist schön hell... naja, mir macht das zumindest gute Laune."
Die Worte der Therapeutin durchfuhren den jungen Mann wke ein Stromschlag. Er blinzelte. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte er eine Hand auf seiner Schulter.
"Ich liebe dich. Lebe weiter. Bitte."
Als Dean sich umdrehte, war der Sprecher schon nicht mehr da. Die schwarzen Wolken und Blitze waren verschwunden. Tatsächlich war es helllichter Tag, Vögel zwitscherten und die Sonne schien.
Dean atmete tief durch.
"Wer auch immer du bist, wer auch immer du warst... ich will es versuchen."

A Supernatural Love >>SPN Oneshots << [FINISHED]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt