-Kapitel 7-

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"Es dauert ja wirklich nicht lange, bis man im Gelände ist.", bemerkte June erstaunt.

"Nein, das stimmt. Und es dauert, bis man eine große Runde gedreht hat." Mit diesen Worten galoppierte Nadine an und June hinterher.

Sie ritten tiefer in den Wald hinein. Die Bäume standen dicht an dicht. Einige waren schon alt und groß, andere wurden vermutlich gerade erst hier eingepflanzt. Größtenteils gab es Nadelbäume. Hier und da einen kleinen Ameisenhaufen. Nichts Spektakuläres, aber immerhin war ein Ausreitgelände vorhanden. Das 'nicht spektakulär' nahm June wieder zurück, als sie um sie abbogen und eine ganze Zeit neben einem breiten Bach herritten. Die tief stehende Sonne brachte die kleinen Wellen zum glitzern. Emily würde jetzt mit dem Fotografieren anfangen. Jetzt, in der 'golden hour'. Was für schöne Bilder es werden würden, wenn sie mit Mon Coer dort in dem Bach stehen würde. Ca. 100m weiter gab es sogar eine flache Stelle, die sie mit Mon Coer runterkommen würde. Der Bach wurde an der Stelle auch ein wenig breiter. Em könnte sich dann auf die Brücke stellen und ein paar Fotos schießen. Die Stelle wollte June ihrer Freundin gleich zeigen, wenn sie sie mal besuchen kam.

"Guck mal June, da vorne steht noch eine alte Ruine.", Nadine zeigte auf einen alten Betonklotz, von dem eigentlich nur noch eine Treppe und einige Grundmauern erhalten waren. Die Treppe war bestimmt so hoch, wie zwei Etagen eines Hauses. Als sie vorbeiritten, sah June, dass direkt unter der Treppe noch Reste der Mauer übrig waren. Wenn man von der obersten Treppenstufe auf die Mauer fallen würde, hätte man bestimmt keine großen Überlebenschancen, dachte June.

"Ist die nicht gesperrt? Das ist doch total gefährlich. Stell dir mal vor, da spielen kleine Kinder...", fragte June.

"Nein leider nicht. Viele bezeichnen die Ruine auch als 'Die Treppe zum Licht'. Es sind hier schon 2 Menschen gestorben und wenn die Sonne etwas höher steht als jetzt, sieht es so aus, als würde die Treppe in der Sonne enden... Ich hoffe, ich habe dir jetzt keine Angst gemacht.", erklärte Nadine und lächelte June an.

"Nein, nein. Aber ich denke, wir sollten langsam umdrehen. Meine Eltern warten bestimmt schon.", entgegnete June.

Langsam drehten die zwei um und ritten zurück. June war guter Dinge, dass Mon Coer sich hier wohlfühlen würde. Und sie sich auch. Sie mochte den Charme, des Alten hier im Stall. Sie war noch nie ein Freund von den neuen modernen Ställen gewesen. Rustikal sollte es sein. So wie es sich gehört. Im Stall wird man nun einmal dreckig. Sie konnte es nicht leiden, wenn in ihrem jetzigen Stall einige Mädels sich tierisch darüber aufregten, wenn ihre neue Eskadronschabracke einen Fleck hatte. 'Mein Gott, wir sind hier in einem Reitstall, da kann so etwas schon einmal passieren. Steck sie in die Waschmaschine und gut ist.', hatte June so oft gedacht. Ob es hier anders war, wusste sie nicht. Aber sie hoffte es.

Als sie den Stall erreichten, warteten Junes Eltern bereits. "Da seid ihr ja. Wir müssen langsam zurück. Beeil dich bitte June!", rief Thomas.

"Ja mache ich. Gebt mir 15 Minuten.", sagte June im vorbeigehen.

Ihr Pferd stand in einem anderen Stalltrakt, als das von Nadine. Sie machte Lord alleine fertig und nutzte die Gelegenheit, um sich auch hier einmal in Ruhe umsehen zu können. Sie nahm den Sattel und suchte die Sattelkammer. Dort traf sie auf Miloš. "Hi, du musst Miloš sein. Ich bin June.", sagte June und versuchte ihm eine Hand entgegenzustrecken, ohne den Sattel fallen zu lassen.

"Hi June. Bist du neu hier?", erwiderte Miloš und streckte June seine raue, große Hand entgegen. Miloš sah gut aus. Er war groß, hatte dunkelbraune Haare und funkelnde, türkisfarbene Augen. Sein Körper war durch die anstrengende Arbeit im Stall durchtrainiert und unter seinem T-Shirt konnte man seine Bauchmuskeln erahnen. June fragte sich, ob er wohl eine Freundin hat. 'Bestimmt.', beschloss sie.

"Ähm, du darfst meine Hand wieder loslassen.", sagte Miloš und riss June damit aus ihren Gedanken.

"Oh... entschuldige bitte... Ich habe wohl geträumt.", entgegnete June, zog schnell ihre Hand zurück, legte den Sattel zurück und verließ mit glühend rotem Gesicht die Sattelkammer. 'Man June, reiß dich zusammen verdammt. Wie peinlich war das denn schon wieder? Typisch ich... Oh man..', dachte sie.

Miloš stand ein wenig verdutzt dreinblickend in der Sattelkammer, schüttelte den Kopf und wand sich dann wieder seiner Arbeit zu. 'Komisches Mädchen.', dachte er.

Junes Familie verabredete sich mit Nadine, um noch einmal alle Details zu klären und, um den Umzug vorzubereiten.

Sie verabschiedeten sich und als June mit ihren Eltern im Auto saß, um nach Hause zu fahren, war es bereits fast dunkel. June war ziemlich geschafft von dem Tag. Sie ließ den Tag in ihren Gedanken noch einmal Revue passieren, schloss die Augen und schlief recht schnell ein.

Der Weg zum Licht [***Abgeschlossen***]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt