Der Weg zum Licht [***Abgeschlossen***]

- Kapitel 32 -

"June? Ich dachte schon du rufst gar nicht mehr an. Wie war's? Wie ist deine Klasse? Und die Lehrer?", begrüßt Emily aufgeregt ihre Freundin am anderen Ende der Leitung.

"Hi Em. Jetzt mach mal halblang. Du klingst ja genauso überheblich wie meine Eltern. Es ist nur eine neue Schule - so spannend ist das nicht. Außerdem war ich erst einen Tag da..."
"So spannend ist das nicht?", wiederholte Emily. "Ich finde das schon. Also los - erzähl!"

June räusperte sich künstlich, als würde sie gleich eine wichtige Rede halten und begann zu berichten:

"Sehr geehrte Damen und Herren, ich werde nun von meinem ersten Schultag berichten. Dort stand ich nun - einsam und verängstigt von dem Furcht einflößenden Gebäude, welches sich vor mir aus einer Gruft emporstieg und..."

"June!", unterbrach Em ihre Freundin. "Es wäre schön, wenn du bei der Wahrheit bleiben könntest.

June rollte mit den Augen und begann von neuem. "Also, es war alles eigentlich ziemlich unspektakulär. Ich bin morgens ins Sekretariat gegangen, um zu erfahren in welcher Klasse ich bin. Die Sekretärin hat mich dann zu meinem Klassenraum gebracht, wo ich bereits erwartet wurde. In dem ersten Block hatten wir Mathe und ich konnte zum Glück schon das Meiste davon, sodass ich mich gut beteiligen konnte. Die Pause war ein bisschen merkwürdig, beziehungsweise die Leute, mit denen ich diese verbracht habe. Marielena hat mich zu ihrer Clique dazugerufen, was ich eigentlich total nett fand, aber ich habe ein komisches Gefühl bei denen. Warum weiß ich nicht, aber das ist vielleicht auch nur ein falscher erster Eindruck und die sind doch total nett. Nach dem 2. Block hatten wir schon Schulschluss und ich bin eigentlich direkt in den Stall gefahren, war ausreiten und habe dann mit meinen Eltern zu Abend gegessen und ihnen genau das Gleiche erzählt. Bist du jetzt zufrieden?", beendete June ihren Monolog.

"Geht doch. Warst du gleich alleine mit Mon Cœur ausreiten?", hakte Emily nach.

"Nein, Miloš hat mich begleitet. Erinnerst du dich noch an den schönen, schwarzen Friesen, der in Mon Cœur's Stallgasse steht? Das ist seiner.", entgegnete June.

"June? Miloš hat dich begleitet? Man oh man... dir muss man echt alles aus der Nase ziehen! Erzähl schon - wie war's?"
"Ach, eigentlich nicht so spektakulär, ich habe ihm von meinem Tag erzählt und das war's eigentlich. Es ist nichts spannendes passiert.", verzweifelt versuchte June ihre Enttäuschung nicht auf ihre Stimme zu übertragen, doch ihre beste Freundin kannte sie einfach zu gut.

"Höre ich da etwa Enttäuschung? June? Was verheimlichst du mir? Läuft da was?"
"Nein..."
"Aber...? Los rück' raus mit der Sprache!"
"Ich weiß es doch selbst nicht..."
"JUUUUUUNE!! Du bist verliebt!!!!", quietschte Emily so laut in das Telefon, das June den Hörer ein paar Zentimeter von ihrem Ohr weghielt.
"Ach quatsch!", widersprach June sofort.
"Hör' doch auf! Das sieht und merkt doch ein Blinder. Ich kann dich zwar nicht sehen, aber wich weiß ganz genau, dass du ein bisschen aufgeregt warst, als du von Miloš erzählt hast und ganz bestimmt hast du jetzt kalte Hände und ein breites Grinsen im Gesicht - stimmt's?"

June kapitulierte und stimmte ihrer besten Freundin zu. Wem wollte sie etwas vormachen? Emily kannte sie einfach zu gut und da sie selbst keine guten Argumente hatte um die Tatsache, dass sie vielleicht doch etwas für Miloš empfand, zu widerlegen.

„Und jetzt?", fragte June nach einer langen Phase des Schweigens.
„Angel ihn dir! Deine Chancen stehen doch gut – du bist hübsch, intelligent und meistens auch ganz nett...", entgegnete Emily sarkastisch.

„Meistens? Na warte, das merk' ich mir.", antwortete June schnippisch.

„Du June, ich muss langsam mal schlafen... Morgen ist ja wieder Schule. Aber du erzählst mir morgen noch einmal ausführlich von Miloš, okay?"
„Alles klar, ich werde jetzt auch schlafen gehen. Bis morgen!", antwortete June und legte auf.

An Schlaf war jedoch nicht zu denken. Immer wieder schwirrten ihr Emily's Worte durch den Kopf: „Du bist verliebt!". War sie das wirklich? Sie dachte noch eine Weile darüber nach, bis sie einschlief.