Kapitel 4

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Die ganze Nacht war ich so extrem hippelig, dass ich fast überhaupt nicht schlief und auch schon den nächsten Morgen duschte ich zeitig. Dann eilte ich von Zimmerecke zu Zimmerecke, damit endlich die Zeit verging. Ich wurde fast wahnsinnig und als John endlich an meine Tür klopfte, wollte ich ihn am liebsten umarmen. Zugleich kam ich mit einem Lächeln auf ihn zu und er gab mir eines zurück. Sicher, weil er mich seit Wochen nicht mehr grinsen sah. In diesem Moment war ich sogar ein klein bisschen glücklich. »Bist du startklar?«, fragte er mich und ich nickte nervös. 

Zugleich schnappte ich mir meine Tasche und warf sie mir über die Schulter. »Wir fahren vorher nur noch mal zu einem Bäcker. Du hast noch nichts gefrühstückt und unserem Kind soll es an nichts fehlen.« Ich nickte lediglich, sagte aber nichts weiter, denn es kotzte mich verdammt noch mal an, dass er von unserem Baby sprach. Es war nicht unseres und würde auch nie unseres sein, aber was sollte ich in diesem Moment sagen? Wenn ich ihm verriet, was ich dachte, wusste ich bloß allzu gut, dass wir uns stritten und das wäre ziemlich unpassend. Vor allem, weil mir klar war, er blies dann die Sache ab und ich konnte wieder in meinem Zimmer versauern. Umso mehr ich gute Miene zum bösen Spiel machte, umso mehr Freiraum konnte er mir sicherlich geben. Also tat ich einfach, als wäre gar nichts und hielt die Klappe.

Daraufhin holte mir John ein belegtes Brötchen und umso näher wir schließlich dem College kamen, umso aufgeregter wurde ich natürlich. Gleich traf ich mich mit Tessa und es war Wochen her, dass ich überhaupt mal jemand anderen sah, außer die Menschen, die in unser Haus kamen und das waren neben meinen Eltern, bisher nur die Ärztin und John. »Ich werde dich nachher wieder abholen. Also hast du Zeit, dir ein paar Bücher auszusuchen« und ich antwortete schnell: »Okay.« Dann stieg ich, nachdem er parkte, aus dem Wagen und schulterte meine Tasche. »Halt! Hast du nicht was vergessen?«, rief mich John zurück und ich drehte mich zu ihm herum. Er stand mit seiner Jeans und dem Hemd vor mir und tippte sich doch glatt auf die Wange.

Mir war klar, was er wollte und es war besser, als müsste ich ihn richtig küssen. Aus diesem Grund spitzte ich die Lippen und setzte ihm widerwillig einen Kuss auf darauf. Lachend gab er mir einen Klaps auf den Hintern und griente: »Irgendwann wirst du dich schon an mich gewöhnen.« Zugleich winkte er mir auch schon nach, verschwand in dem großen roten Backsteingebäude und machte sich zu seinem Seminar auf. Ich hingegen, hetzte die Treppen zu der Bibliothek hinauf und schon im Eingang sog ich den vertrauten Geruch durch die Nase, den ich so liebte, und schloss die Augen. Wie himmlisch. Den Duft der alten Bücher vermisste ich sehr. Sonst war ich fast täglich an diesem Ort gewesen, oder suchte auch nur Zuflucht von zu Hause. 

Da ich nun aber nicht mehr raus durfte, fiel auch das weg. Es war schmerzlich für mich und ich musste mich zusammennehmen nicht zu weinen; bei den vertrauten Wänden, die mich umgaben. Das mehrstöckige Gebäude war ein Traum für jede Leseratte. Vor allem, für mich. Ich umklammerte den Henkel meiner Tasche fester und lief leise durch die Gänge. Ich mochte die Ruhe. Vor allem, da es eine Zeit war, wo die meisten im Unterricht saßen und ich machte mich ohne Umschweife nach oben auf. Dorthin wo erst recht kaum niemand hinging. Dort tauchte bald Lukes Mutter auf, aber als ich um die Ecke bog, sah ich schon eine Silhouette.

Mein Herz begann zu rasen und ich versuchte ruhiger zu atmen, damit ich nicht den Verstand verlor. Da war Tessa. Sie bemerkte mich nicht, sondern war zum Fenster gedreht, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute nach draußen. Sie bekam mich nicht einmal mit, als ich ein paar Schritte weiter auf sie zu schritt. In keiner Weise hatte sie sich verändert. Sie war schick gekleidet und ihre Haare perfekt nach hinten gebunden. Dieses Mal war ihre Miene allerdings ernst und genau in diesem Moment drehte sie sich zu mir herum. Ihr Gesicht sprach Bände, da sie zeigte, wie sie sich fühlte. So kannte ich sie gar nicht, denn sie sah müde aus; als würde ihr das mit Luke viel näher gehen, als gedacht.

Stupid Mistake II - Für immer MeinWhere stories live. Discover now