XI

2.3K 174 77
                                    

„Hiermit erkläre ich Euch zu Mann und Frau. Ihr dürft die Braut jetzt küssen."

Zögerlich komme ich ihrem Gesicht immer näher. Aufmunternd lächelt sie mich an und ich überbrücke die übrigen Zentimeter, die unsere Lippen trennen. Das ist unser erster Kuss. Es fühlt sich falsch an. Sehr falsch.

Schnell löse ich mich wieder von ihr und nehme sie an die Hand. Mit einem Lächeln auf den Lippen drehen wir uns zur applaudierenden Menge zu und strecken unsere verschlungenen Hände in die Höhe. Ich bete, dass man mir nicht ansieht, dass ich innerlich wie leer gefegt bin.

Vorsichtig wage ich einen Blick auf Jungkook. Er lacht fröhlich mit Hoseok doch ich weiß, dass es nicht echt ist.

Tröstend wird meine Hand gedrückt. Ich sehe Jiyoon an und sie bedeutet mir mit den Augen von der Tribüne runter zu gehen und wir machen uns sogleich daran, den Gang nach draußen gemächlich entlangzuschreiten. Als die Tür hinter uns zufällt, atme ich erleichtert aus. Ich hatte nicht bemerkt, dass ich die Luft angehalten habe.

„Du schaffst das." Raunte Jiyoon mir zu und ich sehe sie dankbar an. Ich weiß, dass es sie verletzt. Ich bin nicht blind. Doch sie ist stark. Dafür bewundere ich sie sehr.

Kaum haben wir uns wieder richtig hingestellt, kommen auch schon die ersten Gäste aus der Tür.

„Herzlichen Glückwunsch! Ihr seid ein hinreißendes Paar."

„Eure Kinder werden wundervoll aussehen. Übrigens ist mein drei Monate alter Sohn noch nicht verlobt."

„Die Hochzeit war wunderbar. Es hat sich wirklich gelohnt, unser Meeting zu verschieben."

Wir schütteln allen die Hände und bedanken uns lächelnd. Mein Herz bleibt kurz stehen, als Jungkook an der Reihe ist. Er umarmt seine Schwester und sieht mich dann an. In seinem Blick sind keine Emotionen zu sehen. Er sieht mich einfach nur an. Unsicher umarme ich ihn. Es ist keine herzliche Umarmung. Es ist einfach nur eine Umarmung.

„Herzlichen Glückwunsch." sagt er.

„Danke." sage ich. Dann nickt er uns zu und geht.

Ich sehe ihm hinterher, doch werde sofort von weiteren Glückwünschen abgelenkt.

„Hey Jimin, lange nicht gesehen!" Erfreut drehe ich mich der altbekannten Stimme zu. „Hey Namjoon! Schön dich wieder zu sehen!"

Auch wenn ich es nicht gerne zugeben möchte, ist Namjoon immer mein einziger Freund gewesen. Er war für mich da, als meine Familie verrücktspielte und ich merkte, dass ich mit dem weiblichen Geschlecht nicht so viel anfangen kann. Er kennt mich sogar besser als ich mich selbst.

„Hab dich vermisst." sage ich leise, als ich ihn ganz fest umarme. Ich spüre sein lautloses Lachen und fühle mich geborgen. „Ich dich auch, kleiner. Ich wäre gerne früher gekommen aber... ich hatte was zu erledigen." sagt er mit einem verschmitzten Grinsen und deutet mit seinem Kopf auf seine Begleitung, der rot wird und beschämt auf den Boden schaut.

„Das ist Yoongi." stellt mir Namjoon stolz den fremden Jungen vor und grinst triumphierend. Lachend schüttle ich meinen Kopf und gebe Namjoon einen Klaps auf den Hinterkopf.

„Sei vorsichtig." raune ich Yoongi zu und kann mir ein wissendes Zwinkern nicht verkneifen.

Ein bisschen durch den Wind wünscht uns Yoongi viel Glück und entfernt sich schnell von uns.

Lachend klopft mir Namjoon auf die Schulter. „Verstör ihn bitte nicht zu sehr, ich konnte ihn gerade so für mich gewinnen. Das Drama kann ich nicht nochmal gebrauchen." Schelmisch grinse ich ihn an. „Klar doch."

Verwirrt blickt Jiyoon zwischen uns hin und her. Dann fällt ihr Blick auf Yoongi und sie hebt wissend ihre Brauen. „Du bist schwul." stellt sie fest. Etwas überrumpelt nickt Namjoon und sieht unsicher zu mir.

Kaum merkbar schüttle ich meinen Kopf und er sieht mich mitleidig an. Namjoon zieht mich in eine tröstende Umarmung und flüstert „Wir reden später." in mein Ohr. Er wuschelt noch einmal durch meine Haare und macht sich dann auf den Weg zu Yoongi.

„Jimini! Herzlichen Glückwunsch!" höre ich und werde sofort in die nächste Umarmung gezogen. „Danke Hobi." sage ich grinsend und er zwinkert mir zu.

„Jungkook hat mir alles erzählt." raunt er und meine Augen weiten sich. „Was erzählt?" will Jiyoon wissen. „Er hat mir erzählt, was die beiden für eine Geburtstagsüberraschung für Jin planen. Das wird super." sagt er schelmisch grinsend und reibt sich die Hände.

Er weiß es. Ich habe nichts mit Jungkook geplant. „Keine Sorge, ich sag schon nichts." flüstert er mir zu. Überrumpelt nicke ich und er macht sich fröhlich auf den Weg zum Buffet.

„Komischer Typ." Stellt Jiyoon fest und widmet sich wieder den Gästen. Vielleicht hat Jiyoon recht, aber Hoseok ist treu.

---

„Dürfte ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten!" ruft mein Vater in ein Mikro und hämmert mit einer Gabel auf ein Glas ein. Sofort verstummen die Gespräche und alle Anwesenden sehen ihn erwartungsvoll an.

„Wir sind alle hier, da mein Sohn seine Partnerin fürs Leben gefunden hat, aber das wissen Sie alle ja schon. Als Vater gebührt mir die Ehre, dem frisch gebackenen Ehepaar als Erstes etwas vorzutragen und vorab will ich sagen: Mein Sohn, ich bin stolz auf dich."

Wenn ich nicht wüsste, dass er so etwas niemals zu mir sagen würde, hätte ich es ihm sogar abgekauft. Angespannt versuche ich mich an dem berührtesten Lächeln, das ich zustande bringen kann und den Seufzern im Publikum nach ist es mir sehr gut gelungen.

Danach schwafelt er über Dinge, die so niemals passiert sind und stellt sich dabei immer als liebenden Vater dar, was ich alles schön brav belächle und die ein oder andere Krokodilsträne vergieße.

Als er fertig ist übergibt er das Mikrofon einem fremden Mann. „Das ist mein Vater." klärt mich Jiyoon auf und ich nicke ihr dankbar zu. Er redet über Familie und Gemeinschaft und was unsere Familie alles in der Welt bewirken kann. Dann halten noch allerlei andere wichtige Leute eine Rede und zum Schluss auch noch meine Großeltern.

„Wir lieben dich von ganzem Herzen. Vergiss das nie." sagt mein Großvater und ich sehe sie dankbar an. „Nun gut, da wir jetzt alle gegessen haben und alle Reden geschwungen wurden, wird es Zeit die Hochzeitstorte anzuschneiden. Jiyoon, Jimin, darf ich bitten?"

Umständlich stehen wir auf und machen uns auf den Weg zur fünfstöckigen Hochzeitstorte. Ein Tortenmesser wird mir in die Hand gedrückt. Traurig sehe ich auf die Marzipanreplikationen von mir und Jiyoon. Wir halten uns an den Händen und sehen glücklich aus.

Jiyoon legt eine Hand auf meine und zusammen schneiden wir die Torte an. Die Leute applaudieren als wir uns gegenseitig füttern und nach und nach nehmen sie sich auch von der Torte.

---

„Ich denke, da unser Brautpaar heute sehr ausgelastet war ist es nur fair, wenn wir sie jetzt entlassen. Wir wünschen euch viel Erfolg!" sagt meine Großmutter und Gelächter ertönt durch den großen Saal. Ich weiß genau was sie jetzt von mir erwarten. Also nehme ich Jiyoon bei der Hand und ziehe sie nach draußen. Als nur noch die Bässe der lauten Musik zu hören sind, lasse ich ihre Hand los und laufe in mein Zimmer. Jiyoon folgt mir. Völlig fertig werfe ich mich in mein Bett.

„Also willst du... es nicht tun?" fragt sie und ich schüttle meinen Kopf. „Oh..." sagt sie enttäuscht. „Aber tu so, als hätten wir." bitte ich sie und sie fällt neben mir ins Bett. „Okay."

Eine Weile lang ist es still. „Wirst du mir den Grund irgendwann sagen?" fragt sie schließlich und ich zucke mit den Schultern. Ich weiß es nicht. Vielleicht Irgendwann.

Royal Problems | Jikook✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt