Epilog

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1 Jahr später...

"Und jetzt kommen wir zum letzten Reiter des Wettbewerbes!", kündigte der Radiosprecher an und hastig drehte ich an den Knöpfen, um das Rauschen in den Hintergrund zu kriegen und genau zu verstehen, was der Typ erzählte. Komm schon, jetzt war es erst recht wichtig!

"Ein Quereinsteiger ins Sprungreiten, nie zuvor ist er bei einem Turnier dabei gewesen und keiner kennt den mysteriösen Fremden. Sein Selbstbewusstsein sei trotzdem ungetrübt, wie er uns vor Beginn des Wettstreits mitteilte, er glaubt fest daran, dass er und sein treuer Partner Charon heute das Rennen machen würden! Wenn das mal keine Ansage an die langjährige Konkurrenz ist, nicht wahr John?"

"Da stimme ich dir völlig zu Karl! So jung und schon so ehrgeizig! Jetzt reitet er gerade auf dem Turnierplatz ein, meine Damen und Herren!"

Lautes Jubeln war zu hören und ich zappelte und hüpfte begeistert mit. Tims großer Auftritt! Egal ob er gewann oder nicht, wenn er von dem Wettstreit zurückkam, würde es eine Feier geben! Alle seine Bekannten wussten schon Bescheid und fieberten wahrscheinlich genauso gespannt mit wie Molly und ich. Mit dem Radio hatten wir es uns in Tims Büro bequem gemacht, unser neuer Stallarbeiter lehnte etwas unsicher im Türrahmen und schaute, als wüsste er nicht richtig, ob er mitlauschen durfte oder besser wieder seinen Aufgaben nachgehen sollte.

Lächelnd winkte ich ihn zu uns heran. "Komm schon Will, setz dich doch!" William nickte schüchtern und starrte dann wie gebannt auf die Lautsprecher des Radios. Es wurde still im hunderte Kilometer weit entfernten Zuschauerrang. Dann ertönte das Startsignal für Tim und Charon und für uns folgten knapp zwei Minuten gespanntes Ausharren, während wir alle unserem Hoffnungsträger die Daumen drückten. Das einzige, was aus dem Radio zu hören war, waren die fernen trappelnden Hufe und eine kurze Pause immer dann, wenn sie ein Hindernis übersprangen. Sogar die beiden Sprecher hielten sich mit ihrem munteren Geblubber zurück, nur hin und wieder kamen kleine Kommentare dazu, wie lang der Kurs noch war oder dass der Haflinger Mischling noch nicht eine Stange gerissen hatte. Als dann das Publikum mit einem Schlag in lauten Jubel ausbrach wussten wir, dass er es geschafft hatte.

"Unglaublich! Was sagt man dazu Karl, unglaubliche Leistung von dem jungen Mann und natürlich auch dem Pferd, Bestleistung im heutigen Turnier und keine einzige Zeitstrafe. Das hätte wohl keiner von uns erwartet, was?"

Molly, Will und ich lagen uns zu diesem Zeitpunkt schon lange in den Armen und feierten Tims grandiosen Sieg. Er hatte sich seinen Traum erfüllt und sich von nichts auf seinem Weg dahin ablenken lassen! Nicht von dem langwierigen Wiederaufbau des Stalls, nicht von den schlaflosen Nächten, in denen er fleißig geschuftet hatte und auch nicht durch sein hartes Trainingsprogramm. Er hatte es redlich verdient, Erster zu werden!

"Du Stegi? Kannst du mir den Trick mit dem Zaumzeug nochmal zeigen? Ich finde alleine nie die richtige Stelle wegen dem Mundstück", meldete Will sich Minuten später schüchtern und kichernd zog ich ihn mit mir zurück in die Stallgassen. "Klaro, dir braucht das doch nicht peinlich zu sein!", meinte ich aufmunternd, weil sich seine Ohren wieder einmal verdächtig rot färbten und dass, obwohl er drei Jahre älter und einen Kopf größer war als ich.

Will war bereits seit einer Woche bei uns und leistete hier Ferienarbeit. Tim hatte das besonders lustig gefunden, wo er doch vor einiger Zeit noch behauptet hatte, niemand interessiere sich mehr für Landwirtschaft und Tiere. Doch unser Hof hatte sich herumgesprochen, immer mehr kleine Kinder wollten bei uns zum Reiten oder Schweine füttern kommen. Sogar Tobi hatten wir wiedergesehen, zusammen mit seinem Sandkastenfreund Rafael und einer ängstlichen und etwas missgelaunten Frau Bau. Sie und Tim waren besonders vorsichtig miteinander umgegangen. Doch als ihr jüngerer Sohn verlangt hatte, bald nochmal hier reiten zu dürfen, hatte sie lächelnd eingewilligt.

Dank der Unterstützung aller Leute, die Mollys Hilferundruf erreicht hatte, war der neue Stall viel schöner und größer als der alte geworden. Innerhalb weniger Monate waren wir mit dem Riesenprojekt fertig gewesen. Wir hatten alles ersetzen können, was beim Feuer verbrannt war, alle übrigen Tiere bis auf die Kaninchen und ein paar wenige Hühner im Wald wiedergefunden und den Alltag zurück auf dem Hof einkehren lassen.

Wenn Tim jetzt wieder überglücklich und mit einer golden glänzenden Trophäe nach Hause kam, war endlich, endlich alles gut!

Zeig mir was Leben ist! (#Stexpert)Where stories live. Discover now