Vorweihnachtliche Unglücksboten

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Oh Gott, sind wir wirklich schon beim 30. Kapitel?! :D


Über die folgenden Wochen entwickelte sich Snape für mich immer mehr zu  einem Vertrauten. Wir redeten oft stundenlang bis tief in die Nacht, ehe  er mich wütend zurück in den Schlafsaal schickte und meinte, ich würde  ihn vom nächtlichen Brauen abhalten. Dann stahl ich mich zurück in den  Gemeinschaftsraum der Slytherins und verbrachte meist eine weitere  Stunde damit, ins Feuer zu starren und mich davon zu überzeugen, dass  ich und Snape nicht-

Ich schreckte hoch. Schnee trieb vor den  Fenstern des Klassenzimmers umher und hüllte die Ländereien in einen  weißen Mantel aus Kälte und Frost. Den Kopf auf ein Exemplar von  „Theorie magischer Verteidigung" gebettet, folgte mein Blick den immer  rascher fallenden und dicker werdenden Flocken. Die Korridore waren  inzwischen festlich geschmückt worden und lauter Stechpalmen- und  Mistelzweige hingen girlandenartig von der Decke und an den Wänden.

In  der Großen Halle hatten zwölf riesige, dunkelgrüne und duftende  Tannenbäume ihren Platz gefunden und waren bereit, geschmückt zu werden.  Im ganzen Schloss herrschte bereits vorweihnachtliche Stimmung und die  Laune der meisten Schüler schien dies deutlich zu heben, gerade in der  Hinsicht, dass die Tage meist kurz und düster waren und voller Arbeit  steckten. Ich rümpfte die Nase. In zwei Tagen begannen die Ferien und  übermorgen würden ich und Draco zurück nach Hause kehren.

Eine  Stimme holte mich aus meinen Tagträumen. „Was denken Sie eigentlich, was  wir hier machen, Miss Malfoy?", tönte eine hauchzarte  Kleinmädchen-Stimme an meine Ohren.

Ich schreckte zusammen, hob  den Kopf und blickte in die blassblauen Glubschaugen von Dolores Jane  Umbridge.  Ich strich mir mit dezenter Bescheidenheit eine Haarsträhne  hinters Ohr und richtete den Blick auf die, wieder einmal in diese  schreckliche flauschige rosa Strickjacke gehüllte, Professorin. 

„Verzeihung,  ähm... Professor", sagte ich und grinste besagte krötenähnliche Gestalt  an, die nun missbilligend mit dem Kopf ruckte, sodass die schwarze  Haarschleife auf ihrem Scheitel leicht in dieser uneleganten Bewegung  mitschwang. Ich presste die Lippen zusammen, um mein Grinsen zu  unterdrücken, doch leider ohne großen Erfolg.

Umbridges  Glubschaugen wurden schmal. „Sie haben mir noch keine Antwort auf meine  Frage gegeben, Miss Malfoy", sagte sie mit zunehmend weniger süß  klingender Stimme.

„Ähm", begann ich und sah Hilfe suchend zu  Katie Bell herüber, die neben mir saß und einen erstickten Kicheranfall  zu unterdrücken versuchte, indem sie sich die Hand vor den Mund presste.  Ihr puterrotes Gesicht trug nicht gerade zur Unterstützung meines  Versuches bei, eine ernste Miene aufzusetzen.

Belämmert starrte  ich die aufgeschlagene Seite in meinem Lehrbuch an. Gegenflüche? War das  nicht Stoff der fünften Jahrgangstufe?

„Mist", murmelte ich.

Umbridge  hob eine schmalgezupfte Augenbraue und ein wissendes Lächeln stahl sich  auf ihr teigiges Gesicht. „Kann es sein, dass Sie meinem Unterricht  nicht die gebührende Aufmerksamkeit mitgeteilt haben, Miss Malfoy?"

„Aber  nicht doch, Professor", sagte ich mit einem falschen Lächeln auf den  Lippen und versuchte einen Blick auf die Tafel zu erhaschen. Ich kniff  die Augen zusammen. „Wir sprachen gerade darüber...", ich beugte mich  leicht nach vorn, um Umdriges enge Handschrift an der Tafel entziffern  zu können, „Wir sprachen darüber..."

„Ja, Miss Malfoy?"

„Ähm,  wir sprachen darüber", sagte ich zum wiederholten Male und endlich  konnte ich Umbridges Bonsai- Schrift entziffern, „was Wilbert Slinkhard  zur Erörterung von ungesagten Zaubern preisgibt." Ich sah bildlich vor  mir, wie ich Umbridge mit einem imaginären Schachzug in die Enge trieb.

Umbridges  Miene blieb unberührt. „Nun, Miss Malfoy, und was haben Sie zu  Slinkhards These zu sagen?", fragte sie mit nun wieder honigsüßer  Stimme.

