Peripetie

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Der dicke, dunkle Teppich verschluckte beinahe gänzlich den Klang meiner Schritte, während ich durch einen weiteren Korridor eilte. Endlich hatte ich den dritten Stock erreicht und die Tür von McGonagalls Büro kam in Sicht. Ich strich ein letztes Mal den Rock meiner Schuluniform glatt und klopfte ohne zu zögern an die breite Eichentür.

„Herein", ertönte die forsche Stimme von Professor McGonagall hinter der Tür hervor.

Ich öffnete die Tür. Hinter einem hübschen, kleinen Schreibtisch saß Professor McGonagall und brütete über der neuesten Ausgabe von „Verwandlung heute". Sie sah auf, und nickte mir kurz zu, ehe die die Zeitschrift zuschlug und um den Tisch herum auf mich zukam.

„Guten Abend, Miss Malfoy", sagte sie und musterte mich durch ihre quadratischen Brillengläser. „Breit zur Abreise?"

„Ja, Professor", sagte ich und hievte meine Reisetasche Richtung Kamin.

„Nun denn." Professor McGonagall nahm eine Schale Flohpulver vom Kaminsims und hielt sie mir entgegen. „Bis Sonntagabend dann, Miss Malfoy. Und vergessen Sie Ihren Aufsatz über Emeric Wendels These zum Heraufbeschwörenden von Lebewesen nicht. Abgabe ist am Montag."

Ich lächelte flüchtig, nickte und nahm eine Handvoll Flohpulver aus der Schale, die mir Professor McGonagall entgegenhielt. Ich warf das Pulver in die Flammen worauf sich diese sofort smaragdgrün färbten und kurz züngelnd in die Höhe schossen. Ich trat auf den Kaminrost. Die grünen Flammen leckten an meinen Schuhen, doch ich spürte ihre Hitze nicht. Es fühle sich vielmehr wie eine laue Brise an, die um meine Fußknöchel spielte. Ich hob die Hand zum Abschied für meine Verwandlungsprofessorin.

„Malfoy Manor", sagte ich laut und deutlich in die Flammen hinein und sofort begann ich mich rasend schnell um meine eigene Achse zu drehen.

Ich raste an den Kaminen anderer Hexen und Zauberer vorbei, die Arme fest an die Seiten meines Körpers gepresst. Kurz erhaschte ich den ein oder anderen Blick in eines der Zimmer und die Räume dahinter, jedoch nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann war ich auch schon vorbeigerauscht.

Schließlich verlangsamte sich die Fahrt. Zu meinem Glück, denn mit der Zeit war mit etwas schummrig geworden von all dem Ruß und der raschen Reise. Der herrisch aussehende Salon von Malfoy Manor kam in Sicht. Die breiten Chintz-Sessel, die reichverzierten Gemälde an den Wänden, der gewaltige Esstisch...

Ich taumelte, als ich hart auf dem Rost des teuren Kamins aufschlug. Ich hustete und stolperte in den Salon. Die Uhr auf dem Kaminsims schlug gerade sechs Mal, als ich mir den Ruß von den Kleidern klopfte und mich neugierig umsah. Der Raum war leer, bis auf zwei Hauselfen, die gerade dabei waren, dass Geschirr vom Fünf-Uhr-Tee abzuräumen. Ich war auf den Schlag der Stunde pünktlich angekommen, aber niemand schien mich zu erwarten, obwohl meine Ankunft doch so dringend erwünscht wurde.

Ich starrte den Hauselfen an und schritt zu Tisch herüber. Ich nahm mir einen Keks und schob dann vorsichtig die Salontür auf und spähte in den Flur.

Als ich auch die Eingangshalle inspiziert hatte, musste ich feststellen, dass das gesamte untere Stockwerk offenbar wie ausgestorben schien.

Leise schlich die die Treppe in den ersten Stock hinauf. Rufen konnte ich ja schlecht. Auch diesmal verschluckte der dickte Läufer im oberen Flur in den Farben Slytherins meine Schritte fast gänzlich. Ich lief an Dracos Zimmer vorbei und wollte gerade die Tür meiner Räumlichkeiten aufstoßen, als ich die Stimme meiner Mutter vernahm.

Sie redete unnatürlich laut. Ich ließ meine Reisetasche vor der geschlossenen Schlafzimmertür zurück und huschte in den Gang zu meiner Linken, von woher ich die Stimme vermutete. Ich erreichte das Zimmer meiner Eltern und presste das Ohr gegen die dunkle Holztür.

Isabella Malfoy Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt