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Lieber Autor, liebe Autorin,

Zuerst die gute Nachricht : Auf den ersten Blick habe ich kaum Fehler gefunden – nur eine Handvoll Fehler bei Zeichensetzung und Rechtschreibung und noch weniger, was die Grammatik angeht. Dummerweise fallen die aber in Anbetracht der Kürze deines Texts mit einer Länge von 745 Wörtern umso mehr ins Gewicht, denn hier macht die Anzahl der Rechtschreibfehler etwas mehr als die Hälfte aus.

Bevor ich auf die Fehler zurückkomme, möchte ich zuerst auf den Umfang deiner Geschichte eingehen: Wenn 500 Wörter die Unter- und 5000 Wörter die Obergrenze für die eingereichten Texte bilden, so sehe ich bei deiner Kurzgeschichte noch sehr viel Luft nach oben, und nicht nur bei der Anzahl der Wörter.

Die Idee eines Kriegs zwischen Himmel und Hölle verbunden mit dem Wandel der Beziehung zwischen Crow und Aizir (vom Freund zum Feind) ist gewiss nicht neu, aber mir hat gerade der Anfang deiner Geschichte gut gefallen. In eine Handlung unversehens mitten hineingeworfen zu warden, mag ich an Geschichten generell, und hier sehe ich eine Stärke deines Textes.

Bedauerlicherweise hat der erste positive Eindruck dann aber nachgelassen. Dachte ich zunächst, es ginge um Magier, tauchte wie aus heiterem Himmel die Information auf, dass es um Engel und Dämonen geht.

Zum Beispiel hättest du die Hintergrundgeschichten deiner beiden Hauptcharaktere durch eingestreute Rückblenden einflechten können, doch außer ihren Namen erfahre ich davon leider fast gar nichts. Dafür hatte ich das Gefühl, dass die Handlung im Schweinsgalopp vorangetrieben wird, nachdem die Beschreibung, wie es zum Krieg kommt, mehr als die Hälfte der gesamten Textlänge beansprucht hat.

Hier hatte ich zeitweilig das Gefühl, dass die gewählten Worte und Redewendungen („Die Hölle würde ihn saftig belohnen” oder „Nun sei mal nicht so. Gönn mir doch auch mal was”) zu der Situation nicht so recht passen wollten. Außerdem fand ich den Text dank Füllwörtern an manchen Stellen etwas holprig, zum Beispiel hier:

„So hatte sich der Dämon das eigentlich nicht vorgestellt. Natürlich wusste er, dass Airzir erstmal eine Weile am Boden zerstört sein würde, aber er dachte eben auch, dass die Sache nach einem spendierten Mittagessen gegessen sein würde.”

Hier fand ich das Wortspiel mit dem Mittagessen zwar witzig, aber für eine Fantasyerzählung nicht stimmig. Und an der Stelle noch eine kurze Anmerkung zu den eingangs von mir erwähnten Fehlern, die mir sofort ins Auge gesprungen sind. Richtig wären „Nun tu es doch endlich!” (statt „Nun Tu es doch endlich!”), „Das Ungetüm eines Drachen” (statt „Das Ungestüm eines Drachen”) oder „Zudem sandte er seine gesamte Armee hinterher” (statt „Zudem sand er seine gesamte Armee hinterher”). 

Und während bei „weder Engel noch Dämonen” das Komma fehl am Platz ist, hast du an anderen Stellen vergessen, ein Komma zu setzen. „Crow stürzte ins Freie dicht gefolgt von Aizir” oder „Es war ein Meisterwerk was der junge Dämon vollbracht hatte.” Verdoppelungen von Wörtern könntest du ebenfalls vermeiden, um den Text flüssiger klingen zu lassen; und einen Satz wie diesen hätte ich anders geschrieben: „Welcher Krieg viel länger andauerte und viel mehr Opfer forderte, war der Krieg zwischen Himmel und Hölle” – eventuell, indem ich das zweite „viel” durch ein „noch” ersetzt hätte, also in etwa so: „Der Krieg aber, der viel länger andauerte und noch mehr Opfer forderte, war der zwischen Himmel und Hölle”. Zum Glück halten sich diese Fehler dann aber doch in Grenzen.

Wie es nach diesem starken Auftakt weitergeht, deutest du dann aber nur kurz an – dann wird das Resultat dieses Kriegs kurz angerissen und unverzüglich zum nächsten Krieg, nämlich dem zwischen Himmel und Hölle, weitergesprungen. Und schwuppdiwupp, sind dann 23 Jahre vergangen, bis es endlich zum Friedenspakt kommt (der ebenfalls unausgearbeitet stehenbleibt). Dann folgt noch die eher am Rande erwähnte Information, dass fünf Jahre zuvor einer der beiden Charaktere in einen Hinterhalt geriet und gefoltert wurde.

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