„Ich... Ich glaube, dass sein Standpunkt nicht wirklich  überzeugend ist", reimte ich mir zusammen. „Das, was Slinkhard über  ungesagte Zauber sagt, lässt sich nicht auf alle Bereiche der  Verteidigung beziehen." Ich hielt inne. Improvisation war noch nie meine  Stärke gewesen. „Aber letztendlich ist der ungesagte Zauber selbst  immer nur so gut wie sein Zauberer, nicht wahr? Egal, ob gesagt oder  ungesagt, kommt es am Ende doch nur auf seine Wirkung an, will ich  meinen", schloss ich lächelnd und lehnte mich in meinem Stuhl zurück.  Schach, Umbridge. Da hatte ich mich ja nochmal gekonnt aus der Affäre  gezogen.

„Nein", zischte Umbrige. „Was meinen Sie, warum es ungesagte Zauber überhaupt gibt, wenn die Wirkung einerlei ist?"

„Naja",  sagte ich zögernd, ein wenig aufgerappelt, durch ihre plötzliche  Änderung der Stimmlage. „Ungesagte Zauber sind doch nur dazu da, damit  man im Ernstfall dem Gegner einen Schritt voraus ist und somit den  Vorteil der Überraschung auf seiner Seite hat, weil der Feind nicht  weiß, wann man als nächstes zaubern wird, beziehungsweise, welchen  Zauber man anwenden wird."

Eine leichte Zornesfalte bildete sich  um Umbriges schlaffen Mund. „Ich habe Sie nicht aufgefordert, uns zu  erklären, was der Vorteil von ungesagten Zaubern ist, Miss Malfoy, und  sich mit ihrem Wissen wichtig zu machen."

Wütend starrte ich  Umbrige an, deren mausbraune Locken zitterten, als sie mit kleinen,  schnellen Schritten auf mein Pult zuschritt. „Es war nicht meine  Absicht, -wie sagten Sie gleich?- mich mit meinem Wissen wichtig zu  machen. Allerdings erscheint es mir nicht so, als ob mein Wissen während  ihrer gesamten Unterrichtszeit auch nur einen Hauch an Erweiterung  gewonnen hätte", sagte ich aalglatt.

Die Klasse murmelte  zustimmend. Entrüstet sog Umbridge die Luft ein. „Nun, Miss Malfoy, wenn  Sie dieser Auffassung sind, scheint es Ihnen wohl nichts auszumachen,  meinen Unterricht auf der Stelle zu verlassen und sich bei Ihrem  Hauslehrer zu melden. Sie können den Mangel an Wissen diesbezüglich nun  gerne am Freitagabend in meinem Büro ausgleichen, indem Sie sich zum  Nachsitzen einfinden."

Sie drehte sich um und schritt zum  Lehrerpult zurück. Dann kritzelte sie eine Notiz auf einen ihrer  grässlichen rosa Zettel, versiegelte sie mit einem Wink ihres  Zauberstabs und drückte sie mir wortlos in die Hand. Ich schulterte  missmutig meine Schultasche und riss die Tür zum Klassenzimmer auf.

Umbridge  beäugte mich mit einem letztem abschätzigen Blick, bevor sie sich zu  mir herunterbeugte und flüsterte: „Ich hätte nicht gedacht, dass eine  Tochter aus einer so angesehene Familie, wie der ihren, zu derartigen  Untaten fähig ist, wo ihr Bruder doch Mitglied des Inquisitionskommandos  ist und ihr Vater ein so großzügiger Spender und Unterstützer des  Ministeriums ist, aber ich werde ihnen diese Unarten schon noch  austreiben, Miss Malfoy, und Sie zur Vernunft bringen, bevor Sie  ernsthaften Schaden anrichten können. Schließlich ist das alles nur zu  Ihrem Besten. Haben Sie mich verstanden, Miss Malfoy?"

Abwartend  sah sie mich an, bis ich mich zu einem „Ja, Professor" durchringen  konnte, wobei ich so viel Verachtung in das letzte Wort legte, wie ich  mich in meiner misslichen Lage eben traute.

Meinen zornfunkenden  Blick ignorierend, schob sie mich zur Tür hinaus und eine Sekunde  später fand ich mich auf dem ausgestorbenen Korridor wieder, Umbridges  widerliche Notiz in der Hand haltend und mit vor Wut zusammengezogenen  Brauen. Fluchend stieß ich mit dem Fuß gegen eine Vase mit  Trockengestrüpp und Mistelzweigen, sodass diese gegen die  gegenüberliegende Wand rollte, allerdings heile blieb und eilte mit  energischen Schritten und wippendem hellblonden Pferdeschwanz die  Marmortreppe in die Kerker hinunter.

Ich hasste es, mich in  dieser Weise vor Snape bloßstellen zu lassen. Vor meinem inneren Auge  sah ich schon sein hämisches Grinsen, während er die Notiz entrollte und  seinen in zynische und spöttische Worte verpackten Tadel, plus einen  weiteren Abend Nachsitzen bei ihm höchstpersönlich und natürlich den  Abzug von zehn Hauspunkten nicht zu vergessen. Verdammt. Schachmatt für  mich, würde ich sagen.

Isabella Malfoy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt